Raumfrachter Johannes Kepler gestartet
Redaktion
/ Pressemitteilung der ESA astronews.com
17. Februar 2011
Der zweite europäische Raumfrachter zur Versorgung der Internationalen
Raumstation ISS, das ATV Johannes Kepler, ist in der
vergangenen Nacht an Bord einer Rakete vom Typ Ariane 5
erfolgreich gestartet. Das ATV bringt wichtige Versorgungsgüter zur ISS
und soll während seiner knapp viermonatigen Mission auch die Flugbahn
der Station anheben.

Start geglückt: Gestern Abend hob eine
Trägerrakete vom Typ Ariane 5 mit dem ATV-2 an
Bord von Kourou aus ins All ab. Das Bild wurde
von der Rakete aus kurz nach Abtrennung der
Feststoffbooster gemacht.
Bild: ESA / Arianespace |
Die europäische Trägerrakete vom Typ Ariane 5 startete
gestern um 22.50 Uhr MEZ - und damit mit einem Tag Verspätung - von
Europas Raumflughafen in Kourou in Französisch-Guayana. Die Ariane
mit ihrer mehr als 20 Tonnen schweren Nutzlast schwenkte dann auf ihre
Flugbahn über dem Atlantik in Richtung Azoren und Europa ein. Eine
erste, achtminütige Zündung des Oberstufentriebwerks brachte sie mitsamt
des Automated Transfer Vehicle (ATV) in eine um 51,6 Grad zum
Äquator geneigte niedrige Erdumlaufbahn ein.
Nach einem 42-minütigen ballistischen Flug wurde die Oberstufe des
Trägers erneut für 30 Sekunden gezündet, um die Umlaufbahn in einer Höhe
von 260 km zu stabilisieren. Nach 64 Minuten Flug konnte das unbemannte
Versorgungsfahrzeug erfolgreich von der leergebrannten Oberstufe
getrennt werden. Kurz danach entfaltete das auf den Namen Johannes
Kepler getaufte ATV seine vier Solarpaneele. Nach ersten
Funktionstests soll das ATV dann allmählich auf die Flugbahn der ISS
angehoben werden.
"Dieser Start findet inmitten eines reichlich gefüllten und immer wieder
Änderungen unterworfenen Flugterminkalenders statt, mit dem das An- und
Abdocken der verschiedenen Raumfahrzeuge - HTV, Progress, ATV
und Space Shuttle - an bzw. von der ISS geregelt werden muss. Die
Startplanung für das ATV wurde mit unseren internationalen Partnern im
Oktober letzten Jahres festgelegt", so ESA-Generaldirektor Jean-Jacques
Dordain, der sich erfreut zeigte, dass diese Planung mit dem gestrigen
Start auch eingehalten werden konnte. "Jetzt erwarten wir mit Spannung
das erfolgreiche Andocken des ATV an die ISS."
"Mit dem ATV Johannes Kepler leiten wir nun eine Reihe
regelmäßiger Frachtflüge zur ISS ein", ergänzte Simonetta Di Pippo,
ESA-Direktorin für bemannte Raumfahrt. Die ESA bringt dabei zum ersten
Mal eine spezielle Vorrichtung für noch in letzter Minute zu verstauende
Fracht zum Einsatz. "Mit dieser neuen Funktion stellt das ATV einmal
mehr seine für die Versorgung der Raumstation entscheidende Bedeutung
unter Beweis", so Di Pippo. "Zurzeit wird der für August 2011 geplante
Abschluss der Integration des nächsten, Edoardo Amaldi
genannten ATV vorbereitet, während sich die ATV-4 und -5 bereits in der
Fertigung befinden." Di Pippo bestätigte außerdem, "dass Edoardo
Amaldi innerhalb der nächsten zwölf Monate gestartet werden soll.
Die beiden anderen ATV sollen bis 2014 folgen."
Das zwar auf paralleler Bahn, jedoch deutlich unterhalb der in einer
Höhe von 350 km befindlichen Raumstation fliegende ATV wird rund um die
Uhr von dem eigens hierfür eingerichteten, von der ESA und dem CNES
betriebenen ATV-Kontrollzentrum (ATV-CC) in Toulouse überwacht, das
seine Arbeit gemeinsam mit den ISS-Kontrollzentren in Moskau und Houston
koordiniert. In der kommenden Woche wird das ATV seine Umlaufbahn
schrittweise anpassen, damit es am Donnerstag, den 24. Februar an der
ISS andocken kann.
Johannes Kepler braucht keine Sondermanöver zur Demonstration
seiner Funktionsfähigkeit mehr durchzuführen, wie das noch 2008 bei
seinem Vorgänger, dem ATV Jules Verne, der Fall war. Das ATV-2
wird gleich automatisch am russischen Swesda-Modul andocken, um
so die ISS mit Fracht, Treibstoff und Sauerstoff zu versorgen. Die ATV
tragen zur Versorgung und Aufrechterhaltung des Betriebs des orbitalen
Außenpostens bei, eine Aufgabe, die sie zusammen mit den russischen
Progress-Raumfrachtern und den japanischen H-II-Transferfahrzeugen,
deren zweites Exemplar zurzeit an dem in Europa gebauten
Verbindungsknoten Nr. 2 angedockt ist, erfüllen. Diese drei voneinander
unabhängigen Versorgungssysteme ermöglichen eine sichere
Logistikplanung, auch angesichts der von der NASA bis Ende dieses Jahres
auslaufenden Space-Shuttle-Flüge.
Mit dem gestrigen ATV-Start kann auch die europäische Trägerrakete
Ariane ein Jubiläum feiern: Seit dem 24. Dezember 1979 ist sie
nunmehr zum 200-sten Mal abgehoben. Davon entfielen 116 Flüge auf die
Ariane 4 zwischen 1988 und 2003 und 56 Flüge auf die Ariane
5 seit 1996. In ihren mehr als 30 Einsatzjahren haben europäische
Trägersysteme insgesamt etwa 330 Nutzlasten in den Erdorbit und auch auf
über diesen hinausgehende Flugbahnen gebracht - etwa zehn Prozent davon
im Auftrag der ESA.
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