Jules Verne ist auf dem Weg zur ISS
Redaktion /
Pressemitteilung des DLR astronews.com
9. März 2008
Start geglückt: Am Morgen startete erstmals ein europäischer Raumfrachter zur Internationalen Raumstation ISS.
Bis das Jules Verne getaufte Automated Transfer Vehicle Anfang
April an die ISS andockt, sollen im Orbit umfangreiche Tests aller Funktionen
durchgeführt werden. An Bord hat Jules Verne rund 5,5 Tonnen an
Nahrungsmitteln und Treibstoff.
Jules Verne ist auf dem Weg zur ISS.
Foto: ESA / CNES / Arianespace - Activité
Photo Optique Video CSG |
In der Nacht zum 9. März 2008 ist der erste autonome europäische
Raumtransporter, das Automated Transfer Vehicle (ATV) mit Namen
Jules Verne zur Internationalen Raumstation (ISS) gestartet. Als bisher
schwerste Nutzlast einer Ariane 5-Trägerrakete hob Jules Verne
um 5.03 Uhr Mitteleuropäischer Zeit vom Raumfahrtzentrum der Europäischen
Weltraumorganisation ESA in Kourou, Französisch-Guyana, ab. Als Prototyp für
alle weiteren ATV-Missionen soll Jules Verne sämtliche Funktionen und
Manöver erstmals im All demonstrieren. Nach der Trennung von der Ariane-Oberstufe
wird das ATV voraussichtlich am 3. April automatisch am russischen Stationsmodul
Swesda andocken.
Das ATV-Programm ist der europäische Beitrag zum Unterhalt der
Internationalen Raumstation: 5,5 Tonnen an Nahrungsmitteln und Treibstoff hat
der ATV-Prototyp an Bord. Zusätzlich wird ATV mit seinen Haupttriebwerken die
Umlaufbahn der Station anheben – ein notwendiger Vorgang zur Bahnkorrektur, den
bislang der russische Transporter Progress und das amerikanische
Space Shuttle übernommen haben. Zum Ende der Mission nimmt ATV bis zu 6,5
Tonnen Abfall von der ISS auf. Voraussichtlich im August dieses Jahres wird es
kontrolliert in die Erdatmosphäre zurückgeführt, wo es über dem Südpazifik
verglühen wird. Derzeit sind mindestens fünf solcher Flüge bis zum Jahr 2013
vorgesehen.
Die Entwicklung und der Bau des ATV-1 Jules Verne kosteten gut eine
Milliarde Euro. Dabei betrug das Auftragsvolumen deutscher Firmen circa 24
Prozent. Bei der Produktion der vier weiteren ATV-Raumtransporter, die bis in
das Jahr 2013 wesentlich zur Versorgung der ISS beitragen werden, liegt der
Anteil deutscher Unternehmen bei rund 46 Prozent, dies sind 400 Millionen Euro.
EADS Astrium Space Transportation in Bremen ist Hauptauftragnehmer.
Von seinem Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen aus überwacht und koordiniert
das DLR die Gesamtkommunikation zwischen den anderen Missionskontrollzentren in
Toulouse, Houston, Moskau und Redu in Belgien. Darüber hinaus führte das DLR in
Lampoldshausen Testkampagnen der deutschen wiederzündbaren Oberstufentriebwerke
der Ariane 5 für den ATV-Einsatz durch. Bis zum März letzten Jahres
konnten zwei Aestus-Triebwerke für die ersten beiden ATV-Missionen
qualifiziert werden.
Auch das Göttinger DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungsforschung ist
beteiligt: In seiner Treibstrahlen-Simulationsanlage, die in dieser Art weltweit
einzigartig ist, wurden Untersuchungen zum Expansions-, Temperatur- und
Kontaminationsverhalten von Steuertriebwerken unter Weltraumbedingungen
durchgeführt. Deren Ergebnisse flossen unter anderem in die Anordnung der
ATV-Steuertriebwerke ein.
"Die Technologie von ATV hat ein großes Potenzial für mögliche zukünftige
Raumfahrtanwendungen", sagte der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für
Luft- und Raumfahrt (DLR), Prof. Johann-Dietrich Wörner: "Denkbar ist eine
Weiterentwicklung auf dieser Basis und aufgrund der vorhandenen Kompetenz in
Europa. Ein erster Schritt könnte zum Beispiel die Verwendung als
Transportraumfahrzeug mit der Möglichkeit des Rücktransportes von der ISS zur
Erde sein."
Das ATV ist etwa zehn Meter lang und hat einen Durchmesser von 4,5 Metern.
Mit entfalteten Solarpanelen hat es eine Spannweite von 22,3 Metern. Die
Gesamtmasse des startbereiten und beladenen Fahrzeuges beträgt bei Jules
Verne knapp 20 Tonnen. Das Fahrzeug besteht aus einer Sektion für den
Antrieb und der Avionik, den elektronischen Steuergeräten. Zudem hat es ein
ständig unter Druck stehendes Nutzlastsegment, das von den Astronauten beim Ent-
und Beladen des ATV von der ISS aus betreten wird. ATV ist ein europäisches
Gemeinschaftsprojekt unter Führung der Europäischen Weltraumorganisation ESA.
Von dessen Kontrollzentrum in Toulouse aus wird der Missionsbetrieb überwacht.
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