Ein Sommerkomet, neue Raumschiffe und der Physik-Nobelpreis
von Stefan Deiters astronews.com
31. Dezember 2020
Traditionell blickt astronews.com am Ende eines
Jahres zurück auf einige herausragende Ereignisse aus Astronomie, Astrophysik
und Raumfahrt aus den vergangenen zwölf Monaten - in diesem Jahr bereits zum
22. Mal. Trotz Corona gab es einiges zu berichten: von einem Kometen,
Raumschiffen, Marsmissionen und einem Nobelpreis.

Machten 2020 Schlagzeilen: der Komet Neowise,
das Arecibo-Radioteleskop, die Crew Dragon von
SpaceX und das Schwarze Loch im Zentrum der
Milchstraße. Bild:
S. Ströbele/ESO (Neowise)
/ University of Central Florida (Arecibo) / NASA
(Dragon) / ESO (Milchstraßenzentrum) |
Die globale Corona-Pandemie bestimmte natürlich auch die astronomische
Forschung und die Raumfahrt:
Die ESA schickte kurzzeitig sieben Sonden in die Corona-Pause und steuerte
später zahlreiche Missionen aus dem Home-Office. Das DLR produzierte
Schutzmasken statt Raumfahrtmodelle. Zahlreiche Veranstaltungen, Konferenzen
und Tagungen fanden online statt, auch für die astronomische
Öffentlichkeitsarbeit wurden schnell ganz neue Formate entwickelt, von denen
sich hoffentlich auch manche in der Nach-Corona-Zeit halten. Auch der Himmel
sah, glaubten zumindest einige, durch Corona anders aus:
Wettersatelliten
lieferten dazu konkrete Daten.
Trotz Corona gab es in der Raumfahrt 2020 einige wichtige Meilensteine: Nach
mehreren Jahren Pause starteten erstmals wieder Astronauten von amerikanischem
Boden aus ins All - genauer: zur Internationalen Raumstation ISS.
Nach einer erfolgreichen
Test-Mission im Frühjahr und Sommer flogen im November
erstmals regulär
vier neue
Crewmitglieder mit einer Crew Dragon zur ISS. Hier konnte man zudem ein kleines Jubiläum
feiern: Im November war die ISS
seit 20 Jahren mit Besatzung. Die ESA startete außerdem 2020 ihre Sonnensonde
Solar Orbiter, von
der es bereits erste Daten gibt.
Der Mars stand nicht nur durch seine Opposition im Herbst in diesem Jahr im
Fokus, sondern auch als Ziel von insgesamt drei Raumfahrtmissionen: Die NASA
startete mit Perseverance
ihren nächsten Marsrover, die Volksrepublik China schickte ihren ersten
Rover Tianwen-1 zum Mars
und auch die Vereinigten Arabischen Emirate zog es 2020 zum Roten Planeten: Sie
schickten keinen Rover, sondern die
Sonde Hope. Dabei gab es
für Mars-Fans in diesem Jahr nicht nur positive Nachrichten:
Die Bedingungen für Leben
sollen auf dem Mars nämlich - so eine Studie - eher schlecht sein.
Auch die Suche und die Erforschung von extrasolaren Planeten ging 2020
weiter: Die Sonde CHEOPS nahm
ihre Beobachtungen zur Charakterisierung von Exoplaneten auf,
TESS entdeckte eine erdgroße Welt in
der habitabler Zone, mit WASP-76b
wurde zudem ein Planet aufgespürt, auf dem es Eisen regnen könnte,
Kepler-160 wiederum sieht auf
den ersten Blick aus wie Sonne und Erde und
um Gliese 887 wurden zwei
Supererden entdeckt.
Auch Asteroiden standen 2020 im Fokus der Aufmerksamkeit: Die japanische
Sonde Hayabusa-2 hatte den Asteroiden
Ryugu erforscht und unter
anderem zeigen können, dass es sich dabei um einen hochporösen Brocken
handelt. Im Dezember kamen dann Bodenproben
von Ryugu auf der Erde an. Die
NASA-Sonde OSIRIS-REx nahm
eine Probe des
Asteroiden Bennu und wird sich 2021 auf den Rückweg zur Erde machen.
Der Star des Sommers war zweifellos der Komet
NEOWISE, der sich mehrere
Wochen lang am nächtlichen Himmel zeigte. Zeitweise war er sogar aus der
Großstadt mit bloßem Auge zu sehen. Kurz vor Weihnachten gab es dann kurz nach
Sonnenuntergang noch eine große Konjunktion
am Abendhimmel zu bewundern. Die Begegnung von Jupiter und Saturn blieb aber von
Deutschland aus vielfach hinter dichten Wolken verborgen.
In den ersten Monaten des Jahres richteten sich zudem alle Blicke auf den
Riesenstern Betelgeuse,
der über einige Monate deutlich an Helligkeit eingebüßt hatte. Über die Gründe
wurde und wird noch immer spekuliert. So könnten
beispielsweise Sternflecken
der Grund für die Verdunkelung gewesen sein.
Ein weiteres Thema des Jahres waren Schwarze Löcher - insbesondere die
supermassereiche Variante: Detaillierte Beobachtungen der Sterne rund um das
zentrale Schwarze Loch der Milchstraße zeigten etwa
die Schwarzschild-Präzession von Stern S2
und neue Daten des Event-Horizon-Teleskops
lieferten einen detaillierteren Blick auf den Jet von Quasar 3C 279. Mit
Rainer Genzel bekam ein deutscher Astronom den
Physik-Nobelpreis für die Erforschung
von Schwarzen Löchern zusammen mit seiner amerikanischen Kollegin Andrea
Ghez und dem Briten Roger Penrose.
Während das Weltraumteleskop
Hubble 2020 seinen 30. Geburtstag feierte, gab es für den
Nachfolger James Webb
weitere Verzögerungen. Mit Glück wird das Teleskop nun Ende des kommenden Jahres
starten. Das Röntgenteleskop
eROSITA lieferte die erste Karte des Röntgenhimmels und die
Astrometriemission Gaia
veröffentlichte ihren dritten
Datensatz. Abschied nehmen musste man vom Radioteleskop in
Arecibo, das wegen eines
Kabelbruchs stillgelegt wurde und dann spektakulär zusammenstürzte. Inzwischen
gibt es erste Pläne für einen Neubau des Teleskops.
Und was machte 2020 noch Schlagzeilen? Natürlich unser Nachbarplanet Venus,
in dessen Atmosphäre Monophosphan
entdeckt worden sein könnte, was manche als Hinweis
auf Leben deuten. Das Flugzeugteleskop
SOFIA konnte zeigen, dass sich Wasser
auf dem Erdtrabanten nicht nur in
dunklen Mondkratern findet und China startete eine
Proberückholmission zum Mond,
die - wenn man den chinesischen Berichten glaubt - erfolgreich Gestein vom Mond
zur Erde brachte.
Sicherlich wird auch das Jahr 2021 viele interessante und auch überraschende
Nachrichten für diesen Onlinedienst bereithalten. So wird der deutsche Astronaut
Matthias Maurer 2021 mit Cosmic Kiss zur
Raumstation ISS starten, ein neuer
ESA-Generaldirektor sein Amt
antreten, mehrere Mars-Missionen den Roten Planeten erreichen und - vielleicht -
das Weltraumteleskop James Webb starten. Wir werden in gewohnter Weise
darüber berichten und bedanken uns an dieser Stelle ausdrücklich bei
allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für ihre faszinierende Arbeit,
durch die eine Nachrichtenseite wie astronews.com erst möglich wird.
Ein besonderer Dank gilt auch unseren Leserinnen und Lesern, insbesondere denen, die unsere Arbeit
auch in diesem Jahr
im Rahmen von "astronews.com
ist mir was wert" mit einem einmaligen oder regelmäßigen Beitrag unterstützt
haben. Wir wissen dies sehr zu schätzen. Hier wird es 2021 noch neue Optionen
geben, die wir Ihnen bald vorstellen werden.
Bei allen Leserinnen und Lesern bedanken wir uns für die Treue und
wünschen für das Jahr 2021 alles Gute.
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