Nächster NASA-Marsrover vor dem Start
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
28. Juli 2020
In zwei Tagen soll die dritte Marsmission dieses Jahres zum
Roten Planeten starten: Mit ihrem Rover Perseverance will die
amerikanische Raumfahrtbehörde NASA ab Februar des kommenden Jahres die Suche
nach Leben auf dem Mars fortsetzen. Zudem soll Perseverance Bodenprobe
für eine spätere Rückholmission sammeln. Auch Wissenschaftsteams aus Europa sind
an der Mission beteiligt.
![Perseverance](../../../bilder/2020/2007-030.jpg)
Der neue NASA-Marsrover Perseverance soll
erstmals auch Bodenproben für eine spätere
Rückholmission auf der Oberfläche hinterlassen.
Foto: NASA/JPL-Caltech [Großansicht] |
Mit Perseverance (deutsch: Beharrlichkeit), ihrem bisher
komplexesten Marsrover, beginnt die NASA ein neues Kapitel bei der Suche nach
Spuren von Leben auf dem Mars. Der Start des neuen Rovers soll am 30. Juli 2020
um 13:50 Uhr MESZ mit einer Atlas-V-Trägerrakete von Cape Canaveral in Florida
stattfinden. Die Landung ist für den 18. Februar 2021 im Krater Jezero geplant.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist im Wissenschaftsteam
der Mission Mars 2020 vertreten und an der Auswertung der Daten und
Bilder beteiligt. Ziel der Mission ist es, anhand von Gesteins- und
Sedimentanalysen genauer herauszufinden, wann der Mars ideale Bedingungen für
Mikroorganismen gehabt haben könnte. Wenn der Rover Perseverance 2021
auf dem Mars landet, hat er erstmals in der Geschichte der Erkundung des Mars
Behälter zum Einsammeln von Proben an Bord, die mit Bohrkernen aus einigen
Zentimeter Tiefe gefüllt und für eine spätere Rücksendung zur Erde zunächst auf
dem Mars deponiert werden sollen. Mittels mehrerer Folgemissionen sollen die
Proben bis etwa Anfang der 2030er Jahre zur Erde transportiert werden.
Insgesamt sieben wissenschaftliche Instrumente sind in den Rover von der
Größe eines Kleinwagens und einer Masse von 1025 Kilogramm integriert, mit denen
er die Geologie der Landestelle analysiert, nach Anzeichen früheren Lebens in
Gestein und Sedimenten sucht und so die vielversprechendsten Proben für die
spätere Analyse auf der Erde findet. Außerdem hat die Mission Mars 2020
eine weitere Premiere im Gepäck: Eine kleine, 1,8-Kilogramm leichte
Hubschrauberdrohne für erste Testflüge über der Landestelle in der dünnen
Marsatmosphäre.
"Wir freuen uns sehr, bei dieser außergewöhnlichen Mission zum Mars im
Wissenschaftsteam dabei zu sein", sagt Nicole Schmitz vom DLR-Institut für
Planetenforschung. "Besonders gespannt sind wir jetzt schon auf die ersten
Bilder nach der Landung. Dann werden wir die Landestelle und das fast vier
Milliarden Jahre alte Flussdelta das erste Mal aus der Perspektive der
Roverkamera Mastcam-Z betrachten können." In die Prozessierung der Bilder der
Stereokamera Mastcam-Z (die Abkürzung steht für Mast Camera, Zoom) fließt die
langjährige Expertise der Berliner DLR-Planetenforscher ein, die sie bereits mit
Kameratechnik bei den Missionen Mars Express, Dawn,
MASCOT/Hayabusa2 und Philae/Rosetta gesammelt haben.
"Die beiden wissenschaftlichen Augen von Perseverance zur räumlichen
Orientierung und mineralogischen Analyse befinden sich am 'Kopf' des Rovers auf
dem markanten Mast", erklärt Frank Preusker vom DLR-Institut für
Planetenforschung. "Zusammen werden sie in der Lage sein, 360-Grad-Panoramen in
3D und in Farbe zu liefern." Mit maximalem Zoom kann die Kamera sogar bei
einzelnen Aufnahmen Objekte von gerade einmal der Größe einer Stubenfliege über
die Länge eines Fußballfeldes hinweg sichtbar machen. Die wissenschaftliche
Leitung der Mastcam-Z liegt bei der Arizona State University. Der Rover
Perseverance verfügt insgesamt sogar über 23 Kameras, mehr als jede
andere interplanetare Mission bisher.
In direkter Nachbarschaft zu den beiden Augen der Stereokamera befindet sich
ebenfalls auf dem Mast des Rovers das Spektrometer SuperCam, ein
Instrument, das kontaktlos eine Analyse der chemischen Zusammensetzung und
Mineralogie in der Umgebung des Rovers erlaubt. "Wie der Vorgänger 'ChemCam' auf
dem Marsrover Curiosity nutzt das Spektrometer einen gepulsten Laser,
um die Geochemie von Gestein und Boden zu untersuchen. Darüber hinaus setzt es
drei weitere spektroskopische Techniken und ein Mikrofon ein, um den
Mineralgehalt und die Härte des Gesteins zu untersuchen", erklärt Susanne
Schröder vom Berliner DLR-Institut für Optische Sensorsysteme, die sich im
Wissenschaftsteam vor allem mit der Datenanalyse der Laser-Spektroskopie
befasst. Die wissenschaftliche Leitung der SuperCam liegt beim Los Alamos
National Laboratory in New Mexico und bei IRAP/CNES in Toulouse,
Frankreich.
Perseverance wird im Krater Jezero landen, der sich am westlichen
Rand von Isidis Planitia befindet, einem der größten Einschlagsbecken auf dem
Mars, nördlich des Marsäquators bei etwa 18 Grad Breite und 77 Grad Länge
gelegen. Westlich von Isidis finden sich einige der ältesten und
wissenschaftlich interessantesten Landschaften, die der Mars zu bieten hat.
Hochauflösende digitale Geländemodelle, die aus Daten der DLR-Stereokamera HRSC
an Bord der ESA-Mission Mars Express gewonnen wurden, haben einen
bedeutenden Betrag bei der Auswahl und Erforschung der Landestelle geleistet.
Aus ihnen lassen sich wertvolle geologische Daten berechnen, wie das Volumen des
Katers und des Deltas sowie Breite, Tiefe und Gefälle des Flusses, aber auch die
Geländeneigung innerhalb der Landeellipse - eine der wichtigsten Faktoren für
die Landestellenauswahl.
Sehr wahrscheinlich beherbergte der 45 Kilometer große Krater Jezero vor mehr
als 3,5 Milliarden Jahren einen See. Deutliche Anzeichen dafür liefert ein altes
Flussdelta im Westen des Kraters, das wasserhaltige Minerale wie beispielsweise
Tonminerale enthält. Daher stammt auch der Name des Kraters "Jezero", der in
mehreren slawischen Sprachen "See" bedeutet.
Wissenschaftler halten es für möglich, dass Flüsse, die in Jezero mündeten
und durch ihn gespeist wurden, organische Moleküle oder andere potenzielle
Anzeichen mikrobiellen Lebens, vielleicht sogar Mikroorganismen, mit sich
führten. Spuren dieses früheren Lebens könnte in den Ablagerungen des
Flussdeltas oder den Seesedimenten von Jezero konserviert sein und sich heute
dort finden lassen. Heute ist das flüssige Wasser auf der Oberfläche des Mars
verschwunden und seine Atmosphäre auf weniger als ein Prozent des
Erdatmosphärendrucks ausgedünnt.
Perseverance ist mittlerweile der fünfte Rover, den die NASA zum
Mars schickt. 1997 landete Sojourner im Rahmen der Mission Mars
Pathfinder und sendete rund drei Monate lang Daten und Bilder vom Roten
Planeten zur Erde. 2004 folgten die Zwillingsrover Spirit und
Opportunity, die erstmals größere Strecken zurücklegten, bis der Marswinter
2007 die Kommunikation mit Spirit und ein Staubsturm 2018 schließlich
mit Opportunity beendeten. 2012 landete der bis heute im Krater Gale
aktive Rover Curiosity, der in vielerlei Hinsicht baugleich mit
Perseverance ist. 2018 setzte zuletzt die Landeplattform InSight auf
dem Mars auf, ein geophysikalisches Labor, das das Innere des Planeten unter
anderem mit der selbsthämmernden Thermalsonde HP³ des DLR, dem "Marsmaulwurf",
erkundet. Der NASA-Rover Perseverance ist zunächst für eine
Missionsdauer von einem Marsjahr (zwei Erdjahren) ausgelegt mit der Option auf
eine Verlängerung der Mission.
Auch im nächsten Startfenster zum Mars im Jahr 2022 ist geplant, einen Rover
von der Erde zum Roten Planeten zu schicken, der nach Spuren früheren Lebens
suchen soll: Im Rahmen des ExoMars-Programms der ESA und der russischen
Raumfahrtagentur Roscosmos wird der Rover Rosalind Franklin dabei unter
anderem Proben aus bis zu zwei Meter Tiefe an die Marsoberfläche befördern und
in seinem Inneren hochgenau nach Biosignaturen analysieren. In der Tiefe sind
organische Verbindungen vor der Zerstörung durch kosmische Strahlung besser
geschützt.
Das DLR steuert einen wesentlichen Teil der wissenschaftlichen Nutzlast zu
Rosalind Franklin bei: Eine hochauflösende Kamera auf dem Mast des Rovers wird
es den Wissenschaftlern ermöglichen, verschiedene Gesteine zu interpretieren und
den bestmöglichen Platz für die Bohrungen festzulegen. Der Start von
Rosalind Franklin war eigentlich auch für dieses Jahr geplant. Ursprünglich
sollte der Rover sogar bereits vor zwei Jahren seinen Weg zum Mars antreten.
Update (30. Juli 2020): Die Mission Mars 2020 ist wie
geplant heute zum Roten Planeten gestartet.
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