Hat sich
Kometenlander Philae bewegt?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
20. Juli 2015
Der Lander Philae bereitet den Mitarbeitern am Lander-Kontrollzentrum des DLR in Köln
weiter Kopfzerbrechen. Nach dem letzten Kontakt vor rund eineinhalb Wochen hat
das Team nichts mehr von Philae gehört. In den vorhandenen Daten haben sie aber
Hinweise dafür gefunden, dass sich der Lander bewegt haben könnte. Sie
versuchen nun trotzdem einige Instrumente zu aktivieren.

Am 9. Juli 2015
nahm die Navigationskamera von Rosetta die
"Heimat" des Landers Philae - den Kometen
67P/Churyumov-Gerasimenko - aus 154 Kilometern
Entfernung auf.
Bild:
ESA / Rosetta / Navcam [Großansicht] |
Erst meldet sich der Lander Philae am 9. Juli 2015 um 19.45 Uhr bei
seinem Team im Lander-Kontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) - nur um dann wieder in Schweigen zu verfallen. Seitdem arbeitet
das Team daran, mit Tricks und Kniffen wieder in Kontakt mit dem Lander zu
treten und ihn für wissenschaftliche Messungen zu betreiben.
"Auf unser gesendetes Kommando, das Instrument ROMAP einzuschalten, hat er
noch nicht geantwortet", erläutert Philae-Projekteiter Dr. Stephan
Ulamec vom DLR. An einem baugleichen Modell im Nutzerzentrum für
Weltraumexperimente (MUSC) des DLR testen die Ingenieure deshalb zurzeit
verschiedene Kommandos, mit denen sie Philae aktivieren und optimieren
wollen. "Wir haben in den bisher empfangenen Daten auch Anzeichen dafür, dass
Philae sich bewegt haben könnte und seine Antenne dadurch womöglich
mehr verdeckt oder anders ausgerichtet ist."
In den Daten, die Philae bisher über seinen Zustand auf dem Kometen
67P/Churyumov-Gerasimenko schickte, übermittelt der Lander auch Informationen
über die Sonneneinstrahlung auf seinen verschiedenen Sonnenpanelen. "Und dieses
Profil - auf welche Panele wie viel Sonne trifft - hat sich von Juni zu Juli
deutlich verändert", erklärt Ulamec. "Dies lässt sich nicht nur mit dem Verlauf
der Jahreszeiten auf dem Kometen erklären."
Der Lander könnte beispielsweise durch Gasausstöße des erwachenden Kometen
seine Position verändert haben. Nach einer nicht ganz reibungslosen Landung am
12. November 2014 landete Philae schließlich an einem Kraterrand in
unebenem Gelände - schon eine leichte Veränderung seiner Position könnte deshalb
auch bedeuten, dass seine Antenne auf der Oberseite nun durch Objekte stärker
verdeckt wird. Dies hätte Auswirkungen auf die Kommunikation mit Philae.
Möglich ist zudem, dass nicht nur eine der beiden Empfangseinheiten des
Landers beschädigt ist, sondern auch eine der beiden Sende-Einheiten nicht
fehlerlos arbeitet. Allerdings ist Philae darauf programmiert, in
regelmäßigen Abständen zwischen beiden Sende-Einheiten hin und her zu schalten.
Auch dies könnte erklären, warum die Kontakte zu Philae so unregelmäßig sind.
"Wir haben mit unserem Bodenmodell deshalb ein Kommando getestet, das Philae
nur mit dem funktionierenden Sender arbeiten lässt."
Dieses wurde auch bereits an den Lander geschickt. Dieses "blind commanding"
- ohne dass der Lander eine Bestätigung sendet - soll ermöglichen, dass er den
Befehl empfängt und ausführt, sobald er während des Kometentags mit
Sonnenenergie versorgt wird und sich einschaltet. Ein weiteres Kommando erproben
die Ingenieure des DLR-Kontrollzentrums in Köln gerade an ihrem Bodenmodell von
Philae: Sie wollen versuchen, ein "Arbeitspaket" auf dem Lander zu
aktivieren, das bereits im November 2014 nach der Landung erfolgreich ausgeführt
wurde und bei Philae noch gespeichert ist.
Damals hatte das Team im Lander-Kontrollzentrum den Lander mit einer Art
"Notfallprogramm" versorgt, damit dieser während einer Zeit ohne
Kommunikationsmöglichkeiten dennoch fünf Instrumente in Betrieb nehmen konnte.
Dies gab damals den Ingenieuren an den Konsolen Zeit, ihre Planungen an die
aktuelle Situation mit einem neuen Landeplatz anzupassen.
"Mit diesem Arbeitspaket werden mit der Thermalsonde MUPUS
Temperaturmessungen durchgeführt, ROMAP und SESAME messen, und PTOLEMY und COSAC
forschen im Schnüffelmodus", so Ulamec. "Alle diese Instrumente benötigen keine
weiteren detaillierten Kommandos, sondern das gespeicherte Arbeitspaket muss
zunächst einmal nur abgerufen werden." Sollte diese Idee funktionieren, würde
Philae nach dem Einschalten mit wissenschaftlichen Messungen beginnen
und diese Daten in einem nächsten Schritt zur Erde senden.
Noch bis zum 24. Juli 2015 richtet sich die Sonde Rosetta nach den
Ansprüchen des Landers aus und fliegt eine Bahn, die für die Kommunikation der
beiden miteinander günstig ist. Anschließend wird Rosetta mit ihren elf
Instrumenten an Bord über die südliche Hemisphäre des Kometen fliegen, die nun
zunehmend von der Sonne angestrahlt wird. Dabei werden sich die Versuche zur
Kommunikation mit Philae mit den Prioritäten zur Beobachtung mit den
Orbiter-Instrumenten abwechseln.
Auch die zunehmende Aktivität von 67P/Churyumov-Gerasimenko mit seinen Gas-
und Staubausstößen erlaubt es nicht, zu dicht über der Kometenoberfläche zu
fliegen. Am vorletzten Wochenende wurden die Sternsensoren von Rosetta
erneut durch die staubige Umgebung bei der Navigation irritiert. Der Orbiter
fliegt deshalb nun in einem sichereren Abstand von 170 bis 190 Kilometern vom
Kometen.
Natürlich gibt das Lander-Team des DLR Philae nicht auf. "Er ist
offensichtlich immer noch funktionsfähig, denn er schickt uns immer wieder
Daten, wenn auch in unregelmäßigen Abständen und zu überraschenden Zeitpunkten",
so Ulamec. "Es gab bereits mehrmals die Befürchtung, der Lander bliebe
ausgeschaltet - aber er hat uns immer wieder eines Besseren belehrt."
Aktuelle Updates in unserem
Missionslog zur Mission von Philae.
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