Kometen-Lander Philae bleibt verschollen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
2. Februar 2015
Der kleine Kometenlander Philae bleibt verschollen.
Trotz intensiver Suche haben die Wissenschaftler bislang keine sichere Spur des
Landers auf der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko entdecken
können. Zwar haben sie eine ungefähre Vorstellung davon, wo Philae
gelandet ist, doch ist das Gelände gerade dort sehr unübersichtlich.

Bilder dieser Art nutzt das OSIRIS-Team bei
seiner Suche nach Philae.
Bild: ESA / Rosetta / MPS für OSIRIS Team
( MPS / UPD / LAM / IAA / SSO / INTA / UPM / DASP
/ IDA [Großansicht] |
Nicht einmal, sondern gleich viermal hat Philae, die Landeeinheit der
ESA-Raumsonde Rosetta, am 12. November vergangenen Jahres die Oberfläche des
Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko berührt. Erst nach zwei "Hüpfern" und einer
leichten Berührung mit einem Felsbrocken oder Vorsprung kam Philae zum Stehen.
Der erste Sprung führte das kleine Raumschiff nicht nur weit weg von der
ursprünglich anvisierten Landestelle, sondern auch aus dem Blickfeld des
Kamerasystems OSIRIS, das an Bord von Rosetta die Landung mitverfolgte. Seitdem
wertet das OSIRIS-Team Bilder der Landeregion aus, um Philae zu finden. Doch die
zerklüftete Oberfläche und schwierige Belichtungsverhältnisse machen dies zu
einer kniffligen Aufgabe.
Die endgültige Landestelle von Philae, die seit Kurzem den Namen "Abydos"
trägt, muss ein unwirtlicher Ort sein. Messungen des Radiowelleninstruments
CONSERT konnten das Suchgebiet auf eine Region von 350 mal 30 Metern Größe am
Außenrand des Hatmehit-Beckens auf dem "Kopf" des Kometen
eingrenzen. Hohe Klippen ragen dort empor, die Oberfläche ist zerfurcht und
gleicht einem Geröllfeld.
"Für das Auffinden von Philae ist dieses Gebiet
äußerst ungünstig", erklärt Dr. Holger Sierks vom Max-Planck-Institut für
Sonnensystemforschung (MPS), Leiter des OSIRIS-Teams. Seit Wochen werten er und
sein Team Aufnahmen der Landeregion aus. "Wir haben schon mehrere Strukturen
entdeckt, die der Landeeinheit ähnlich sehen. Doch bei keinem dieser Kandidaten
sind wir uns sicher", fasst Sierks den aktuellen Stand zusammen.
Das Problem:
Nach der Landung entfernte sich Rosetta (und mit ihr das Kamerasystem OSIRIS)
wieder deutlich vom Kometen und umkreist ihn seitdem in Entfernungen von etwa 18
und 28 Kilometern von der Oberfläche. Mit einer Größe, die vergleichbar ist mit
der einer Waschmaschine, überdeckt Philae selbst auf OSIRIS-Bildern, die aus 18
Kilometern Abstand aufgenommen werden, gerade einmal drei Pixel. "Die Geröllfelder
im Bereich der Landestelle sind übersät von Strukturen dieser Größe", erklärt Sierks.
Auch die Belichtungsverhältnisse erschweren die Arbeit des Teams. Je nachdem
aus welcher Richtung Rosetta auf das Gebiet blickt und wie die Sonne gerade
steht, ergeben sich völlig verschiedene, zum Teil sehr lange Schattenwürfe.
Dadurch bieten Aufnahmen, die an unterschiedlichen Tagen von der Landeregion
aufgenommen wurden, im Detail einen völlig anderen Blick auf die Landeeinheit.
Von Ende November bis Anfang Dezember starteten die ESA und das OSIRIS-Team eine
Suchkampagne. Aus den Aufzeichnungen des Philae-Bordcomputers war bekannt, dass
die Landeeinheit im Verlauf einer Kometenumdrehung nur für eine Stunde und 20
Minuten Sonnenlicht erhält – und folglich in dieser Zeit nicht im Schatten
liegt. Die Zeitpunkte für die OSIRIS-Aufnahmen wurden speziell so gewählt, dass
sie mit diesen 80 Minuten zusammenfielen. Allerdings blieben auch diese
Bemühungen bisher ohne Erfolg.
Der Grund könnte in der Beobachtungsgeometrie zu
suchen sein. Rosetta flog in dieser Zeit entlang der Tag-Nacht-Grenze des
Kometen und befand sich somit in einem rechten Winkel zur Verbindungslinie
zwischen 67P und Sonne. Falls sich Philae, wie einige Wissenschaftler vermuten,
tatsächlich in einer Art Spalte oder an einem Steilhang befindet, könnte bei
dieser Anordnung zwar Sonnenlicht auf die Landeeinheit treffen, Rosetta sie aber
nicht sehen.
Philaes ungeplanter Irrflug über die Kometenoberfläche lässt sich
deshalb bisher nur unvollständig rekonstruieren. Daten von Philaes Bordcomputer,
die kurz nach der Landung zur Erde gefunkt wurden, geben die genauen Uhrzeiten
der drei "Aufsetzer" an: 16.43 Uhr, 18.25 Uhr und zuletzt 18.32 Uhr
MEZ. Messungen des Magnetometers ROMAP legen nahe, dass Philae um 17.20 Uhr – also während des ersten Hüpfers - die Oberfläche kurz
berührte oder streifte.
Den ersten Teil dieser Reise konnte OSIRIS begleiten:
Eine Serie von Bildern zeigt den sechsstündigen Landeanflug, ein Abdruck des
Landegestells im Kometenstaub dokumentiert das erste Aufsetzen und auf weiteren
Aufnahmen ist Philae im Schwebeflug zu erkennen. Nur das entscheidende Bild, das
Philae an seiner endgültigen Landestelle zeigt, steht noch aus.
Wann dieses vorliegen wird, ist noch unklar. Für Mitte Februar plant die ESA
einen näheren Vorbeiflug am Kometen: Nur sechs Kilometer sollen Rosetta dann von
seiner Oberfläche trennen. So nah ist die Raumsonde "ihrem" Kometen bisher noch
nicht gekommen. Allerdings ist ein Überflug der Landeregion nicht vorgesehen.
Stattdessen wird Rosetta ihr Augenmerk auf den Körper des Kometen, den größeren
der beiden Teile, richten.
"Der Zeitplan für Rosettas wissenschaftliche
Aktivitäten ist sehr voll und wird mehrere Monate im Voraus festgelegt. Eine
umfangreiche Kampagne zur Suche nach Philae hatten wir für diesen Vorbeiflug
deshalb nicht eingeplant", so Matt Taylor von der ESA, wissenschaftlicher Leiter
der Rosetta-Mission.
Nach dem Vorbeiflug wird Rosetta in einem deutlich größeren
Abstand als bisher um 67P/Churyumov-Gerasimenko kreisen. Das OSIRIS-Team hofft
nun, dass sich im späteren Verlauf der Mission eine andere Gelegenheit ergeben
wird, die Landeregion aus der Nähe zu betrachten - und damit günstigere
Bedingungen, um das kleine, mutige Raumschiff auf der Kometenoberfläche zu
entdecken.
|