Nicht eine Landung, sondern drei
von Stefan Deiters astronews.com
13. November 2014
So viel steht fest: Der kleine Lander Philae befindet sich auf
der Oberfläche
des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko. Genau lokalisieren konnte das Team ihn
noch nicht, denn nach einer fast punktgenauen Landung im vorgesehenen Bereich
machte Philae noch einen großen Sprung und anschließend einen weiteren
kleinen Hüpfer. Jetzt steht der Lander offenbar im Schatten eines Kliffs.
Dieses Bild
wurde vom ROLIS-Instrument an Bord von Philae am
12. November 2014 in einer Höhe von etwa 40
Metern vor dem ersten Aufsetzen aufgenommen.
Bild: ESA / Rosetta / Philae / ROLIS /
DLR [Großansicht] |
Es war von vornherein klar, dass die Landung auf einem Kometenkern alles andere
als einfach sein würde. Rund 24 Stunden nach dem Aufsetzen von Philae auf
67P/Churyumov-Gerasimenko ist eines sicher: Der Lander befindet sich auf der
Oberfläche des Kometen und sendet Bilder und Daten. Wo genau Philae allerdings
gelandet ist, wissen die Teams in Darmstadt und Köln bislang nicht.
Der Grund für die Ungewissheit: Philae ist gestern Abend nicht nur einmal
gelandet, sondern insgesamt drei Mal. Um 17.03 Uhr MEZ ging am Kontrollzentrum
der ESA in Darmstadt das Signal ein, dass Philae auf der Oberfläche aufgesetzt
ist. Die Landung musste damit knapp 30 Minuten zuvor erfolgt sein.
Während
die Chefs von ESA und DLR mit Politikern und anderen Ehrengästen auf den Erfolg
anstießen, war Philae - darauf deuten alle Daten hin - allerdings gar
nicht mehr auf dem Kometen. Erst um 18.26 und dann erneut um 18.33 Uhr MEZ setzte der Lander wieder auf.
Im ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt und auch im Lander-Kontrollzentrum beim DLR
in Köln merkte man schnell, dass die Daten irgendwie nicht zu einem Lander
passten, der sich irgendwo fest auf der Oberfläche eines Kometen befindet. Schon am Abend
gestand man: Es hätte nicht nur eine Landung gegeben, sondern vermutlich sogar zwei.
Eine
Auswertung von weiteren Daten über Nacht ergab dann, dass es tatsächlich wohl
drei Landungen waren. Die erste Landung war noch fast punktgenau im vorgesehenen
Landebereich erfolgt, die endgültige Landestelle könnte allerdings fast in der
Nähe einer anderen ursprünglich in Aussicht genommenen Landeregion liegen - der
Landeregion "B" (siehe Artikel vom 25. August
2014). Die ausgewählte Landeregion ist auf den damaligen Bildern mit "J"
markiert.
Ein Grund für den weiten Sprung dürfte auch das Versagen eines Systems sein, das
den Lander nach dem Aufsetzen mithilfe einer Düse auf die Oberfläche drücken
sollte. Außerdem lösten die Harpunen, mit denen sich Philae im Boden
verankern sollte, nicht aus. Die Harpunen können noch immer
ausgelöst werden, um den Lander abzusichern, doch will das Team dies nicht riskieren, bevor
man über die Lage
des Landers nicht absolut sicher ist.
Es hat sich nämlich als außerordentlich schwierig erwiesen, herauszufinden, in
welcher Lage sich Philae genau befindet. Er könnte, so ergab die Auswertung
erster Aufnahmen der Kamera an Bord des Landers, gekippt und unter einem Kliff
zum Stehen gekommen sein. Insbesondere für die Energieversorgung ist dies
problematisch: Philae steht den größten Teil des Tages im Schatten. Der Lander
ist aber, wenn seine Batterien erschöpft sind, auf die Energieversorgung aus
seinen Solarzellen angewiesen.
Die Batterien an Bord von Philae reichen für mindestens 60 Stunden. Es wird
gegenwärtig überlegt, ob es möglich ist, die Ausrichtung der Solarzellen
irgendwie zu optimieren. Derweil liefern zahlreiche Instrumente an Bord wie
vorgesehen Daten. Nur Instrumente, deren Aktivierung die Stabilität des Landers
gefährden könnte, hat man bislang nicht angeschaltet.
Es bleibt damit auch weiterhin spannend. Philae ist gelandet, man weiß aber noch
immer nicht genau wo und wie die ersten Bilder im Detail zu interpretieren sind. Trotzdem hat die ESA mit der Landung schon mehr
erreicht, als viele zu hoffen gewagt hatten. Die weiche Landung auf einem Kometen
ist bislang schließlich noch niemandem gelungen und erstmals liefern Instrumente
Daten direkt von der Oberfläche eines Kometenkerns. Jeder Tag, den Philae nun
aktiv bleibt, dürfte somit ein Geschenk für die
Kometenforschung sein.
astronews.com wird das
Landelog,
in dem wir aktuell über die neuesten Informationen aus den Kontrollzentren
berichten, weiterführen. Es ermöglicht auch einen Rückblick auf die spannenden
Ereignisse der letzten Stunden und enthält zahlreiche Bilder von den
Pressekonferenzen und ESA-Livestreams.
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