|
GAMMA-RAY-BURSTS
Neue
Beweise für Hypernova-These
Redaktion
astronews.com
13. November 2003
Gamma-Ray-Bursts, die gewaltigen Explosionen in den Tiefen des Weltalls,
entstehen nach der zur Zeit populärsten Theorie der Astronomen durch eine
Hypernova-Explosion. Die detaillierte Beobachtungen eines nahen
Gammastrahlen-Ausbruchs lieferte den Forschern nun weitere wichtige Beweise für
ihre Theorie, nach der sich die Energie über zwei gebündelte Jets ins All
entlädt.
Schematische Darstellung der Explosion eines massereichen
Sterns, der Materie in Form von Jets mit extrem hoher
Geschwindigkeiten ausstößt. Treffen diese Jets auf das
interstellare Medium, erzeugen sie das linear polarisierte
Afterglow-Licht. Aus den Polarisations-Messungen des Lichts lässt
sich der Öffnungswinkel des Jets und die Struktur des ihm
zugrunde liegenden Magnetfelds bestimmen. Bild: Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik |
Erst Anfang 2003 haben Wissenschaftler nachgewiesen, dass kosmische
Gammastrahlen-Ausbrüche (so genannte Gamma-Ray Bursts, GRB) in Verbindung
mit gewaltigen Supernova-Explosionen auftreten. Diese Entdeckung unterstützt das
"Kollaps-Modell", wonach sich die Implosion eines massereichen Sterns über zwei
extrem energiereiche Teilchenstrahlen (Jets) ins Weltall entlädt. Doch wegen
ihrer extremen Entfernung können diese Jets nicht mit Teleskopen von der Erde
aus nachgewiesen werden, sondern allenfalls indirekt in der Lichtkurve des
"nachglühenden" Gammastrahlen-Ausbruchs. Einer internationalen Forschergruppe um
Jochen Greiner vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching
ist es jetzt erstmals gelungen, die Polarisation des nachglimmenden Lichts (des
so genannten Afterglows) ein des Gammastrahlen-Ausbruchs GRB 030339 über
viele Tage hinweg zuverlässig zu messen. Diese Daten bestätigen jetzt empirisch,
dass sich die Explosionswolke der Supernova tatsächlich nicht sphärisch in alle
"Himmelsrichtungen", sondern gebündelt in den Jets ausdehnt.
Gammastrahlen-Ausbrüche (GRB) sind gewaltige Explosionen in den Tiefen des
Weltalls. Innerhalb weniger Sekunden setzen sie mehr Energie frei als die Sonne
während ihrer gesamten Lebenszeit von mehr als 10 Milliarden Jahren. Trotzdem
sind GRB's von der Erde aus auch mit den stärksten Teleskopen nur als winzige
leuchtende Punkte zu sehen. Nach dem derzeit favorisierten Szenario entstehen
sie bei der Explosion eines sehr massereichen Sterns in einer extrem hellen
Supernova, deshalb auch Hypernova genannt.
Diese Explosion kann entweder
symmetrisch oder aber sehr asymmetrisch, in Form zweier entgegengesetzt
ausgestoßener Teilchenstrahlen (Jets), verlaufen - je nach Stärke des
Drehimpulses oder des Magnetfeldes des explodierenden Sterns. Bei einer
symmetrischen Explosion würde der vom Beobachter empfangene Energiefluss
umgerechnet auf einen Energieausstoß, der sich gleichmäßig über die
Kugeloberfläche verteilt. Dies ergibt etwa 1053 erg, eine
Energiemenge, die durch theoretische Modelle schwer zu erklären ist. Erfolgt die
Explosion jedoch asymmetrisch als Jet, wird der vom Beobachter empfangene
Energiefluss nur auf den Öffnungswinkel des Jets umgerechnet, also lediglich auf
einen Bruchteil der Kugeloberfläche. In diesem Fall ergibt sich ein
Energieausstoß von "nur" 1051 erg, der mit verschiedenen
theoretischen Modellen vereinbar ist.
Wegen der extrem hohen Leuchtkraft und dem langen Nachleuchten gehen
Wissenschaftler schon seit längerem davon aus, dass Gammastrahlenblitze
tatsächlich durch Jets entstehen. Danach bildet sich im Zentrum eines
implodierenden Sterns ein rotierendes Schwarzes Loch, das durch Aufsaugen der
restlichen Sternmaterie ständig an Masse zunimmt. Über komplizierte Vorgänge
entsteht aus der dabei freiwerdenden Gravitationsbindungsenergie eine extreme
Energiekonzentration in der Nähe der Rotationsachse des Schwarzen Lochs. Entlang
dieser Rotationsachse entsteht dann eine stark gebündelte Ausströmung, ein Jet.
Um diese Hypothese zumindest indirekt überprüfen zu können, gibt es heute zwei
Möglichkeiten: Zum einen sollte die Lichtkurve eines Gammastrahlen-Ausbruchs
zeigen, dass sich die Helligkeitsabnahme etwa einen Tag nach der Explosion
charakteristisch beschleunigt. Zum anderen müssten polarimetrische Messungen
verdeutlichen, ob die Explosion tatsächlich nichtsphärisch erfolgt und wie groß
der Öffnungswinkel des Jets ist.
Den spezifischen Verlauf der Helligkeitsabnahme hat man bereits vor vier Jahren
in der Afterglow-Lichtkurve von GRB 990123 erstmals gefunden und danach noch bei
einer Handvoll weiterer Gamma-Ray Bursts nachgewiesen. Hingegen waren
Polarisationsbeobachtungen von GRB-Afterglows bisher in nur sehr wenigen Fällen
überhaupt möglich und bestanden dann aus maximal einer oder zwei Messungen pro
GRB. Ihr Nachleuchten wurde selbst für Teleskope der 8-Meter-Klasse zu schnell
zu schwach. Dies änderte sich erst mit GRB 030329, der am 29. März 2003 mit dem
NASA-Satelliten Hete-2 (High Energy Transient Explorer) entdeckt
wurde (astronews.com berichtete). GRB 030329 ereignete sich in relativ
"geringer" Entfernung zur Erde - es handelte sich also um den bislang am
nächsten zur Erde gelegenen klassischen Gammastrahlen-Ausbruch. Seine
Rotverschiebung betrug nur 0.1685 - er war also "nur" 800 Megaparsec (2,65
Millionen Lichtjahre) von uns entfernt, was auch seine enorme optische
Helligkeit erklärt.
Die Messungen bestätigten zunächst frühere Befunde, wonach die Stärke der
Polarisation eines GRB-Afterglow nur etwa ein bis drei Prozent beträgt. Darüber
hinaus konnten die Forscher aber erstmals weitere 30 Polarisationsmessungen von
GRB 030329 mit demselben Teleskop gewinnen und damit die Variation der
Polarisation über viele Tage hinweg messen und eine so genannte
Polarisationslichtkurve erstellen. Diese Lichtkurve zeigte, dass sich sowohl die
Stärke als auch der Winkel der Polarisation ständig ändern. "Derartige
Variationen sind die große Überraschung unserer Messreihe," erklärt Jochen
Greiner, Astronom am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und
Erstautor einer Studie, die in der aktuellen Ausgabe der
Wissenschaftszeitschrift Nature erscheint. "Die Theorie sagt höchstens
zwei Maxima in der Polarisationsstärke und nur eine 90 Grad-Änderung des Winkels
voraus. Die Zeitskala dieser Variation hängt mit der Abbremsung des Jets durch
das interstellare Medium zusammen."
Die Lichtkurve verdeutlichte aber auch, dass die der Explosion zugrunde liegende
Supernova asymmetrisch war. "Normalerweise würde man erwarten, dass nach etwa
zehn Tagen der Jet so langsam und dabei so breit geworden ist, dass wir seine
Emission nicht mehr von sphärischer Emission unterscheiden können und die
Polarisation auf Null fällt. Doch wir beobachteten selbst nach 38 Tagen immer
noch eine deutliche Polarisation. Diese muss also aus dem Licht der Supernova
stammen", so Greiner.
Die neuen Befunde ergeben folgendes Szenario: Das Zentrum eines sterbenden
Sterns kollabiert zu einem Schwarzen Loch und setzt dabei eine riesige
Energiemenge frei, die sich vom Zentrum des Sterns aus in zwei entgegengesetzt
gerichteten, hochgradig gebündelten Jets Bahn macht. Innerhalb weniger Sekunden
erreichen und durchstoßen diese gewaltigen Teilchenstrahlen die Oberfläche des
Sterns und schießen in das den Stern umgebende interstellare Medium hinaus. Dort
werden sie abgebremst und erzeugen das von der Erde aus sichtbare Nachleuchten.
Die Polarisationsdaten der ersten Tage nach GRB 030329 zeigen nun genau diesen
nichtsphärischen Charakter: Die Explosionswolke war also streng gebündelt.
In dem Moment, wo der Jet die Oberfläche des Stern durchstößt, wird auch der
Stern selbst zerrissen. Eine Supernova entwickelt sich, die nach bisherigen
theoretischen Voraussagen ebenfalls asymmetrisch sein sollte. Auch diese
Hypothese wurde nun erstmals durch die etwa zwei Wochen nach der Explosion von
GRB 030329 gewonnenen Polarisationsdaten bestätigt. "Aus den spektroskopischen
Beobachtungen wissen wir nämlich, dass nach etwa vierzehn Tagen das
Supernova-Licht dominiert. Und wieder zeigten die Polarisationsmessungen an,
dass das Licht zu diesem späten Zeitpunkt linear polarisiert war: Auch die
eigentliche Sternexplosion war also extrem asymmetrisch," so Greiner.
"Unsere ausgedehnten Polarisationsmessungen lassen nun erstmals Rückschlüsse
über die Struktur des Magnetfeldes im Jet zu. Offenbar können sich die zwei
senkrecht zueinander stehenden Komponenten des Magnetfeldes in dem Jet um nicht
mehr als 10 Prozent voneinander unterscheiden, zum Beispiel in Form einer in
sich verwundenen Spirale," sagt Jochen Greiner. Doch noch sind die Forscher von
einem detaillierten Verständnis der beobachteten Polarisationslichtkurve weit
entfernt. So sind die vorliegenden Daten zu GRB 030329 mit nur einem Jet und
konstantem Öffnungswinkel nicht vereinbar. Die Wissenschaftler vermuten deshalb,
es könnten in diesem Fall auch zwei Jets im Spiel gewesen sein, ein extrem
schneller und sehr schmal gebündelter Jet, der den GRB erzeugte, und ein
breiterer und langsamerer Jet, der die Afterglow-Lichtkurve dann nach einigen
Tagen dominierte.
|
|
|
|
|