GAMMA-RAY-BURSTS
Alles
spricht für eine Hypernova
von Stefan
Deiters
astronews.com
19. Juni 2003
Ein sehr heller
Gamma-Ray Burst am 29. März 2003 könnte sich als wahrer Glücksfall für
die Forschung erweisen: Detaillierte Beobachtungen unmittelbar nach diesem
Ausbruch im Gammastrahlen-Bereich deuten nämlich darauf hin, dass es eine
eindeutige Verbindung zwischen einer gewaltigen Hypernova-Explosion und dem
Burst gibt.

Das Nachglühen des Gamma-Ray Bursts GRB 030329 in zwei Aufnahmen
vom 3. April und 1. Mai 2003.
Fotos: ESO
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Gamma-Ray Bursts
gehören wohl zu den zur Zeit am meisten erforschten Phänomenen am Himmel: Sie scheinen viele Hundert Mal heller als eine Supernova-Explosion, sind recht häufig, treten aber ohne Vorwarnung auf. Der eigentliche Ausbruch
im Gammastrahlen-Bereich kann nach Bruchteilen einer Sekunde zu Ende sein, aber
auch bis 100 Sekunden andauern. Erstmals wurden diese Gammastrahlen-Ausbrüche in
den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts aufgespürt, aber erst in den letzten Jahren
gelang es, die Region ausfindig zu machen, aus denen der Gammastrahlen-Ausbruch
jeweils stammt. Entscheidend ist dabei, dass einem das möglichst schnell
gelingt, denn hier lässt sich meist für einige
Zeit ein Nachglühen in weniger energetischen Wellenlängenbereichen, etwa im
Röntgenbereich oder im sichtbaren Licht, beobachten.
Am 29. März
2003 entdeckte der High Energy Transient Explorer (HETE-II) der NASA
einen recht hellen Gamma-Ray Burst. Das optische Nachglühen wurde bald
von Australien aus und schließlich auch mit den Teleskopen des Very Large
Telescope der ESO in Chile verfolgt. Es stellte sich heraus, dass das den
Burst verursachende Ereignis in rund 2.650 Millionen Lichtjahren Entfernung
stattgefunden haben muss. Damit handelt es sich bei GRB030329 um den uns am
dichtesten gelegenen normalen Gammastrahlen-Ausbruch und damit um eine
willkommene Gelegenheit, alle möglichen Theorien über dieses energiereichen
Ereignisse zu überprüfen.
Ein Team
von Astronomen standen dazu die leistungsstarken Kameras und Spektrographen FORS
1 und 2 am Very Large Telescope der ESO zur Verfügung, mit dem sie einen
Monat lang das Nachglühen des Gamma-Ray Bursts regelmäßig verfolgten. In
der heutigen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature legten die Forscher
nun die Ergebnisse ihrer Analysen vor: 27 Autoren aus insgesamt 17 Instituten
berichten unter Leitung des dänischen Astronomen Jens Hjorth, dass sie nunmehr
einen unwiderlegbaren Beweis dafür gefunden hätten, dass der Gamma-Ray Burst
und eine so genannte Hypernova-Explosion eines sehr massereichen Sterns
zusammenhängen.
Bei Hypernovae handelt es sich um sehr seltene Ereignisse, die
eventuell durch die Explosion eines so genannten Wolf-Rayet-Sterns verursacht
werden könnten. Diese Sterne hatte am Anfang ihrer Entwicklung eine Masse von
über 25 Sonnenmassen und bestanden hauptsächlich aus Wasserstoff. In der so
genannten Wolf-Rayet-Phase haben sie ihre äußeren Hüllen verloren und bestehen
nur noch aus Helium, Sauerstoff und aus noch schwereren Elementen, die durch
Kernfusionsprozesse entstanden sind.
"Wir
haben auf ein solches Ereignis lange Zeit gewartet", freut sich Jens Hjorth.
"Dieser Gamma-Ray Burst hat uns wirklich die Information verschafft, die
noch gefehlt hat. Dank der detaillierten Spektren können wir jetzt nachweisen,
dass dieser Gammastrahlen-Ausbruch und möglicherweise auch andere lange
Gamma-Ray Bursts durch den Kernkollaps eines massereichen Sterns verursacht
wurden. Alle anderen Theorien erscheinen jetzt sehr unwahrscheinlich."
Doch was
geschah nun wirklich am 29. März vor 2.650 Millionen Jahren? Schon tausend Jahre
vor der verheerenden Explosion ging einem sehr massereichen Stern der Vorrat an
Wasserstoff aus, den er bisher zur Energieerzeugung verwendet hatte. Er verlor
seine äußeren Hüllen und wurde zu einem Wolf-Rayet-Stern, einem rund zehn
Sonnenmassen schweren Objekt, das nur aus Helium, Sauerstoff und noch schweren
Elementen besteht und bläulich leuchtet.
In den
folgenden Jahren verbrannte der Stern alle vorhandenen Reste an Brennstoff, bis
es schließlich zu dem Ereignis kam, das die Hypernova verursachte: Der innere
Kern des Sterns kollabierte, ohne dass die äußeren Bereiche zunächst etwas davon
mitbekamen. Ein schwarzes Loch entstand, in das Materie in einer Scheibe hineinspiralte. Innerhalb weniger Sekunden entstanden gewaltige Materieströme,
so genannte Jets, die vom Schwarzen Loch wegschossen. Diese Jets drangen nun
durch die äußere Hülle des Sterns und zerstörten - zusammen mit gewaltigen um
das Schwarze Loch entstandenen Winden - den Stern komplett: eine Hypernova. Die
Gammastrahlen entstanden, als das Material des Jets auf das Material in der
Umgebung des Stern traf.
Mit
diesem so genannten Kollapsar-Modell ist das Geheimnis der Gamma-Ray Bursts
allerdings noch nicht komplett gelöst: Zwar scheint nunmehr sicher zu sein, dass
lange Gammastrahlen-Ausbrüche mit einem Kollaps und einer Hypernova zu tun
haben, allerdings ist immer noch unklar was kurze Gamma-Ray Burst
verursachen könnte, die nur etwa zwei Sekunden dauern. Es bleibt also spannend.
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