Dank eines Zufalls konnten amerikanische Wissenschaftler
erstmals die Stoßwelle einer Explosion beobachten, die mit einem Gamma-Ray-Burst
in Zusammenhang steht. Sie machten sich dabei den Gravitationslinsen-Effekt zu
Nutze, der aus Einsteins Relativitätstheorie folgt. Die Ursache der
gewaltigen Ausbrüche im Gammastrahlen-Bereich bleibt allerdings
weiterhin ungeklärt.
Eine gehörige Portion Glück kam den Astronomen vom Harvard-Smithonian
Center for Astrophysics zur Hilfe, als sie sich mit dem Objekt
GRB 000301C beschäftigten, das - wie die Nummerierung vermuten
lässt - im März dieses Jahres entdeckt wurde. GRB 000301C liegt
nämlich quasi auf halben Weg zur anderen Seite des sichtbaren
Universums und hätte eigentlich so detailliert gar nicht beobachtet
werden können. Doch die Wissenschaftler sahen einen kleinen sich
schnell ausbreitenden Ring, was exakt ihren Erwartungen entsprach.
"Diese Entdeckung sah genau so aus, was wir uns schon immer
eine Stoßwelle eines Gamma-Ray-Bursts vorgestellt
hatten", erläuterte Peter Garnavich von der Universität von
Notre-Dame. "Die Fähigkeit eine Explosion in dieser Entfernung
aufzulösen, ist wirklich recht beeindruckend."
Gamma-Ray-Bursts beschäftigten die Astronomen schon seit Ende der 60er Jahre.
Durchschnittlich findet ein solcher kurzzeitiger und energiereicher
Strahlungsausbruch einmal täglich irgendwo am Himmel statt. Woher sie
kommen, ist bis heute ungeklärt, doch glauben mittlerweile die meisten
Wissenschaftler, dass die Gamma-Ray-Bursts ihren Ursprung
außerhalb unserer eigenen Galaxis haben.
Dass den Forschern die Beobachtung einer ringförmigen Struktur
gelang, die von einem Gamma-Ray-Burst ausgeht, ist
ungeheures Glück: Es gelang nur durch den sogenannten
Mikrolensing-Effekt, wonach nach Einsteins Relativitätstheorie das
Licht eines entfernten Objektes durch die Gravitationswirkung eines
Objektes verstärkt wird, das gerade die Sichtlinie zu dem
entfernten Objekt durchläuft. "Mikrolensing-Ereignisse
beobachtet man gewöhnlich in unserer eigenen Galaxis", sagte
Kris Stanek vom Harvard Smithonian Center for Astrophysics.
"Hier wurde der Effekt erstmals bei einem entfernten Gamma-Ray-Burst
gesehen."
Die Astronomen konnten dank dieser besonderen Konstellation nicht
nur bestätigen, dass es eine ringförmige Stoßwelle um den Ort
des Gamma-Ray-Bursts gibt, sie konnten auch Aussagen über
das Objekt machen, das für die Lichtverstärkung verantwortlich
ist. Es handelt sich dabei vermutlich um einen Stern, der nur rund
halb so groß wie unsere Sonne ist.
Die genaue Berechnung, wie eine Gamma-Ray-Burst-Stoßwelle
aussehen würde, ist nicht ganz trivial: Durch die gewaltige
Explosion, die den Burst verursacht, dehnt sich die Welle mit
nahezu Lichtgeschwindigkeit aus. Für einen Beobachter bedeutet das
in diesem Fall, dass er - nach der speziellen Relativitätstheorie -
eine Stoßwelle sehen wird, die sich mit Überlichtgeschwindigkeit
ausbreitet. Und genau dieses haben die gemessenen Daten bestätigt.
Wegen der enormen Entfernung erscheint der sich ausbreitende Ring
trotzdem winzig klein, so dass selbst das Hubble-Weltraumteleskop
hier keine direkte Beobachtung machen kann. Um diese Stoßwelle
direkt zu sehen, müsste ein Teleskop einen Ehering in über drei
Millionen Kilometer Entfernung ausmachen - oder ein normal
gedrucktes kleines "o" auf dem Mond entziffern
können.