Komet ähnelt einem Quietscheentchen
Redaktion
/ Pressemitteilungen des DLR und des MPS astronews.com
17. Juli 2014
Verblüffung bei den Astronomen: Neue Bilder der europäischen Raumsonde Rosetta von ihrem
Zielkometen 67P/Churyumov-Gerasimenko zeigen ein Objekt, das aus zwei deutlich
unterscheidbaren Teilen zusammengesetzt zu sein scheint und etwas an ein Quietscheentchen
erinnert. Eine solche Form war bei einem Kometen bislang noch nicht beobachtet
worden.
Die Form von Komet Churyumov-Gerasimenko ist
besonders ungewöhnlich: Diese 36 kombinierten und
interpolierten Bilder der OSIRIS-Kamera wurden am
14. Juli 2014 im Abstand von 20 Minuten
aufgenommen und zeigen, dass der Komet aus zwei
miteinander verbundenen Teilen besteht.
Bild: ESA / Rosetta / MPS für OSIRIS Team
(MPS / UPD / LAM / IAA / SSO / INTA / UPM / DASP
/ IDA) |
Dass Kometen unregelmäßig und eher kartoffelähnlich geformt sind, ist bekannt
- doch der Komet Churyumov-Gerasimenko, den die europäische Sonde Rosetta gerade
ansteuert und auf dem Lander Philae im November 2014 landen soll, hat eine
unerwartete Gestalt: Der Komet besteht aus zwei miteinander verbundenen Teilen.
Dies zeigen Bilder der OSIRIS-Kamera an Bord der ESA-Sonde Rosetta, die aus
14.000 Kilometern Entfernung aufgenommen wurden.
"Diese Form ist sehr überraschend für uns", sagt Kometenforscher Dr. Ekkehard
Kührt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Seit 30 Jahren
erforscht der Projektleiter für die wissenschaftlichen DLR-Experimente auf Sonde
und Lander diese Himmelskörper. "Aber sie ist durchaus plausibel: Kometen sind
während der Bildung unseres Planetensystems weit ab von der Sonne durch die
Zusammenstöße von kleineren Bausteinen entstanden." Welche Auswirkungen die
ungewöhnliche Form des Kometen auf die Landung hat, kann derzeit noch nicht
abgeschätzt werden.
Weniger als 10.000 Kilometer sind Sonde Rosetta und Lander
Philae derzeit noch von ihrem Ziel entfernt. Bisher war 67P/Churyumov-Gerasimenko
für die Wissenschaftler ein Unbekannter: Lediglich Aufnahmen aus großer
Entfernung wie beispielsweise mit dem Weltraumteleskop Hubble oder
erste Bilder der OSIRIS- sowie der Navigationskamera vermittelten eine
Vorstellungen, was auf Orbiter und Sonde zukommt. Bisherigen Schätzungen zufolge
ist der Himmelskörper etwa drei mal fünf Kilometer groß. Dass
Churyumov-Gerasimenko aber aus zwei deutlich unterscheidbaren Teilen besteht,
überrascht alle.
"Die zwei Bausteine sind sehr wahrscheinlich bei der Entstehung vor 4,5
Milliarden Jahren mit geringer Geschwindigkeit zusammengestoßen, aneinander
haften geblieben und haben ihren Weg seitdem gemeinsam fortgesetzt", vermutet
Kührt. "Für die Wissenschaft ist jetzt natürlich sehr spannend, ob sich die
beiden Bestandteile in ihrer Zusammensetzung unterscheiden." Stammen die beiden
Teile aus unterschiedlichen Regionen, könnten sie auch unterschiedliche
Strukturen aufweisen.
"Dieser Komet scheint völlig anders zu sein als jeder andere, den wir zuvor
gesehen haben", bestätigt auch OSIRIS-Projektmanager Carsten Güttler vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS). "Die Bilder erinnern mich
vage an ein Quietscheentchen", fügt er lachend hinzu. Um einen genaueren
Eindruck von diesem einzigartigen Körper zu erhalten, interpolieren die Forscher
die aufgenommen Bilddaten. Das erzeugt eine geglättete Form. "Solch prozessierte
und gefilterte Aufnahmen enthalten aber natürlich noch Unsicherheiten. Zudem
wird die Oberfläche des Kometen in Wirklichkeit nicht so glatt sein, wie sie
sich in solchen Rechnungen darstellt", erklärt Güttler.
In den nächsten Monaten werden die Wissenschaftler aus geringerer Nähe mehr
über den Kometen erfahren. "Für die Landung ist es vor allem wichtig zu wissen,
wie der Komet im Detail aussieht und wie genau die beiden Teile miteinander
zusammenhängen", sagt Dr. Koen Geurts, Ingenieur am Lander-Kontrollzentrum des
DLR in Köln. Diese Informationen fließen in die Planung der Flugbahn von
Raumsonde Rosetta ein - und deren Bahn und Höhe hat wiederum
Auswirkungen auf die Landung von Philae, bei der zum ersten Mal
überhaupt ein Landegerät auf einem Kometen aufsetzt und vor Ort Messungen
durchführt. "Bisher sieht es immerhin so aus, als gäbe es auch größere und
flache Regionen auf dem Kometen."
Zumindest die Stelle, an der beide Teile miteinander verbunden sind, kommt
als Landeplatz aber sehr wahrscheinlich nicht in Frage. Neben einem geeigneten,
möglichst flachen Terrain sollte an dem Landeplatz auch ein Tag- und
Nachtrhythmus herrschen, damit zum einen Lander Philae stundenweise
ohne Sonneneinstrahlung abkühlen kann und zum anderen die wissenschaftliche
Forschung unter verschiedenen Bedingungen ablaufen kann. Auch die regelmäßige
Verbindung zur Raumsonde Rosetta ist für das Lander-Team notwendig, um
aufgezeichnete Daten zur Erde senden und die Datenspeicher leeren zu können.
"Diese Bedingungen sind zurzeit noch kaum abzuschätzen."
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