Die Entstehung von Arrokoth
von
Stefan Deiters astronews.com
14. Februar 2020
Anfang 2019 flog die Plutosonde New Horizons am
inzwischen Arrokoth getauften Kuipergürtel-Objekt 2014 MU69 vorüber und lieferte
die ersten Detailaufnahmen einer so weit entfernten Welt. Seitdem überträgt die
Sonde die Daten des Vorüberflugs. Deren Auswertung ergab nun interessante Hinweise
auf die Entstehungsgeschichte Arrokoths und von Planetesimalen.
Farbaufnahme des Kuipergürtel-Objekts (486958) Arrokoth,
basierend auf Daten der Sonde New Horizons.
Bild: NASA / Johns
Hopkins University Applied Physics Laboratory / Southwest
Research Institute / Roman Tkachenko [Großansicht] |
Vor etwas mehr als 13 Monaten flog die Sonde New Horizons am Kuipergürtel-Objekt
2014 MU69 vorüber und lieferte erstmals Nahaufnahmen von einer solchen Welt im
äußeren Sonnensystem. 2014 MU69 wurde inzwischen offiziell Arrokoth getauft, was
"Himmel" in der Sprache der Powhatan bedeutet, eines
Indianerstamms im Norden Amerikas. Seit Januar 2019 überträgt New Horizons nun
die Daten des Vorüberflugs, jetzt wurden erste detaillierte Auswertungen des
Materials vorgestellt.
"Arrokoth ist das entfernteste, ursprüngliche und reinste Objekt, das je von
einer Raumsonde untersucht wurde, von daher war uns klar, dass es uns eine
einmalige Geschichte erzählen kann", so Alan Stern vom Southwest Research
Institute, der verantwortliche Wissenschaftler von New Horizons. "Es verrät uns,
wie sich einst Planetesimale gebildet haben und wir glauben, dass die Ergebnisse
einen wichtigen Fortschritt bei unserem Verständnis der Entstehung von Planetesimalen und Planeten darstellen." Als Planetesimale bezeichnet die
Astronomie die Vorläufer und Bausteine von Planeten.
Die ersten Aufnahmen, die New Horizons im vergangenen Jahr zur Erde funkte,
hatten bereits gezeigt, dass es sich bei Arrokoth um ein Objekt handelt, das aus
zwei Teilen besteht, eine flache Oberfläche hat und eine vermutlich einheitliche
Zusammensetzung, was auf einen sehr ursprünglichen Zustand von Arrokoth hindeuten könnte. Die
Auswertung von immer detaillierteren Daten bestätigte dann dieses Bild: Die
beiden Komponenten von Arrokoth dürften sich danach separat, aber in relativer
Nähe zueinander gebildet und sich zunächst umkreist haben. Sie haben sich dann
allmählich angenähert und verbunden, wodruch das heutige, etwa 35 Kilometer lange
Objekt entstand.
Für die Wissenschaftler deutet dies darauf hin, dass sich Arrokoth, bzw.
seine Komponenten, durch den gravitativen Kollaps einer Teilchenwolke im
ursprünglichen solaren Nebel bildeten und nicht etwa - so eine konkurrierende
Theorie über die Entstehung von Planetesimalen - durch hierarchische Akkretion.
Bei dieser kommt es zu Kollisionen von Partikeln mit hoher Geschwindigkeit,
während beim Kollaps einer Partikelwolke das Wachstum sanfter verläuft. Als
solaren Nebel bezeichnet man die ursprüngliche Wolke aus Gas und Staub, aus der
sich die Sonne und dann auch die Planeten bildeten.
Unterstützt wird diese These durch die gleichförmige Farbe und
Zusammensetzung von Arrokoth: Das Modell der hierarchischen Akkretion würde eine
Mischung von Materialien aus verschiedenen Bereichen des solaren Nebels
vorhersagen. "Arrokoth sieht aus wie ein Objekt, das langsam zu dem wurde, was
es heute ist und zwar aus lokalem Material des solaren Nebels", unterstreicht
Will Grundy vom Lowell Observatory, der auch zum New-Horizons-Team gehört. "Ein
Objekt wie Arrokoth würde ganz anders aussehen, wenn es in einem mehr
chaotischen Akkretrionsprozess entstanden wäre."
"Alle Beweise, die wir finden konnten, weisen auf den Kollaps einer
Partikelwolke hin und schließen das Modell der hierarchischen Akkretion für die
Entstehung von Arrokoth aus und im Rückschluss auch für andere Planetesimale",
unterstreicht Stern. Die neuen Erkenntnisse über Arrokoth wurden gestern auf
einer Tagung der American Association for the Advancement of Science in
Seattle vorgestellt und sind in drei Fachartikeln beschrieben, die in der
Zeitschrift Science veröffentlicht wurden.
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