Rekordexplosion fasziniert Astronomen
von Stefan Deiters astronews.com
25. März 2008
Der NASA-Satellit Swift hat in der vergangenen
Woche eine Explosion registriert, die einen ganz besonderen Rekord aufgestellt
hat: Es handelte sich bei ihr um das am weitesten entfernte Objekt oder
Ereignis, das mit bloßem Auge beobachtet werden konnte. Ursache für das
ungewöhnliche Aufleuchten am 19. März war ein sogenannter Gamma-Ray-Burst -
einer von insgesamt vier, die der Satellit an jenem Tag registrierte.

Das Nachglühen von GRB 080319B aufgenommen mit
Swifts Röntgenteleskop (oben) und dem
Optischen/UV-Teleskop des Satelliten (unten).
Bilder: NASA / Swift /Stefan
Immler, et al.
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Gamma-Ray-Bursts, also gewaltige Strahlungsausbrüche im
Gammastrahlen-Bereich, werden von den Astronomen in der Regel mit dem Ende eines
massereichen Sterns in Verbindung gebracht. Wenn die Riesensterne zum Schwarzen
Loch oder zu einem Neutronenstern kollabieren geben sie gewaltige Mengen an
Gammastrahlen ab und schleudern darüber hinaus Teilchen mit hoher
Geschwindigkeit ins All. Treffen die dann auf Gas und interstellare Staubwolken
in der Umgebung, werden diese zum Leuchten angeregt. Die Wissenschaftler
sprechen vom Nachglühen eines Gamma-Ray-Bursts.
Gamma-Ray-Bursts sind die hellsten Explosionen im Universum seit dem Urknall.
Sie lassen sich nicht vorhersagen und tauchen unvermittelt am Himmel auf, so
dass sich inzwischen ein Alarmierungsnetzwerk aus Satelliten und Teleskopen
gebildet hat, das beim Erscheinen eines solchen Gamma-Ray-Bursts möglichst viele
Beobachtungen ermöglichen soll, um mehr über das Nachglühen und somit
hoffentlich auch über die Ursache des Bursts zu erfahren.
Obwohl Gamma-Ray-Bursts nicht selten sind, war doch der Ausbruch am
vergangenen Mittwoch etwas ganz Besonderes: "Dieser Burst war schon ein
Mordsding", meint auch Neil Gehrels vom NASA Goddard Space Flight Center,
der als Chefwissenschaftler für den Satelliten Swift zuständig ist.
"Er hat jeden anderen Gamma-Ray-Burst den wir bisher beobachtet haben, ohne
weiteres in den Schatten gestellt."
Das Burst Alert Telescope von Swift hatte den Ausbruch am
Morgen des 19. März im Sternbild Bärenhüter ausgemacht und schnell andere
Teleskope zur Beobachtung des Nachglühens alarmiert. Der Burst trägt den Namen
GRB 080319B, weil es sich um den zweiten Ausbruch im Gammastrahlen-Bereich
handelt, der an diesem Tag entdeckt wurde. Viele Teleskope auf der Erde konnten
verfolgen, wie das Nachglühen des Bursts heller und heller und schließlich kurz
zu einem Objekt zwischen fünfter und sechster Größenklasse wurde. Je heller ein
Objekt ist, desto geringer ist seine Größenklasse oder Magnitude. Von dunklen
Stellen aus kann man Objekte bis zu etwa sechster Größenklasse mit bloßem Auge
sehen. Das Nachglühen von GRB 080319B wäre also unter optimalen Bedingungen ohne
Hilfsmittel zu beobachten gewesen.
Noch am gleichen Tag bestimmten das Very Large Telescope der
europäischen Südsternwarte ESO in Chile sowie das Hobby-Eberly Telescope
in Texas die Rotverschiebung des Gammastrahlen-Ausbruchs und ermittelten daraus
die Entfernung des Bursts: 7,5 Milliarden Lichtjahre. Damit ereignete sich GRB
080319B also zu einer Zeit zu der das Universum weniger als halb so alt war wie
es heute ist. Die Erde existierte damals noch gar nicht.
"Kein anderes Objekt oder keine andere Explosion in so einer Entfernung hat
man je mit bloßem Auge erkennen können", unterstreicht Stephen Holland vom
Goddard Space Flight Center der NASA die Besonderheit von GRB 080319B.
"Wenn jemand gerade zum richtigen Zeitpunkt an die richtige Stelle geschaut hat,
konnte er das am weitesten entfernte Objekt sehen, das jemals ohne Hilfsmittel
beobachtet wurde."
Das Nachglühen von GRB 080319B war etwa 2,5-Millionen-Mal heller als die
hellste bislang beobachtete Supernova-Explosion. Es ist damit das hellste
Objekt, das jemals von Menschen im Universum beobachtet wurde. Bisheriger
Rekordhalter für das am weitesten entfernte Objekt, das mit bloßem Auge gesehen
werden kann ist die nahe Galaxie M33, die allerdings lediglich 2,9 Millionen
Lichtjahre von der Erde entfernt ist.
Die Astronomen machen sich nun an die Auswertung der Beobachtungsdaten und
wollen natürlich herausbekommen, warum der Gamma-Ray-Burst so hell war. Eine
Möglichkeit wäre, dass es mit der Masse, der Drehung oder dem Magnetfeld des
explodierten Sterns zu tun haben könnte. Eine Alternative Erklärung wäre, dass
das Licht des Burst gebündelt abgestrahlt wurde und dies zufällig in Richtung
Erde.
GRB 080319B war einer von insgesamt vier Gamma-Ray-Bursts, die Swift
an jenem Tag entdeckte - ein Rekord für den Satelliten. "Es ist schon
faszinierend, dass am Todestag von Arthur C. Clarke das Universum offenbar von
Gammastrahlen-Ausbrüchen erleuchtet wurde", meint Swift-Teammitglied
Judith Racusin von der Penn State University. Der Science Fiction-Autor
Arthur C. Clarke, auf dessen Kurzgeschichte der Film "2001: Odyssee im Weltall"
basiert, war am vergangenen Mittwoch in einem Krankenhaus auf Sri Lanka
gestorben.
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