Rosetta verfolgte Aufwachen einer Staubfontäne
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
21. April 2015
Mit Annäherung an die Sonne wird der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko
immer aktiver. Auf aktuellen Bildern sind Staubfontänen zu erkennen und der Kern ist in
eine dichte Koma aus Gas und Staub gehüllt. Nun konnte Rosetta sogar das
Aufwachen einer Staubfontäne verfolgen. Die Sonde hatte zum richtigen Zeitpunkt
an die richtige Stelle geschaut.
Ein Blick auf den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
im genau richtigen Moment. Oben: Am 12. März 2015
um 7.13 Uhr sind keine Staubfontänen an der
verschatteten Unterseite des Kometen zu sehen.
Unten: Zwei Minuten später zeigt sich deutlich
eine Fontäne. Beide Aufnahmen stammen von OSIRIS,
dem wissenschaftlichen Kamerasystem der
ESA-Raumsonde Rosetta.
Bild: ESA / Rosetta / MPS for OSIRIS Team
(MPS / UPD / LAM / IAA / SSO / INTA / UPM / DASP
/ IDA) [Großansicht] |
Manchmal hängt alles davon ab, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu
sein. Oder - wie im Fall der ESA-Raumsonde Rosetta - zum exakt
richtigen Zeitpunkt die Augen zu öffnen. Mitte März konnte OSIRIS, das
wissenschaftliche Kamerasystem an Bord der Raumsonde, den flüchtigen Moment
einfangen, in dem am Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko eine neue Staubfontäne
zum Leben erwacht. Die entsprechenden Aufnahmen werten Forscher des OSIRIS-Teams
nun aus.
In den vergangenen Wochen hat die Aktivität des Rosetta-Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
stetig zugenommen. Je wärmer der Kometenkern auf seiner Reise in Richtung Sonne
wird, umso mehr gefrorenes Gas verdunstet von seiner Oberfläche und reißt
Staubteilchen mit sich. Mittlerweile hüllt sich der Kern in eine dichte Koma aus
Staub und Gas; auf der Tagseite des Kometen strömen ständig Staubfontänen ins
All.
Die beiden Aufnahmen, die gestern veröffentlicht wurden, zeigen zum ersten
Mal das Entstehen einer solchen Fontäne. Sie wurden am 12. März dieses Jahres
aus einer Entfernung von 75 Kilometern aufgenommen. In der ersten Aufnahme von
7.13 Uhr umrahmen mehrere Staubfontänen strahlenartig die obere, von der Sonne
beleuchtete Kometenseite. Die dunkle Unterseite zeigt keinerlei solche
Strukturen.
Zwei Minuten später hat sich das Bild allerdings geändert: Ein Fontäne,
aufgefächert in eine deutlich erkennbare Feinstruktur, ist an der Unterseite
entstanden. "Dies war ein absoluter Zufallsfund", freut sich Holger Sierks vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen, Leiter des
OSIRIS Teams. "Noch niemals zuvor ist jemand Zeuge davon geworden, wie eine
Staubfontäne erwacht. Es ist unmöglich, eine solche Aufnahme zu planen."
Aus den Aufnahmen konnten die Forscher die Geschwindigkeit, mit der die
Staubteilchen ins All fliegen, auf mindestens acht Meter pro Sekunde bestimmen.
Dafür verfolgten die Wissenschaftler Helligkeitsschwankungen in der Fontäne.
Messungen mit Rosettas GIADA-Instrument hatten zuvor ähnliche
Geschwindigkeiten für Staubteilchen ergeben.
Erstaunlicherweise nimmt die neugeborene Staubfontäne ihren Ursprung an der
verschatteten Unterseite des Kometen nahe der Mitte der Imhotep Region. Bisher
hatten Forscher Kometenaktivität nur auf der Tagseite von 67P beobachtet. "In
diesen Aufnahmen sehen wir die Imhotep Region kurz vorm Morgengrauen", erklärt
OSIRIS-Wissenschaftler Jean-Baptiste Vincent vom MPS. "Es ist möglich, dass die
ersten Sonnenstrahlen dort bereits auf einige Klippen oder Vorsprünge treffen,
die Rosetta von ihrem Blickwinkel nicht sehen kann."
Auslöser der Staubfontäne könnte aber auch eine andere, explosivere Art der
Kometenaktivität sein. Eine Hitzewelle könnte gefrorene Gase erreicht haben, die
unter der Oberfläche des Körpers verborgen sind. Beide Modelle der Aktivität
können die Forscher nun anhand der neuen Aufnahmen testen. Nach 7.17 Uhr konnte
OSIRIS die neu entstandene Staubfontäne nicht weiter beobachten. Die Region
Imhotep war schon bald voll beleuchtet; einzelne Staubfontänen ließen sich in
der überbelichteten Koma nicht mehr ausmachen.
Es ist deshalb unklar, ob Rosetta die Geburtsstunde einer
kontinuierlichen Fontäne miterlebt hat oder einen kurzzeitigen Ausbruch.
"Normalerweise sind die Staubfontänen von 67P recht langlebig", sagt Vincent,
der die Aktivität des Kometen in den vergangenen Monaten verfolgt und untersucht
hat. "Die meisten von ihnen sind eine halbe Komentenumdrehung lang zu sehen, bis
ihre Ursprungsregion die Nachtseite erreicht. In der nächsten Umdrehung tauchen
sie dann wieder auf."
Die Wissenschaftler glauben dennoch, dass auch eruptive Ausbrüche auftreten
können. Einer von ihnen könnte die ersten Anzeichen einer Kometenkoma am 30.
April 2014 erzeugt haben. Zu diesem Zeitpunkt erstreckte sich die Koma über
1.800 Kilometer – und verschwand nach einigen Wochen wieder.
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