Stickstoff um den Rosetta-Kometen
Redaktion
/ Pressemitteilungen der Universität Bern astronews.com
20. März 2015
Mithilfe der Kometensonde Rosetta ist es gelungen,
erstmals Stickstoffgas in der Umgebung eines Kometen nachzuweisen. Die
Entdeckung bezeichnet das Team des Massenspektrometers ROSINA an Bord der Sonde
als eine der Schlüsselmessungen des Instruments. Von den Daten erhoffen sich die
Forscher neue Erkenntnisse über die Entstehung des Sonnensystems.
Molekularer Stickstoff, N2, ist der Hauptbestandteil der
Erdatmosphäre und findet sich auch in den Atmosphären und den Oberflächen von
Pluto und dem Neptun Mond Triton. Von N2 nimmt man auch an, dass es
sich während der Entstehung unseres Sonnensystems um die häufigste Form des
Stickstoffes handelte.
Martin Rubin vom Physikalischen Institut der Universität Bern und seinem Team
ist es nun gelungen, dieses "meistgesuchte" Molekül, wie er es nennt, zum ersten
Mal in der Koma, also in der Atmosphäre eines Kometen, nachzuweisen. "Obwohl man
annimmt, dass Kometen wie in der selben Region wie Triton und Pluto
entstanden sind, war es bisher nicht möglich, den molekularen Stickstoff in
ihnen nachzuweisen", erläutert Rubin, "denn im Eis des Kometen kann nur sehr
wenig N2 eingefangen und gespeichert werden. Um diese geringen Mengen
zu messen, waren Auflösungsvermögen und Sensitivität der bisherigen
Beobachtungsinstrumente einfach nicht hoch genug."
Das Team um Rubin konnte die Messungen mit Hilfe des Massenspektrometers
ROSINA durchführen. Das an der Universität Bern entwickelte Instrument befindet
sich auf der ESA-Sonde Rosetta, die seit August 2014 den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
begleitet und dabei gründlich erforscht. "ROSINA hat die nötige Auflösung, um
Moleküle mit beinahe gleicher Masse zu unterscheiden; also etwa molekularen
Stickstoff und Kohlenmonoxid", erklärt Rubin. "Es ist eine große Genugtuung,
dass ein Instrument, das vor mehr als 20 Jahren geplant und gebaut wurde,
endlich genau die Daten liefert, auf die man so lange gewartet hat. Dies ist
eine der Schlüsselmessungen von ROSINA."
Die Messungen des molekularen Stickstoffs deuten darauf hin, dass der Komet
in einer sehr kalten Region unseres Sonnensystems entstand. "Die Menge an
molekularem Stickstoff, den Kometen wie 'Chury' zur Erde gebracht haben können,
ist viel geringer als die anderer stickstoffhaltiger Moleküle wie Ammoniak",
sagt ROSINA-Chefwissenschaftlerin Kathrin Altwegg. Ihrer Meinung nach, ist dies
ein weiteres Indiz dafür, dass Kometen aus der Jupiter-Familie, der auch 67P/Churyumov-Gerasimenko
angehört, weder für das irdische Wasser noch für Gase wie N2 die
Hauptquelle sein dürften.
Die Weltraumforscherin und ihr Team haben vor kurzem herausgefunden, dass
sich das Verhältnis von Deuterium, also schwerem Wasserstoff, zu Wasserstoff im
Wasser des Kometen deutlich von dem auf der Erde unterscheidet (astronews.com
berichtete). Dies deutet darauf hin, dass das irdische Wasser einen anderen
Ursprung hat. "Wie die Herkunft des Wassers, war der fehlende molekulare
Stickstoff in Kometen eine der offenen Fragen der Giotto-Mission zum
Kometen 1P/Halley vor fast 30 Jahren", erklärt Altwegg. "Es erfüllt mich mit
großer Genugtuung, diese Frage heute beantworten zu können."
Matt Taylor, wissenschaftlicher Leiter von Rosetta bei der ESA,
nennt die Entdeckung des molekularen Stickstoffs "ein weiteres Puzzle-Teilchen"
bei der Untersuchung darüber, welche Rolle Kometen der Jupiter-Familie bei der
Entwicklung unseres Sonnensystems spielten. "Aber das Puzzle ist damit bei
weitem noch nicht komplett", so der Wissenschaftler. "Rosetta und 'Chury' sind
noch etwa fünf Monate vom sonnennächsten Punkt ihrer Umlaufbahn entfernt. Wir
werden nun beobachten, wie sich die Zusammensetzung der Gase während der
Annäherung ändert und daraus versuchen, weitere Schlüsse über die Vergangenheit
dieses Kometen zu ziehen."
Über ihre Messungen berichten die Wissenschaftler jetzt in der
Fachzeitschrift Science.
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