Oberfläche zu heiß für Eis
Redaktion
/ Pressemitteilungen des DLR astronews.com
4. August 2014
Wissenschaftler haben Ende vergangener Woche erste
Temperaturmessungen des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko vorgestellt: Mit rund
minus 70 Grad Celsius ist es dort vermutlich zu warm für eine vollständig mit
Eis bedeckte Oberfläche. Auch ein neues Bild des Zielkometen der ESA-Mission
Rosetta wurde am Wochenende veröffentlicht.
Der Kern des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko
am 1. August 2014 aus einer Entfernung von 1.000
Kilometern.
Bild: ESA / Rosetta / MPS für OSIRIS Team
(MPS / UPD / LAM / IAA / SSO / INTA / UPM / DASP
/ IDA) [Großansicht] |
Was auf der Erde für Kälterekorde steht, ist für einen Kometen aus Staub und
Eis noch längst nicht der Tiefpunkt: Gerade einmal minus 70 Grad Celsius haben
die Wissenschaftler des Instruments VIRTIS als durchschnittliche Temperatur für
den Kometen Churymov-Gerasimenko gemessen, auf dem im November 2014 das
Landegerät Philae unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) aufsetzen soll.
"Bei dieser Temperatur ist die Oberfläche des Kometen nicht vollständig mit
einer Eisschicht bedeckt, sondern mit einem dunklen, staubigen Material", weiß
DLR-Planetenforscherin Dr. Gabriele Arnold, die die deutschen wissenschaftlichen
Beiträge zu diesem Experiment leitet. Gemessen wurde die Temperatur von der
ESA-Sonde Rosetta aus, die am 6. August 2014 am Kometen ankommt.
Die Untersuchungen des Kometenkerns mit dem visuell-infraroten Spektrometer
VIRTIS fingen im Juli dieses Jahres an. Zu diesem Zeitpunkt waren Sonde und
Instrument noch zwischen 14.000 und 5.000 Kilometer vom Zielkometen entfernt und
so füllt der Komet nur wenige Pixel des Bildes aus. "Die Temperatur
repräsentiert deshalb einen Mittelwert über die sichtbare Kometenoberfläche."
Einzelne Regionen werden dabei nicht im Detail erfasst und können durchaus
mit Eis bedeckt sein. Mit dem Durchschnittswert von minus 70 Grad Celsius liegt
die Temperatur 20 bis 30 Grad über dem Wert, bei dem ein Komet komplett mit Eis
bedeckt wäre. Die Wissenschaftler des VIRTIS-Teams gehen deshalb davon aus, dass
die Oberfläche zum großen Teil mit einer Kruste aus dunklem Staub bedeckt ist,
die vom Sonnenlicht erwärmt wird und diese Energie im infraroten
Wellenlängenbereich wieder abstrahlt. DLR-Kometenforscher Dr. Ekkehard Kührt,
der ebenfalls an VIRTIS beteiligt ist, schlussfolgert aus ersten
Modellrechnungen: "Die relativ hohen Temperaturen legen nahe, dass die staubige
Oberfläche sehr rau sein muss".
"Mit der weiteren Annäherung der Rosetta-Sonde an den Kometen werden
von nun an kontinuierlich räumlich immer höher aufgelöste Bilder und die
entsprechenden Spektren aufgezeichnet", erläutert Dr. Gabriele Arnold. Dies wird
es den Wissenschaftlern ermöglichen, die Feinstruktur der Oberfläche des Kerns,
seine Zusammensetzung sowie physikalische Parameter wie Temperatur und
thermische Trägheit des Oberflächenmaterials zu untersuchen.
Spannend wird es dann vor allem, wenn Rosetta mit dem Instrument
VIRTIS an Bord den Kometen auf seinem Weg zur Sonne begleitet - noch ist der
Komet Churyumov-Gerasimenko 543 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt. Dann
soll VIRTIS die Zusammensetzung des Kerns und die täglichen Veränderungen der
Oberflächentemperatur in ausgewählten Regionen messen, um den Kometen und seinen
Aufbau besser zu verstehen. VIRTIS wird Informationen über die thermalen
Bedingungen und die stoffliche Struktur geeigneter Landeplätze liefern und
gemeinsam mit anderen Instrumenten helfen, den besten Landeplatz auszuwählen.
Die Mission Rosetta ist eine Mission der ESA mit Beiträgen von ihren
Mitgliedsstaaten und der der NASA. Rosettas Lander Philae wird
von einem Konsortium unter der Leitung von DLR, MPS, CNES und ASI beigesteuert.
VIRTIS (Visible, InfraRed and Thermal Imaging Spectrometer) ist das
visuell-infrarote Spektrometer an Bord der ESA-Sonde Rosetta. Es wird
Informationen zur Zusammensetzung des Kometenkerns liefern und die Verteilung
des Materials an der Oberfläche sowie der Gase und Moleküle in der Koma
kartieren.
VIRTIS wurde von einem Konsortium unter der wissenschaftlichen Leitung des
Istituto di Astrofisica e Planetologia Spaziali in Rom (Italien)
gebaut, das auch den wissenschaftlichen Betrieb leitet. Zum Konsortium gehören
das Laboratoire d’Études Spatiales et d’Instrumentation en Astrophysique
des Observatoire in Paris und das Institut für Planetenforschung
des DLR.
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