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Woher stammt das Wasser der Erde?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
11. Dezember 2014
Neue Daten der Raumsonde Rosetta, die gegenwärtig
den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko ins innere Sonnensystem begleitet, lassen
Zweifel daran aufkommen, ob wirklich Kometen für das Wasser auf der Erde
verantwortlich sein können. Der Wasserdampf des Rosetta-Kometen passt
nämlich nicht zum irdischen Wasser. Doch nicht nur das macht die Messungen
interessant.

Der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko am 20.
November 2014. Das Bild wurde aus vier Aufnahmen
der Navigationskamera von Rosetta
zusammengestellt.
Bild: ESA / Rosetta / NAVCAM -
CC BY-SA IGO 3.0 [Großansicht] |
Neue Messdaten der ESA-Mission Rosetta wecken Zweifel an der
Theorie, dass Kometen einst die Erde maßgeblich mit Wasser versorgten. Ein
internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Bern hat mit Hilfe
des Massenspektrometers ROSINA den Wasserdampf in der Umgebung des Rosetta-Kometen
67P/Churyumov-Gerasimenko untersucht. Die Zusammensetzung gleicht nicht der des
irdischen Wassers. Nach dem Kometen Halley ist der Rosetta-Komet erst
der zweite Schweifstern, für den solche Messungen nicht aus weiter Ferne,
sondern direkt vor Ort gelangen.
Kaum eine andere chemische Verbindung scheint so charakteristisch für unseren
blauen Planeten zu sein wie Wasser. Dennoch ist das feuchte Nass ein Zuwanderer:
In der Frühphase des Sonnensystems verdampften solche leicht flüchtigen Stoffe
aus dem inneren Planetensystem und konnten sich nur fern der Sonne weit jenseits
der Umlaufbahn des Mars anreichern.
Auf welchem Weg das Wasser später zurückkam, versuchen Forscher zu klären,
indem sie einen genauen Blick auf dessen molekulare Struktur werfen. Denn nicht
alle Wassermoleküle sind gleich. Auf der Erde kommt auf etwa 6400 "normale"
Vertreter ein Molekül, bei dem ein Wasserstoffatom durch das schwerere Isotop
Deuterium ersetzt ist. "Dieses Verhältnis könnte uns etwas über den Ursprung
irdischen Wassers verraten", erklären Axel Korth und Urs Mall vom
Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS), die auch an den
Untersuchungen beteiligt waren. "Es gilt, im Sonnensystem Körper zu finden, die
ähnliche Werte aufweisen."
Lange Zeit kamen hauptsächlich Asteroiden, die zwischen den Umlaufbahnen von
Mars und Jupiter um die Sonne kreisen und somit vergleichsweise erdnahe Objekte
sind, infrage. Erst vor kurzem entdeckten Forschergruppen, dass auch die beiden
kurzperiodischen Kometen 103P/Hartley2 und 45P/Honda-Mrkos-Pajdušáková
erdähnliches Wasser enthalten. Als Entstehungsort dieser Körper galt bisher der
so genannte Kuipergürtel, eine Region weit jenseits der Umlaufbahn des Neptun.
Auch der Rosetta-Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko zählt zu dieser
Kometenfamilie. Doch das Verhältnis von Deuterium zu Wasserstoff, das die
Forscher um Kathrin Altwegg von der Universität von Bern nun fanden, reiht sich
nicht in die Werte von 67Ps kosmischen Geschwistern ein. Auf dem Rosetta-Kometen
stehen jedem Deuterium-Atom nur etwa 1880 normale Wasserstoffatome gegenüber.
Der Wert wirft zahlreiche grundsätzliche Fragen auf. So vermuten Forscher,
dass in der Frühphase unseres Planetensystems das Deuterium einer einfachen
Regel folgend verteilt war: Je ferner ein Objekt der Sonne war, desto mehr
Deuterium lag dort im Vergleich zu normalem Wasserstoff vor. Messungen an
Asteroiden und langperiodischen Kometen wie etwa Halley passten bisher gut ins
Bild. Doch bereits die erdähnlichen Werte von 103P/Hartley2 und 45P/Honda-Mrkos-Pajdušáková
sorgten für Verwirrung.
"Der Komet 67P fügt sich zwar wieder recht gut in die allgemeine Theorie
ein", so Mall. "Doch offenbar bilden die Vertreter dieser Kometenfamilie eine
ausgesprochen heterogene Gruppe." Die Wissenschaftler schließen aus ihren
Ergebnissen, dass möglicherweise nicht wie bisher angenommen alle
kurzperiodischen Kometen dem Kuipergürtel entstammen. Einige, wie etwa
103P/Hartley2 und 45P/Honda-Mrkos-Pajdušáková, könnten einst Asteroiden gewesen
sein, die erst viel später auf kometenartige Umlaufbahnen gelangten.
Somit wäre erdähnliches Wasser ursprünglich weiterhin den Asteroiden
vorbehalten - und diese Körper somit die Hauptkandidaten für die kosmischen
Wasserlieferungen zur Erde. Verantwortlich für die neuen Messungen war das
Massenspektrometer ROSINA (Rosetta Orbiter Spectrometer for Ion and Neutral
Analysis), eines der zehn wissenschaftlichen Instrumente des Rosetta-Orbiters.
Mit seiner hohen Empfindlichkeit konnte ROSINA in der Zeit vom 8. August bis 4.
September 2014 den Wasserdampf von 67P/Churyumov-Gerasimenko genau vermessen und
so auch seltene Isotope verlässlich aufspüren.
"Eine Messung dieser Art, die das Verhältnis von Deuterium zu Wasserstoff
direkt vor Ort am Kometen bestimmt, hat es zuvor vor 28 Jahren in weiter
Entfernung vom Kometen Halley gegeben", erklärt Korth. Damals raste die
ESA-Raumsonde Giotto in einem Abstand von weniger als 600 Kilometern an
dem Schweifstern vorbei. Im Vorbeiflug "schnupperte" das Massenspektrometer an
Bord am Wasserdampf des Kometen.
Bei allen anderen Kometen, von denen das Verhältnis von Deuterium zu
Wasserstoff bekannt ist, wurde der Wert aus großer Ferne und somit in indirekten
Messungen bestimmt. "Die aktuellen Ergebnisse sind allerdings eine
Momentaufnahme", gibt Mall zu bedenken. So sei es durchaus möglich, dass
Messungen der nächsten Monate andere Werte liefern.
Anders als Giotto und alle vorangegangenen Kometenmissionen bietet
Rosetta die Möglichkeit, den Kometen auf seinem Weg zur Sonne zu begleiten
und zu verfolgen, wie er sich verändert. Die zunehmende Aktivität von 67P könnte
auch Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Wasserdampfs haben.
Über ihre Ergebnisse berichtet das ROSINA-Team jetzt in einem Artikel in der
Fachzeitschrift Science.
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