Neue Details über den Rosetta-Kometen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
23. Januar 2015
Seit etwa einem halben Jahr begleitet die europäische Sonde
Rosetta den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko. Schlagzeilen machte bislang vor
allem die spektakuläre Landung von Philae auf dem Kometenkern. Jetzt stellten
Forscher neue Ergebnisse von sieben Rosetta-Instrumenten vor. Sie zeichnen ein
faszinierendes Bild des Kometen.
Dieses Bild von 67P/ Churyumov-Gerasimenko
zeigt den Kometen aus nur acht Kilometern
Entfernung. Die OSIRIS-Kamera der Rosetta-Mission
nahm das Gebiet am Kopf des Kometen auf. Die
Auflösung beträgt 15 Zentimeter/Pixel.
Bild: ESA / Rosetta / MPS für OSIRIS Team
(MPS / UPD / LAM / IAA / SSO / INTA / UPM / DASP
/ IDA) [Großansicht]
Die Wissenschaftler des OSIRIS-Teams
unterteilten den Kometen
67P/Churuymov-Gerasimenko in 19 unterschiedliche
Regionen.
Bild: ESA / Rosetta / MPS für OSIRIS Team
(MPS / UPD / LAM / IAA / SSO / INTA / UPM / DASP
/ IDA) [Großansicht] |
Noch stehen die Wissenschaftler der Kometenmission Rosetta am Anfang
mit ihrer Auswertung aller Daten, die die insgesamt 21 Instrumente auf
Muttersonde und Lander Philae aus dem All gesendet haben. Für sieben
der elf Instrumente auf der Rosetta-Sonde erscheinen nun erste
Ergebnisse in einer Sonderausgabe der Wissenschaftszeitschrift Science.
Der extrem dunkle Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko zeigt sich dabei als sehr
heterogener Körper mit einer abwechslungsreichen Oberfläche, einer Koma mit
Variationen und Gänsehaut-ähnlichen Strukturen, die die Forscher noch nicht
erklären können. "Zurzeit analysieren und diskutieren wir bereits die nächsten
Daten", sagt Kometenforscher Dr. Ekkehard Kührt vom Deutschen Zentrum für Luft-
und Raumfahrt (DLR), der die wissenschaftlichen Beteiligungen des DLR an der
Rosetta-Mission leitet. "Churyumov-Gerasimenko hat noch Vieles, was es zu
entschlüsseln gilt."
Der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko gehört zu den dunkelsten Objekten in
unserem Sonnensystem - die Reflexion des Sonnenlichts, die das Spektrometer
VIRTIS (Visible, Infrared and Thermal Imaging Spectrometer) festgestellt hat,
beträgt gerade einmal sechs Prozent. Dies könnte daran liegen, dass die
Oberfläche des Kometen mit dunklen Materialien wie Eisensulfide, dunkle Silikate
und kohlenstoffreichen Verbindungen angereichert ist.
"Sehr wahrscheinlich ist auch nur wenig oder überhaupt kein Wassereis an der
unmittelbaren Oberfläche des Kometenkerns", sagt DLR-Wissenschaftlerin Dr.
Gabriele Arnold vom VIRTIS-Team. "Es ist aber zweifelsohne im Inneren Wassereis
vorhanden." Bei seiner Reise durch das Sonnensystem hat 67P wohl einen Großteil
des Wassereises in seinen äußeren Schichten durch Sublimation verloren.
"Eine der interessantesten Entdeckungen ist aber der Nachweis von
langkettigen Kohlenwasserstoffverbindungen", sagt die Planetenforscherin. Damit
konnte die Existenz solcher organischen Verbindungen - Vorläufer von Aminosäuren
- auf einer Kometenoberfläche festgestellt werden. Von der Erde aus ist dies
nicht möglich. "Die Bildung solcher Verbindungen erfordert komplexe Reaktionen
unter Wirkung von UV- oder kosmischer Strahlung bei tiefen Temperaturen, wie sie
nur in den äußeren Regionen des Sonnensystems jenseits des Neptunorbits
vorherrschen." Churyumov-Gerasimenko könnte für die Planetenforscher somit ein
Blick in die frühen Phasen unseres Sonnensystems bedeuten.
Dass vor allem Wasser, Kohlendioxid und Kohlenmonoxid die Koma des Kometen
bilden, ergaben die Messungen mit ROSINA, einem Massenspektrometer, das Moleküle
und Ionen selbst im Hochvakuum der Kometenkoma mit höchster Empfindlichkeit
nachweisen kann. "Interessant ist, dass sich das Massenverhältnis dieser drei
Bestandteile über einen Kometentag hinweg stark ändert", erläutert Kührt, der
auch dem ROSINA-Wissenschaftlerteam angehört.
Während der Rotation des Kometen erfasste das Massenspektrometer mal einen
deutlich höheren Anteil an Wassermolekülen, mal ein höheren Anteil an
Kohlendioxid-Molekülen. "Das deutet darauf hin, dass die Eise, aus denen die
Gasmoleküle stammen, ungleich im Kern verteilt sind." Im weiteren Verlauf der
Mission will man nun herausfinden, ob diese Heterogenität ein Ergebnis der
Entstehung des Kometen vor vielen Milliarden Jahren ist oder ob spätere
Differenzierungsprozesse dafür verantwortlich sind.
Die Auswertung der OSIRIS-Kamera zeigte, wie unterschiedlich die
verschiedenen Regionen des Kometen strukturiert sind. Rund 70 Prozent der
Kometenoberfläche sind bereits erfasst worden - die bisher noch nicht
abgebildete südliche Hemisphäre ist noch nicht ausreichend beleuchtet. Insgesamt
19 unterschiedliche Regionen stellten die Wissenschaftler fest und benannten sie
nach ägyptischen Gottheiten.
Grob kategorisiert ergaben sich bei der Auswertung der Kamera-Bilder fünf
dominierende verschiedene Oberflächentypen: die staubbedeckten Gebiete,
bröckeliges Material, großflächige Vertiefungen, glattes Gelände und
freiliegende kompakte Strukturen. "Die Oberfläche des Kometen ist extrem
abwechslungsreich und keineswegs einheitlich", erläutert Kührt. Zu sehen sind
auf den OSIRIS-Aufnahmen zudem dünenähnliche Wellen oder auch Gänsehaut-ähnliche
Erhöhungen mit einem Durchmesser von rund drei Metern - deren Entstehungsprozess
muss allerdings noch untersucht und erklärt werden.
Rätselhaft bleibt auch noch die Entstehung des ungewöhnlich geformten
Kometenkörpers. Der entenähnliche Churyumov-Gerasimenko hat einen Kopf sowie
einen größeren Körper - beide Bestandteile sind mit einem schmalen Hals
miteinander verbunden. Es könnte sein, dass zwei einzelne Kometen aneinander
geschwebt und eine Einheit gebildet haben.
Möglich wäre aber auch, dass der dünne Hals durch Erosion entstanden ist und
so aus einem Kometen scheinbar zwei "Körperteile" entstanden sind. Deutlich ist
bisher auf den OSIRIS-Bildern zu sehen, dass der Grat zwischen den beiden
Kometenteilen die bisher aktivste Zone ist, in der Gas ausströmt und
Staubteilchen ins All reißt. "Wir werden die bisher erfassten Daten von der
Annäherung, dem Orbit und der Landung weiterhin analysieren und sicherlich noch
mehr über Churyumov-Gerasimenko und somit über die Entstehung unseres
Sonnensystems erfahren", ist sich Kührt sicher.
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