Erstmals erdgroße Exoplaneten entdeckt
von Stefan Deiters astronews.com
20. Dezember 2011
Das Weltraumteleskop Kepler hat erstmals Planeten
um einen anderen Stern aufgespürt, die in etwa die Größe unserer Erde haben.
Beide Welten umkreisen ihre Sonne allerdings in einem so geringen Abstand, dass
sie sich nicht in einer Zone befinden, in der Wasser in seiner flüssigem Form
existieren kann. Es handelt sich um die kleinsten Planeten, die bislang um einen
sonnenähnlichen Stern nachgewiesen wurden.

So könnte
Kepler-20e nach Ansicht der Astronomen aussehen:
Eine heiße lebensfeindliche Welt.
Bild: NASA / Ames / JPL-Caltech

Auch auf
Kepler-20f dürfte es zu heiß sein, um Leben wie
wir es kennen zu ermöglichen. Der Planet hat aber
fast exakt die Größe der Erde.
Bild: NASA / Ames / JPL-Caltech |
Die heute auf einer Pressekonferenz vorgestellten Entdeckungen sind nach
Ansicht der Wissenschaftler ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Entdeckung
der "zweiten Erde", also eines extrasolaren Planeten, der tatsächlich unserer
Erde ähnelt. Das tun die beiden Neuentdeckungen nämlich nach Ansicht der
Astronomen nicht, obwohl es sich in beiden Fällen um Gesteinsplaneten handeln
dürfte. Auch sonst gibt es gewisse Ähnlichkeiten: Kepler-20e hat den
0,87-fachen, Kepler-20f den 1,03-fachen Radius der Erde. Beide Planeten sind
Teil eines rund 1.000 Lichtjahre entfernten Systems im Sternbild Leier, in dem
insgesamt fünf Planeten nachgewiesen wurden.
Kepler-20e umkreist seinen Zentralstern etwa alle 6,1 Tage, während
Kepler-20f 19,6 Tage für eine Umrundung benötigt. Auf beiden Welten dürfte es
daher ausgesprochen heiß sein. Die Temperaturen auf Kepler-20f schätzen die
Astronomen auf rund 420 Grad Celsius, auf Kepler-20e dürfte die
Oberflächentemperatur sogar 760 Grad Celsius betragen.
"Das wichtigste Ziel der Kepler-Mission ist das Aufspüren erdgroßer
Planeten in der habitablen Zone um ihren Stern", so Francois Fressin vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge im US-Bundesstaat
Massachusetts, der Erstautor eines Fachartikels über die Entdeckung, der in der
Wissenschaftszeitschrift Nature erscheint. "Dieser Fund zeigt erstmals,
dass es tatsächlich erdgroße Planeten um andere Sterne gibt und wir auch in der
Lage sind, sie zu entdecken."
Im Kepler-20-System gibt es noch drei weitere Planeten, die größer sind als
die Erde, aber kleiner als Neptun. Kepler-20b ist seiner Sonne am nächsten und
umrundet diese alle 3,7 Tage. Der dritte Planet, Kepler-20c, benötigt dafür 10,9
Tage und der fünfte Planet, Kepler-20d, 77,6 Tage. In unserem Sonnensystem
würden alle fünf Planeten damit ungefähr innerhalb der Merkurbahn liegen. Der
Zentralstern ist vom selben Typ wie unsere Sonne, allerdings ein wenig kleiner
und kühler.
Das System hat die Wissenschaftler aber noch aus einem anderen Grund
überrascht: In unserem Sonnensystem befinden sich die kleinen Gesteinsplaneten
in relativer Nähe zur Sonne, während die Gasplaneten in den äußeren Regionen
kreisen. Um Kepler-20 ist das anders: Hier sind die Planeten abwechselnd
angeordnet - groß, klein, groß, klein, groß.
"Die Kepler-Daten zeigen uns einmal wieder deutlich, dass es einige
Planetensysteme gibt, deren Aufbau sich signifikant von dem unseres
Sonnensystems unterscheidet", urteilt Jack Lissauer, der zum Kepler-Wissenschaftlerteam
gehört und am Ames Research Center der NASA arbeitet. "Die Analyse der
Kepler-Daten liefert immer neue Einsichten in die Vielfalt von Planeten
und Planetensystemen in unserer Galaxie."
Die Astronomen rätseln jetzt darüber, wie sich das Planetensystem um
Kepler-20 bilden konnte. Sie vermuten, dass die Planeten nicht an ihrer heutigen
Position entstanden sind. Sie könnten sich beispielsweise in größerem Abstand
von ihrem Stern gebildet haben und dann - durch Wechselwirkungen mit dem
Material der Scheibe, aus der sie entstanden sind - nach innen gewandert sein.
Das Weltraumteleskop Kepler fahndet nach sogenannten
Transitplaneten. Dazu beobachtet es mehr als 150.000 Sterne und sucht nach
typischen periodisch auftretenden Helligkeitsschwankungen, die durch einen vor
der Scheibe des Sterns vorüberziehenden Planeten verursacht werden. Nachdem auf
diese Weise ein oder mehrere Planetenkandidaten um einen Stern entdeckt sind,
müssen mit erdgebundenen Teleskopen und dem Weltraumteleskop Spitzer
noch Nachfolgebeobachtungen gemacht werden, um den Fund zu verifizieren. Zur
Bestätigung von Kepler-20e und Kepler-20f führten die Astronomen zudem
Computersimulationen durch, um sicherzustellen, dass nicht ein
astrophysikalisches Phänomen dem Team hier zwei Planeten vorgegaukelt hat.
Erst am 5. Dezember hatte das Kepler-Team mit Kepler-22b einen
Planeten in der habitablen Zone um seinen Zentralstern entdeckt (astronews.com
berichtete). In dieser Region kann Wasser theoretisch in flüssiger Form
vorkommen. "Bei dem kosmischen Versteckspiel, scheint der Fund eines Planeten
mit der richtigen Größe und der richtigen Temperatur nur noch eine Frage der
Zeit zu sein", so Natalie Batalha, die stellvertretende Leiterin des Kepler-Wissenschaftsteams
von der San Jose State University. "Wir sind äußerst gespannt, da wir
wissen, dass die faszinierendsten Kepler-Entdeckungen uns noch
bevorstehen."
 |
|