Ein Planet mit zwei Sonnen
von
Rainer Kayser
15.
September 2011
Doppelsternsysteme kommen in unserer Milchstraße sehr häufig
vor. Doch können in ihnen auch Planeten entstehen und längere Zeit existieren?
Lange gab es Zweifel, doch dann fanden Astronomen mit indirekten Verfahren
Hinweise auf Planeten in Mehrfachsystemen. Mit dem Weltraumteleskop Kepler
gelang es jetzt sogar, den Transit eines Planeten vor zwei Sonnen direkt zu
verfolgen.
So könnte das System Kepler-16 aussehen.
Bild: NASA/JPL-Caltech |
Es ist ein beliebtes Motiv in Science-Fiction-Filmen: Zwei Sonnen am Himmel eines exotischen Planeten. Ein internationales Forscherteam hat nun erstmals einen direkten Beweis für die Existenz eines Planeten gefunden, der um zwei Sonnen kreist. Der Planet zieht von der Erde aus gesehen abwechselnd vor den beiden Gestirnen vorüber und verursacht so verräterische Helligkeitsschwankungen des Doppelsterns, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt
Science.
"Bislang gab es keine direkten Beweise für die Existenz von Planeten, die um zwei Sterne kreisen", schreiben Laurance Doyle vom
SETI Institute in Kalifornien und seine Kollegen. Zwar gibt es indirekte Hinweise auf Planeten bei einigen engen Doppelsternen, aber die dort vermuteten Begleiter haben sich bislang der Beobachtung entzogen. Anders bei
Kepler-16: Doyle und seine Kollegen konnten in der Lichtkurve des Doppelsterns erstmals direkt nachweisen, wie der Planet vor den beiden Sternen des Systems vorüberzieht und dabei ihre Strahlung abschwächt.
Kepler-16 gehört zu den 155.000 Sternen, deren Helligkeit vollautomatisch vom Satellitenteleskop
Kepler überwacht wird. Kepler ist auf der Jagd nach Planeten: Liegt die Umlaufbahn eines Planeten gerade so, dass er, von der Erde aus gesehen, regelmäßig vor dem Stern vorüberzieht, so verraten diese
"Transits" als kleine, periodisch auftretende Helligkeitsabschwächungen des Sterns die Existenz des Begleiters. In den
Kepler-Daten zeigte sich zunächst, dass Kepler-16 ein Doppelstern ist. Die beiden Sterne sind kleiner als unsere Sonne - sie haben eine Masse von 69 bzw. 20 Prozent der Sonnenmasse - und umkreisen sich mit einer Periode von 41 Tagen.
Da sie auf ihrer Bahn, von der Erde aus gesehen, voreinander vorüber ziehen, schwächen sie dabei ihre Gesamthelligkeit periodisch um 13 bzw.
1,6 Prozent ab. Doch Doyle und sein Team stießen auf weitere, nicht ganz regelmäßige Abschwächungen der Helligkeit um 1,7 und 0,1 Prozent. Die einzig plausible Erklärung für diese zusätzlichen Schwankungen ist ein etwa saturngroßer Planet, der das Doppelgestirn mit einer Umlaufzeit von
229 Tagen auf einer nahezu kreisförmigen Bahn umläuft. Die leichte Unregelmäßigkeit der Planeten-Transits erklärt sich dadurch, dass die beiden Sterne selbst in Bewegung sind und daher nicht immer am gleichen Ort stehen, wenn der Planet vor ihnen vorüberzieht.
Ist eine solche Umlaufbahn um einen Doppelstern stabil? Doyle und seine Kollegen sind dieser Frage mit Computermodellen nachgegangen. Die Simulationen zeigen, dass es zumindest im Verlauf von zwei Millionen Jahren nur zu unwesentlichen Bahnänderungen kommt, die die Stabilität nicht gefährden. Die Veränderungen führen jedoch zu einer Verlagerung der Planetenbahn, sodass die Transits des Begleiters von der Erde aus nicht immer sichtbar sind. So sind die Vorübergänge vor dem helleren der beiden Sterne von 2018 bis 2042 nicht beobachtbar. Die Forscher haben also Glück, Kepler-16 gerade in einer günstigen Epoche zu erwischen.
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