Wenn Neutronensterne kollidieren
Redaktion / idw / International
University Bremen
astronews.com
31. März 2006
Schon ein Neutronenstern allein ist ein recht eigentümliches
Objekt. Wenn also zwei Neutronensterne kollidieren kann man einiges erwarten,
beispielsweise einen Gamma-Ray-Burst. Zwei Astronomen haben jetzt mithilfe
eines Hochleistungsrechners eine solche Kollision simuliert und konnten zeigen,
dass dabei gewaltige Magnetfelder entstehen.

Simulationssequenz der ersten 11 Millisekunden
einer Kollision von zwei Neutronensternen. Die Farben sind ein
Maßstab für die Stärke der Magnetfelder, wobei blau die
geringste Stärke (109 Gauss) und gelb die größte
Stärke (1015 Gauss) anzeigt. Bild: Daniel
Price und Stephan Rosswog [Großansicht] |
Stephan Rosswog, Professor für Astrophysik an der International University
Bremen (IUB), und Daniel Price, Postdoc an der University of Exeter,
konnten mit Hilfe von Supercomputer-Simulationen zeigen, dass in Kollisionen von
Neutronensternen Magnetfelder auftreten, die mehr als eine Billiarde (1015)
mal stärker sind, als das Erdmagnetfeld. Die Simulationsergebnisse sind in der
aktuellen Online-Express-Ausgabe von Science veröffentlicht.
Neutronensternen sind kosmische Objekte, die aus Supernova-Explosionen
entstehen und eine extrem hohe Dichte besitzen: In der Masse der Sonne
vergleichbar haben sie einem Durchmesser um die 10 Kilometer, sind also um das
70.000-fache kleiner als die Sonne. Es gibt Doppelsternsysteme, die aus zwei
solchen Neutronensternen bestehen. Diese umkreisen sich und bewegen sich dabei
langsam spiralförmig aufeinander zu, bis sie miteinander kollidieren.
Es wird vermutet, dass derartige Kollisionen Auslöser von hochenergetischen
Blitzen, den so genannten Gamma-Ray-Bursts sind, den stärksten kosmischen
Explosionen seit dem Urknall, welche in einer Sekunde mehr Energie frei setzen,
als unsere Sonne dies in der gesamten Existenzzeit des Universums tun würde.
Jüngste Beobachtungen von "Nachleuchten" solcher Explosionen untermauern diese
These; die physikalischen Prozesse in diesen Explosionen sind jedoch noch
weitgehend unverstanden.
Die Simulationen von Stephan Rosswog und Daniel Price sind ein erster Schritt
zur Aufklärung der komplexen Physik von Gamma-Ray-Bursts. Unter Berücksichtigung
verschiedenster physikalischer Disziplinen, von Gravitation über Kernphysik bis
zur Hyrdodynamik, führten die beiden Astrophysiker Berechnungen zum zeitlichen
Verlauf der vermutlichen Explosionsauslöser, den Neutronensternkollisionen,
durch, die enorme Anforderungen an Rechengeschwindigkeit und Speicherplatz des
verwendeten Hochleistungsrechners stellten. Sie konnten zeigen, dass die
ursprünglichen Magnetfelder der Neutronensterne in der ersten Millisekunde der
Kollision auf mehr als 1015 Gauss verstärkt werden.
"Das sind unglaubliche Größenordnungen", kommentierte Stephan Rosswog die
Simulationsergebnisse. "Magnetfelder, die wir aus dem Alltag kennen, etwa ein
Magnet, den man an seinem Kühlschrank hat, betragen nur etwa 100 Gauss." Die
beiden Wissenschaftler hatten ihre Simulationen auf dem Supercomputer der IUB
durchgeführt, der vor knapp einem Jahr in Betrieb genommen wurde. Das System
gehört mit 24 Prozessoren, die Zugriff auf einen gemeinsamen Hauptspeicher
haben, zu den leistungsfähigsten seiner Art und erlaubt eine hocheffiziente
Parallelisierung von Rechenvorgängen.
"Wir mussten lange suchen, um eine Methode zu finden, die entsprechenden
Gleichungen auf einem Computer zu lösen. Dass wir derartige Simulationen
durchführen können, ist erst seit kurzem durch die Rechenkapazitäten von
Supercomputern möglich. Wir saßen einige Wochen praktisch Tag und Nacht am
Computer, bis wir endlich einen Lösungsalgorithmus gefunden hatten. Die
tatsächlichen Rechnungen liefen dann noch einmal fast einen Monat", sagte Daniel
Price über die komplexen Berechnungen.
|