Der Mond als Test-Asteroid
Redaktion
astronews.com
7. März 2005
Die ESA-Sonde Rosetta hat am Freitag das erdnächste Fly-by-Manöver
in der Geschichte der ESA hinter sich gebracht und damit Schwung für den
weiteren Flug zu ihrem Zielkometen geholt. Mond und Erde nutzte das Rosetta-Team
bei diesem Vorüberflug in weniger als 2.000 Kilometern Entfernung als
Test-Objekte für die zahlreichen Instrumente an Bord, die bald auch der
NASA-Mission Deep Impact zu Gute kommen dürften.

Rosetta Blick auf den Mond am Freitag um 16.10 Uhr MEZ. Rosetta
war zu diesem Zeitpunkt 428.061 Kilometer
vom Mond entfernt.
Foto:
European Space Agency, ESA / ESOC |
Die ESA-Sonde Rosetta hat am Freitag das erdnächste
Vorbeischwungmanöver in der Geschichte der ESA hinter sich gebracht und damit
für den weiteren Verlauf ihres Zehnjahresflugs über 7,1 Milliarden km zum
Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko erheblich an Fahrt gewonnen. Ihren
erdnächsten Punkt erreichte Rosetta um 23.09:14 Uhr MEZ, als sie in 1.954,74
Kilometer Höhe mit einer Geschwindigkeit von 38.000 Kilometern pro Stunde
westlich von Mexiko über dem Pazifik unterwegs war.
Der Flug durch das Erde-Mond-System gab den Bodenkontrolleuren Gelegenheit,
unter Verwendung des Mondes als "Behelfs-Asteroid" den
Asteroiden-Vorbeiflugmodus (AFM) der Sonde zu testen und somit für die für 2008
und 2010 geplanten Vorbeiflüge an den Asteroiden Steins und Lutetia zu proben.
Der AFM-Test begann um 00.01 Uhr MEZ und dauerte neun Minuten, während der die
beiden Bordnavigationskameras auf den Mond gerichtet waren und die Fluglage von
Rosetta automatisch korrigiert wurde.
Vor und nach dem Vorbeiflug am erdnächsten Punkt wurden mit den
Navigationskameras außerdem eine Reihe von Bildern des Mondes und der Erde
aufgenommen. Diese Daten sollten im Verlauf des Wochenendes heruntergeladen
werden und dürften nach ihrer Verarbeitung ab Dienstag verfügbar sein. Während
des Manövers wurden noch weitere Bordinstrumente zu Eichungs- und allgemeinen
Erprobungszwecken unter Nutzung der Erde und des Mondes als Ziele eingeschaltet,
darunter ALICE (abbildendes Spektrometer im Ultraviolettbereich), VIRTIS (Spektrometer
zur Kartierung im sichtbaren und Infrarotbereich) und MIRO
(Mikrowellenradiometer für den Rosetta-Orbiter).
Beim Vorbeiflug an unserem Planeten hat die 3 Tonnen schwere Sonde Schwung
geholt und fliegt nun in Richtung Mars, dessen Schwerefeld sie am 26. Februar
2007 zum nächsten Vorbeischwungmanöver nutzen wird. Insgesamt sind vier dieser
Manöver (drei an der Erde und eins am Mars) vorgesehen, bevor Rosetta im Jahr
2014 den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko erreichen und diesen anschließend
umkreisen und das Landegerät Philae auf seiner Oberfläche absetzen wird. Die
Vorbeischwungmanöver dienen der Beschleunigung der Sonde auf die Geschwindigkeit
des Zielkometen unter Einsparung von Treibstoff durch Nutzung der Schwerkraft
der Planeten.
Der Vorbeiflug in der Nacht von Freitag auf Samstag erfolgte ein Jahr und zwei
Tage nach dem Start. Er hat die wertvollen Gelegenheiten zur Instrumenteneichung
und Datenerfassung verdeutlicht, die sich während des jahrelangen Flugs der
Sonde ergeben werden.
In drei Monaten, am 4. Juli, wird sich Rosetta an
einem günstigen Platz zur Beobachtung und Datenerfassung befinden, wenn die
Sonde Deep Impact der NASA ein 380-kg-Projektil in ihren Zielkometen
Tempel 1 feuern und so Erkenntnisse über seine innere Struktur liefern wird.
Einige der einzigartigen Instrumente von Rosetta, unter anderem ALICE,
dürften einen kritischen Beitrag zu dieser US-Mission leisten.
Rosetta ist die erste Mission, die die Umrundung eines Kometen und die
Landung auf seiner Oberfläche vorsieht. Sie setzt sich aus einem Orbiter und
einem Landegerät zusammen. Die Sonde führt elf wissenschaftliche Instrumente
mit. Bei dieser Mission wird erstmals ein Komet über einen längeren Zeitraum aus
nächster Nähe beobachtet.
Nach ihrem Einschwenken in die Umlaufbahn um den
Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko im Jahr 2014 wird die Sonde ein kleines
Landegerät aussetzen, das auf dem eisigen Kern des Kometen landen soll. Der
Orbiter wird den Kometen ein Jahr lang auf seinem Flug Richtung Sonne und nach
dem Passieren seines sonnennächsten Punkts noch ein weiteres halbes Jahr
begleiten.
Kometen sind die primitivsten Objekte unseres Sonnensystems und enthalten
daher wesentliche Informationen über dessen Ursprung, da sich ihre chemische
Zusammensetzung seit ihrer Entstehung kaum verändert hat. Mit der Umrundung
ihres Zielkometen und der Landung auf seiner Oberfläche wird Rosetta uns
helfen, die Geschichte unserer Umgebung im Weltraum zu rekonstruieren.
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