Europas
Kometenmission vor dem Start
Redaktion
astronews.com
25. Februar 2004, aktualisiert am 26. Februar 2004
Morgen früh
soll es endlich soweit sein: Um 04.36 Uhr Ortszeit in Kourou, also um 8.36 Uhr
MEZ, wird die europäische Mission Rosetta an Bord einer Ariane-5-Rakete
von Europas Raumflughafen in Französisch-Guayana aus ihre Reise zum Kometen
Tschurjumow-Gerasimenko beginnen. Erreichen wird Rosetta ihr Ziel
in zehn Jahren, doch das Warten dürfte sich, da sind sich die
ESA-Wissenschaftler sicher, lohnen.
Die Kometensonde Rosetta soll morgen zu ihrem neuen Ziel
starten: 67P/Tschurjumow-Gerasimenko. Bild: ESA/AOES Medialab
Die Lander der Kometensonde Rosetta soll mindestens 65 Stunden lang Daten
von der Oberfläche des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko
liefern. Bild: ESA/AOES Medialab |
Rosettas Start hätte eigentlich vor knapp einem Jahr stattfinden sollen.
Wegen der Verschiebung kann sie ihren ursprünglichen Zielkometen, Wirtanen,
nicht mehr anfliegen (astronews.com berichtete wiederholt). Daher musste mit
Tschurjumow-Gerasimenko ein Ersatzkomet ausgewählt werden, den die Sonde nach
einem mehr als zehnjährigen Flug durch das Sonnensystem im Jahr 2014 erreichen
soll. Rosetta ist die erste Mission, die die Umrundung eines Kometen und
die Landung auf ihm vorsieht.
Der weite Weg zu Churyumov-Gerasimenko stellt extreme Anforderungen an die
technische Ausrüstung: Alle Instrumente müssen funktionieren, wenn die Sonde den
Kometen erreicht hat – insbesondere wenn sie während ihrer Reise für 2,5 Jahre
in einen "Winterschlaf" versetzt wird. Dabei werden alle Systeme abgeschaltet,
einschließlich der wissenschaftlichen Instrumente. Nur der Bordcomputer arbeitet
noch.
Die Technik von Rosetta steckt in einem knapp 12 Kubikmeter großen
Aluminiumquader. Während die wissenschaftlichen Instrumente in seinem oberen
Teil verstaut werden, befinden sich die technischen Subsysteme – wie
Bordcomputer, Sender und Antrieb – im unteren Bereich. Die Landesonde ist auf
der gegenüberliegenden Seite der schwenkbaren Parabolantenne befestigt. Wenn
Rosetta im Orbit um den Kometen fliegt, werden die wissenschaftlichen
Instrumente immer in seine Richtung zeigen, Antenne und Sonnensegel hingegen zu
Erde und Sonne.
Neben dem Haupttriebwerk dienen 24 kleinere Triebwerke zur Stabilisierung von
Rosettas Lage im Raum. Sie erzeugen jeweils 10 Newton Schub. Das entspricht
der Kraft, die hier auf der Erde benötigt wird, um eine Tasche mit 10 Äpfeln zu
halten. Insgesamt führt Rosetta in ihren zwei Tanks 1.650 Kilogramm Treibstoff
mit sich – über die Hälfte des Startgewichts geht damit auf dessen Rechnung.
Nur knapp zehn Prozent dieses Gewichts stehen der Wissenschaft zur Verfügung. So
galt bei der Entwicklung der Forschungsgeräte die gleiche Maxime wie für
Top-Models: Nur kein Gramm zuviel. Die Rechnung ist aufgegangen: Rosetta
hat elf wissenschaftliche Instrumente an Bord und zehn weitere im Lander. Sie
nehmen Bilder auf, sollen Fragen nach Zusammensetzung und Struktur des Kerns
beantworten, aber auch die Wechselwirkung von Plasma und Sonnenwind erforschen.
"Um die Stromversorgung im Weltall zu gewährleisten, haben wir Rosetta
die größten Sonnensegel spendiert, die bislang ein europäischer Satellit mit
sich trug", so der Missionsleiter. "Denn die Stromversorgung erfolgt
ausschließlich über Solarzellen." Deshalb haben beide Segel eine entsprechende
Dimension: die gesamte Spannweite beträgt 32 Meter; die Fläche entspricht mit 64
Quadratmeter der einer kleinen Dreizimmerwohnung. Die Segel lassen sich um 180
Grad drehen, damit die größtmögliche Menge an Sonnenlicht einzufangen ist.
Diese Ausmaße sind auch nötig, denn das Rendezvous mit dem Kometen ereignet sich
675 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt: Hier ist die Sonnenstrahlung
bereits sehr schwach. Die Sonnenkollektoren liefern nur 440 Watt Leistung,
während sie gegen Ende der Mission am nächsten Punkt zur Sonne (etwa 150
Millionen Kilometer von ihr entfernt) 8.000 Watt erzeugen. "An Bord der Sonde
haben wir zusätzlich vier Batterien mit je zehn Amperestunden Kapazität, damit
die Stromversorgung auch während der Flüge durch den Schatten des Kometen
sichergestellt ist."
Ein weiteres technisches Highlight der Mission ist der Rosetta Lander,
genannt Philae. Er soll mit seinen wissenschaftlichen Geräten die
Kometenoberfläche direkt vor Ort untersuchen. Ein mechanischer Arm verleiht der
Sonde einen Aktionsradius von mehr als zwei Meter. "Die weiche Landung der Sonde
ist besonders diffizil, da der Kometenkern nur eine äußerst geringe
Gravitationskraft hat: Auf dem Kometen hat das hier 100 Kilogramm schwere
Landegerät das Gewicht von einem Blatt Papier." Der Lander hat zudem keine
eigene Steuerung. Sollte er nur ein wenig abfedern, wäre er in den Weiten des
Weltalls unwiederbringlich verloren. Um dies auszuschließen, sind die drei
Landebeine mit speziellen Dämpfern ausgestattet. Sie nehmen die meiste
kinetische Energie auf. Außerdem verfügen sie über Eisschrauben, die sich
unmittelbar nach dem Aufsetzen in den Grund bohren. Gleichzeitig feuert der
Lander eine Harpune ab. Sie verankert sich im Boden und dient darüber hinaus der
Erforschung der mechanischen Eigenschaften des Bodens. Dr. Warhaut: "Wenn alles
wie geplant läuft, könnten die Ergebnisse der Mission unser Wissen über Kometen
grundlegend erweitern, wie einstmals Rosettas Namensgeber – der Stein von
Rosetta – half, die ägyptischen Hieroglyphen zu entschlüsseln."
Weiter zum zweiten Teil: Das Geheimnis der
Kometen
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