Flüssiges
Methan und Eis-Vulkane
von Stefan
Deiters
astronews.com
21. Januar 2005
Eine Woche
nach der spektakulären Landung der Sonde Huygens auf dem Titan hat die ESA neue
Ergebnisse von der Oberfläche des Saturnmondes vorgestellt. Der Titan ist danach
eine Welt, die der Erde irgendwie ähnlich ist, aber trotzdem sehr fremdartig
wirkt: Statt Wasser gibt es flüssiges Methan, Felsen bestehen aus Wassereis und
Vulkane speien keine Lava sondern Eis.

Ein System von Abflusskanälen auf Titan, das in einen großen
Fluss zu münden scheint.
Foto: ESA / NASA / University of Arizona [Großansicht] |
Huygens war, wie berichtet, nach einer Reise von 4 Milliarden
Kilometern durch das Sonnensystem am 14. Januar in die dunstige
Atmosphäre des Titan eingetaucht und auf seiner gefrorenen
Oberfläche gelandet. In rund 150 Kilometern Höhe hatten sechs wissenschaftliche
Instrumente mit der Aufzeichnung von Daten begonnen, deren erste
wissenschaftliche Auswertung auf einer ESA-Pressekonferenz am Freitagmorgen in
Paris vorgestellt wurde.
"Wir haben nun den Schlüssel zum Verständnis davon in
der Hand, was die Landschaft von Titan geformt hat", meinte Dr. Martin Tomasko,
der für das Descent Imager-Spectral Radiometer-Instrument (DISR)
verantwortlich zeichnete. "Es gibt Hinweise auf Niederschläge, Erosion und
Abrasion durch Flüssigkeiten und das zeigt, dass die Vorgänge, die die
Landschaft auf Titan geformt haben, denen auf der Erde sehr ähnlich sind."
Die DISR-Bilder machen deutlich, dass der Saturntrabant über verblüffend
erdähnliche Wetterphänomene und Geologie verfügt. So sind auf Aufnahmen
Abflusskanäle zu erkennen, die von helleren, höheren Gebieten in tiefere,
ebenere Regionen verlaufen. Diese Kanäle verbinden sich zu Flusssystemen und
münden schließlich in Seen, in denen es Inseln zu geben scheint. Daten des
Gas Chromotograph and Mass Spectrometer (GCMS) sowie des Surface Science
Package (SSP) unterstützen die Schlussfolgerungen Tomaskos.
Huygens fand starke Indizien für Flüssigkeiten, die auf Titans
Oberfläche fließen. Allerdings handelt es sich hierbei um Methan, das bei einer
Oberflächentemperatur von unter -170 Grad Celsius flüssig oder gasförmig
auftreten kann. Die Flüsse und Seen scheinen zur Zeit trocken zu sein, doch
könnte es nicht lange vor der Landung geregnet haben. Der Untergrund am
Landeplatz hat Ähnlichkeit mit losem Sand, was ein Zeichen für regelmäßigen
Methanregen sein könnte. Die Landung von Huygens hat die Oberfläche an
der Landestelle aufgeheizt, wodurch gasförmiges Methan aus dem Boden
aufgestiegen ist - ein weiterer Hinweis auf die besondere Rolle, die Methan auf
dem Mond zu spielen scheint.
Die Bilder von der Oberfläche zeigen außerdem kleine teilweise abgerundete
Kiesel wie in einem ausgetrockneten Flussbett. Diese bestehen allerdings nicht
aus Silicatgestein, sondern aus schmutzigem Wassereis, das bei diesen
Temperaturen allerdings eine enorme Festigkeit hat. Außerdem scheinen sich auf
Teilen der Oberfläche dunkle Ablagerungen des organischen Nebels zu befinden,
der Titan einhüllt.
Wenn dieses Material dann von Methanregen ausgewaschen wird,
sammelt es sich in den unteren Bereichen der Abflusskanäle und sorgt so für die
auf den Bildern erkennbaren dunklen Regionen. Außerdem entdeckte Huygens
Argon 40 in der Atmosphäre, was nach Ansicht der Forscher auf vulkanische
Aktivität auf dem Titan hinweist. Allerdings dürften Titan-Vulkane keine Lava
auswerfen, sondern Wassereis und Ammoniak.
So zeigt die erste Bestandsaufnahme, dass die geophysikalischen Prozesse auf
Titan denen auf der Erde ähneln, dass aber die Chemie dahinter deutlich anders
ist: Statt flüssigem Wasser auf der Erde gibt es auf Titan flüssiges Methan,
statt Silikatgestein, gefrorenes Wassereis, statt Staub gibt es
Kohlenwasserstoff-Teilchen und statt Lava speien Titan-Vulkane extrem kaltes
Eis.
"Wir sind begeistert von den Ergebnissen. Die beteiligten Wissenschaftler
haben die ganze Woche fast ohne Pause gearbeitet, weil die Daten so einzigartig
sind. Doch das ist nur der Anfang, die Huygens-Daten werden viele
Wissenschaftler noch viele Jahre beschäftigen", so Jean-Pierre Lebreton,
Huygens-Projektwissenschaftler und Missions-Manager.
Und vielleicht können sich die Wissenschaftler sogar über noch mehr Daten
freuen, als sie bislang dachten: Die ESA teilte mit, dass Beobachtungen mit den
Radioantennen des Very Long Baseline Interferometers (VLBI) die Daten
aufgefangen hat, die auf einem Übertragungskanal verloren gegangen waren (astronews.com
berichtete). Es wird allerdings mehrere Monate dauern, bis diese analysiert
sind.
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Huygens, Sonde zur Erkundung des Saturnmondes
Titan (ESA)
Cassini, Projektseiten der NASA/JPL |
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