Die ersten
Bilder vom Saturnmond Titan
Redaktion
astronews.com
15. Januar 2005
Der 14.
Januar 2005 wird vermutlich für immer in die Geschichte der Erforschung des
Sonnensystems und auch in die Geschichte der europäischen Raumfahrt eingehen:
Nach einer siebenjährigen Reise ist die ESA-Sonde
Huygens gestern wie geplant durch die Atmosphäre des größten Saturnmondes
Titan abgestiegen und sicher auf seiner Oberfläche gelandet. Auch erste Bilder
und Daten wurden schon empfangen.
Eines der ersten unprozessierten Bilder von Titans Oberfläche.
Aufgenommen hat es die DISR-Kamera an Bord von Huygens nach der
Landung auf dem Saturnmond. Gut erkennbar sind Eisblöcke, die
auf Titans Oberfläche verteilt sind. Die Größe und Entfernung
dieser Eisblöcke können die Wissenschaftler erst bestimmen, wenn
das Bild richtig prozessiert wurde.
Diese Bild wurde während des Abstiegs durch die Titan-Atmosphäre
aus 16,2 Kilometern Höhe mit einer Auflösung von etwa 40 Metern
pro Bildpunkt gemacht. Gut erkennbar sind
Abflusskanäle, die zu einer Art Küste führen.
Dieses Foto wurde aus acht Kilometern Höhe
aufgenommen. Die Auflösung des Bildes beträgt 20 Meter pro
Bildpunkt. Es zeigt möglicherweise das Landegebiet der Sonde.
Fotos: ESA / NASA / University of Arizona |
Die ersten wissenschaftlichen Daten erreichten das Europäische
Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt gestern Nachmittag um 17.19 Uhr MEZ.
Huygens ist der erste erfolgreiche Versuch der Menschheit, eine Sonde in
einer anderen Welt im fernen Sonnensystem zu landen. "Dies ist eine großartige
Leistung für Europa und seine amerikanischen Partner bei dem ehrgeizigen
Unterfangen, das System des Saturn zu erforschen", sagte ESA-Generaldirektor
Jean-Jacques Dordain.
20 Tage nach ihrer Abtrennung von der Muttersonde
Cassini am 25. Dezember hat Huygens nach einem Alleinflug über 4
Millionen Kilometern die äußere Atmosphäre des Titan erreicht. Um 11.13 Uhr MEZ
begann sie in etwa 1.270 km Höhe über Titan ihren Abstieg durch dessen dunstige
Wolkendecke. In den folgenden drei Minuten musste die Sonde zunächst von 18.000
auf 1.400 Kilometer pro Stunde abbremsen.
Mit Hilfe einer Reihe von Fallschirmen wurde ihre Geschwindigkeit dann auf
unter 300 Kilometer pro Stunde verringert. In rund 160 Kilometer Entfernung von
der Oberfläche wurden die wissenschaftlichen Instrumente der Sonde ausgefahren
und der Atmosphäre des Titan ausgesetzt. In 120 Kilometer Höhe wurde der
Hauptfallschirm abgeworfen und durch einen kleineren ersetzt, um den Abstieg
fortzusetzen; Huygens Aufsetzen auf der Oberfläche des Titan war für
13.34 Uhr MEZ vorgesehen. Die ersten Daten weisen darauf hin, dass die Sonde
heil gelandet ist, mit großer Wahrscheinlichkeit auf einer festen Oberfläche.
Vier Minuten nach ihrem Eintritt in die Atmosphäre hat die Sonde mit der
Übertragung ihrer Daten an Cassini begonnen und dies nach ihrer Landung
mindestens so lange getan, wie sich die Muttersonde über dem Horizont des Titan
befand. Die erste Meldung, dass Huygens "am Leben" war, kam vom
Green-Bank-Teleskop im US-Bundesstaat West Virginia, das bereits um 11.25
Uhr MEZ ein schwaches, aber eindeutiges Funksignal von Huygens
aufgefangen hatte. Radioteleskope auf der Erde registrierten dieses Signal noch
lange nach Ende der erwarteten Lebensdauer der Sonde.
Die von Cassini weitergeleiteten Huygens-Daten wurden vom
Bodenstationsnetz der NASA für interplanetare Missionen empfangen und
unverzüglich ans ESOC gesandt, wo derzeit ihre wissenschaftliche Auswertung im
Gange ist. "Titan war von jeher das Ziel im System des Saturn, bei dem der
Bedarf an unmittelbar von einer Sonde erfassten Daten sehr wichtig ist", sagte
Professor David Southwood, der Wissenschaftsdirektor der ESA. "Wir werden uns
mit einer faszinierenden Welt beschäftigen und warten nun gespannt auf die
wissenschaftlichen Ergebnisse."
"Alle Huygens-Wissenschaftler sind begeistert. Das lange Warten hat sich
gelohnt", meinte der Huygens-Missionsleiter der ESA, Dr. Jean-Pierre
Lebreton. Mit Huygens soll erstmals vor Ort eine gründliche Analyse der
Chemie der Titanatmosphäre vorgenommen werden; auch soll die Sonde die ersten
Photos von der verborgenen Oberfläche des Titan aufnehmen und einen
detaillierten "Wetterbericht" erstellen. Die erste unbearbeiteten Aufnahmen von
der fernen Welt wurden inzwischen veröffentlicht.
Einer der Hauptgründe für die Entsendung von Huygens zum Titan ist die
Möglichkeit, dass dessen stickstoff- und methanreiche Atmosphäre und seine
Oberfläche chemische Eigenschaften aufweisen, die denen der Erde in ihrem frühen
Stadium ähneln. In Kombination mit den Beobachtungen der Muttersonde Cassini
wird Huygens völlig neue Erkenntnisse über den geheimnisvollen Saturnmond
liefern. "Der Abstieg durch die Titanatmosphäre war eine einmalige Gelegenheit,
und der Erfolg heute zeigt, dass unsere Partnerschaft mit der ESA ein
exzellenter Entschluss war", freute sich der beigeordnete NASA-Administrator für
Wissenschaft, Alphonso Diaz.
Die Mission Cassini/Huygens ist ein Gemeinschaftsvorhaben der NASA,
der ESA und der italienischen Raumfahrtagentur ASI. Das Jet Propulsion
Laboratory (JPL), eine Abteilung des California Institute of Technology
in Pasadena, leitet die Mission im Auftrag des NASA-Büros für
Weltraumwissenschaft in Washington. Der Cassini-Orbiter wurde vom JPL
entworfen, entwickelt und gebaut. "Die hervorragende Teamarbeit in Europa und
den USA zwischen Wissenschaftlern, der Industrie und den Raumfahrtagenturen war
der Grundstein für den Riesenerfolg, den wir heute feiern", schloss Jean-Jacques
Dordain.
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Huygens, Sonde zur Erkundung des Saturnmondes
Titan (ESA)
Cassini, Projektseiten der NASA/JPL |
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