Direkter Nachweis der Winde von drei sonnenähnlichen Sternen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
15. April 2024
Forschenden ist es erstmals gelungen, die Winde von drei
sonnenähnlichen Sternen direkt nachzuweisen: Indem die Röntgenemission der
Astrosphären dieser Sterne aufgezeichnet wurde, konnte ihr Masseverlust über die
Sternwinde bestimmt werden. Auf den untersuchten Sternen weht demnach ein 10-
bis 66-fach stärkerer Sternwind als in unserem Sonnensystem.
Infrarotbild der Stoßwelle (roter Bogen),
die von dem massereichen Riesenstern Zeta Ophiuchi in einer
interstellaren Staubwolke erzeugt wird. Die schwachen Winde
von sonnenähnlichen Hauptreihensternen sind viel schwieriger
zu beobachten.
Bild:
NASA / JPL-Caltech; NASA und The Hubble Heritage Team (STScI /
AURA); Acknowledgment: C. R. O'Dell, Vanderbilt University [Großansicht] |
So wie die Heliosphäre unser Sonnensystem umgibt, werden andere Sterne durch
eine "Astrosphäre" umgeben - vorstellbar als eine Art sehr heiße Plasmablase,
die von stellaren Winden in das interstellare Medium, einen Raum voll Gas und
Staub, geblasen wird. Diese Sternwinde treiben viele Prozesse an, die zentral
für das Verständnis der stellaren und planetaren Entwicklung in diesen
Sternsystemen sind, beispielsweise die Verdampfung der Atmosphären von Planeten
und den damit verbundenen Masseverlust. Pro Jahr gesehen ist dieser Masseverlust
von Planetenatmosphären zwar winzig, über lange geologische Zeiträume sind diese
Verluste jedoch mitentscheidend dafür, ob sich ein Planet zu einer bewohnbaren
Welt oder zu einem luftleeren Felsen entwickelt.
Bisher gab es jedoch für die Existenz dieser Sternwinde bei sonnenähnlichen
Sternen (sogenannten Hauptreihensternen, also quasi Sternen in der Blüte ihres
Lebens) nur indirekte Hinweise. Einem internationalen Forschungsteam unter der
Leitung von Kristina Kislyakova vom Institut für Astrophysik der Universität
Wien gelang es nun erstmals, die stellaren Winde dreier sonnenähnlicher Sterne
direkt nachzuweisen und den von ihnen verursachen Masseverlust des Sterns zu
messen. Dafür nutzte das Team die Röntgen-Emission: Stellare Winde bestehen
hauptsächlich aus Protonen und Elektronen, enthalten aber auch eine kleine Menge
schwererer, hochgeladener Ionen (z. B. Sauerstoff, Kohlenstoff). Diese Ionen
senden Röntgenstrahlen aus, indem sie Elektronen aus dem neutralen
interstellaren Medium um den Stern herum fangen.
"Seit drei Jahrzehnten bemühten sich weltweit viele Gruppen, Winde um
sonnenähnliche Sterne nachzuweisen und ihre Stärke zu messen, doch bisher gab es
nur indirekte Hinweise auf die Existenz solcher Winde, die auf ihren sekundären
Effekten auf den Stern oder seine Umgebung beruhten", unterstreich auch Manuel
Güdel, Leiter der Forschungsgruppe "Stern- und Planetenentstehung" am Institut
für Astrophysik der Universität Wien. Seine Forschungsgruppe habe zuvor
versucht, die Radioemission der Winde zu erfassen, konnte aber nur obere
Grenzwerte für die Windstärke angeben, nicht jedoch die Winde selbst nachweisen.
"Unsere neuen röntgenbasierten Ergebnisse ebnen nun den Weg, diese Winde direkt
zu finden und sogar abzubilden und ihre Wechselwirkungen mit den umliegenden
Planeten zu untersuchen", so Güdel.
Dem Team gelang es mithilfe von Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop
XMM-Newton, diese Röntgenemission der Astrosphären sonnenähnlicher Sterne
erstmals direkt nachzuweisen und von den Röntgenemissionen der Sterne selbst zu
trennen. Dadurch konnten zum ersten Mal stellare Winde direkt aufgezeichnet
werden und die Massenverlustrate der Sterne über ihre Sternwinde berechnet
werden. Über die Analyse der Spektrallinien der Sauerstoff-Ionen bestimmten die
Forscherinnen und Forscher die Sauerstoffmenge und letztlich die Gesamtmasse des
von den Sternen ausgestoßenen Sternwindes. Dabei zeigte sich, dass die stellaren
Winde bei den untersuchten Sternen (70 Ophiuchi, epsilon Eridani und 61 Cygni)
deutlich stärker wehen: Die Massenverlustrate wird im Fall des Sterns 70
Ophiuchi auf das 66,5±11,1-Fache, im Fall der Sterne epsilon Eridani und 61
Cygni auf das 15,6±4,4 bzw. 9,6±4,1-Fache der Massenverlustrate unserer Sonne
geschätzt. Ursache für die stärkeren Winde könnte die stärkere magnetische
Aktivität dieser Sterne erklärt sein.
"Innerhalb unseres Sonnensystems wurde die Emission des Landungsaustausch
bereits bei Planeten, Kometen und in der Heliosphäre beobachtet – hier haben wir
also quasi ein natürliches Labor, um die Zusammensetzung des Sonnenwinds zu
untersuchen", erklärt Kislyakova. Die Beobachtung dieser Emission von weit
entfernten Sternen sei aber natürlich aufgrund der Schwäche des Signals ungleich
schwieriger: "Außerdem ist es aufgrund der Entfernung zu den Sternen sehr
kompliziert, das von der Astrosphäre ausgesendete Signal von der tatsächlichen
Röntgenemission des Sterns selbst zu trennen, auch weil ein Teil dieser
Emissionen aufgrund instrumenteller Effekte über das Sichtfeld des Teleskops
'gestreut' wird. Wir haben einen neuen Algorithmus entwickelt, der die
Röntgen-Emissionen des Sterns von denen der Astrosphäre trennt. Zudem konnten
wir Signale für den Ladungsaustausch identifizieren, die von Sauerstoff-Ionen
aus dem Sternwind und dem umgebenden neutralen interstellaren Medium von drei
Hauptreihensternen stammen." Die geschätzten Massenverlustraten können künftig
als Maßstab für Sternwindmodelle dienen und erweitern die bisherigen begrenzten
Beobachtungsdaten für die Winde von sonnenähnlichen Sternen.
Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature
Astronomy veröffentlicht.
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