Wie ein Stern zum Braunen Zwerg wird
von Stefan Deiters astronews.com
19. Mai 2016
Wenn es ein Objekt einmal zum richtigen Stern geschafft hat,
muss das nicht bedeuten, dass dies immer so bleibt: Astronomen haben jetzt einen
Braunen Zwerg aufgespürt, der offenbar zuvor einmal ein normaler Stern war, dann
aber von einem nahen Weißen Zwerg so stark kannibalisiert wurde, dass er sich in
einen Braunen Zwerg verwandelt hat.

So stellen sich die Astronomen das Objekt
J1433 vor. Der Braune Zwerg (links) war einmal
ein richtiger Stern, wurde aber von dem nahen
Weißen Zwerg so stark kannibalisiert, dass er zu
einem substellaren Objekt geworden ist.
Bild: Rene Breton, University of Manchester [Großansicht] |
Ein internationales Astronomenteam nutzte das Instrument X-Shooter am
Very
Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO, um das leuchtschwache
Doppelsternsystem SDSS J143317.38+101123.3, kurz J1433, zu beobachten. Das
System ist rund 730 Lichtjahre von der Erde entfernt und besteht aus einem
Objekt mit der etwa 60-fachen Masse des Jupiter und einem Weißen Zwergstern.
Weiße Zwerge sind die Endphase der Entwicklung von sonnenähnlichen Sternen.
Es handelt sich bei ihnen praktisch um den kompakten und noch glühenden "Aschekern"
einer erloschenen Sonne. Im System J1433 sind sich beide Komponenten so nahe,
dass der eine Partner den anderen in nur 78 Minuten umrundet.
Und diese Nähe hatte offenbar ihren Preis: Dem kompakten Weißen Zwerg war es
so möglich, große Mengen an Material von seinem Partner abzuziehen - die
Astronomen schätzen, dass es insgesamt rund 90 Prozent seiner ursprünglichen Masse waren.
Das Objekt wurde dadurch von einem normalen Stern zu einem sogenannten Braunen
Zwerg.
Braune Zwerge sind Objekte, die wie ein normaler Stern durch den Kollaps
einer Gaswolke entstehen, dann aber nicht eine ausreichend große Masse
erreichen, um die nuklearen Fusionsprozesse, die etwa auch unsere Sonne zum
Leuchten bringen, dauerhaft zu zünden.
Der Braune Zwerg im System J1433 hatte
eine andere Geschichte: Er war einmal ein richtiger Stern, wurde dann aber durch
das andauernde Abziehen von Material durch den Weißen Zwerg zu einem Braunen
Zwerg. Mit dem Instrument X-Shooter konnten die Astronomen die Signale des nur sehr
lichtschwachen Braunen Zwergs aufspüren.
"Unser Wissen über die Entwicklung von
Doppelsternsystemen deutete darauf hin, dass Braune Zwerge in solchen
Konstellationen recht häufig sein sollten, wenn der Stern eine solche
Verwandlung überstehen kann", so Juan Venancio Hernández Santisteban von der
University of Southampton. "Allerdings wurden bislang nur sehr spärliche Hinweise
auf die Existenz von Braunen Zwerge in solchen Systemen entdeckt. Unsere
Ergebnisse zeigen nun, dass eine erfolgreiche Verwandlung von einem Stern zu
einem Braunen Zwerg tatsächlich möglich ist."
Den Astronomen ist es auch gelungen, die Oberflächentemperatur des Braunen
Zwergs zu bestimmen. Diese schwankt, aufgrund der starken Strahlung des noch
heißen Weißen Zwergs, deutlich zwischen der Seite, die dem Weißen Zwerg zugewandt
ist und der abgewandten Hemisphäre. Im Durchschnitt liegt der Unterschied bei 57
Grad Celsius, die Temperaturdifferenz zwischen den heißesten Bereichen und den kältesten
Regionen auf der Oberfläche des Braunen Zwergs beträgt sogar
200 Grad Celsius.
Die Erstellung einer Oberflächentemperaturkarte für den Braunen Zwerg ist für
die Erforschung solcher substellaren Objekte von großer Bedeutung: "Bei vielen
Gasplaneten, den sogenannten 'heißen Jupitern', kann die Strahlung des Sterns
den inneren Wärmefluss des Planeten komplett überlagern" erläutert Professor
Christian Knigge von der University of Southampton. Bei dem jetzt untersuchten
Braunen Zwerg hingegen sei beides vergleichbar groß. "Damit bewegen wir uns in einem
bislang unerforschten Regime, was dieses Objekt zu einem wertvollen Laboratorium
für Atmosphären von solchen Objekten und Planeten macht."
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Nature erschienen ist.
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