Miniaturausgabe unseres Sonnensystems?
von Stefan
Deiters
astronews.com
30. November 2005
Mit der Hilfe einer Reihe von Teleskopen haben Astronomen jetzt einen
Braunen Zwerg aufgespürt, der nur ein Hundertstel der Masse unserer Sonne hat
und um den vielleicht gerade Planeten entstehen. Die Forscher entdeckten nämlich
um den Zwergstern eine so genannte protoplanetare Staubscheibe. Bilden sich hier
tatsächlich Planeten, entstünde ein Mini-Sonnensystem.
Größenvergleich eines Sonnensystems um einen sonnenähnlichen
Stern (links) mit einem Planetensystem um einen Braunen Zwerg
(oben rechts). Bild:
NASA / JPL-Caltech |
Braune Zwerge sind Sterne, die nicht genügend Masse haben, um das nukleare
Feuer in ihrem Inneren zu zünden. Das von den Forschern aufgespürte Objekt hat
nur etwa die achtfache Masse des Gasriesen Jupiter. Sollte es sich tatsächlich
herausstellen, dass sich um dieses Objekt ein "Sonnen"system bildet, würden die
bisherigen Definitionen von Sternen und Planeten, Monden und Sonnensystem
gehörig durcheinander geraten. Objekte mit dieser Masse gelten nämlich oft noch
als Riesenplaneten.
"Unser Ziel war es, den kleinsten Stern zu finden, bei dem es Hinweise auf
Planetenentstehung gibt", erläutert Kevin Luhman, Assistenzprofessor für
Astronomie und Astrophysik an der Penn State University. "Hier haben wir
nun einen Stern, der so klein wie ein Planet ist. Die Frage ist nun, wie wir die
Objekte nennen, die in der Staubscheibe um ihn herum entstehen: Planeten oder
Monde?" Sollten um den Braunen Zwerg tatsächlich Planeten entstehen, wäre das
System eine Miniaturausgabe unseres Sonnensystems mit dem Zentralstern und den
Umlaufbahnen jeweils um den Faktor 100 kleiner.
Luhmans Team entdeckte den Braunen Zwerg mit Namen Cha 110913-773444 mit den
Spitzer- und Hubble-Weltraumteleskopen sowie zwei erdgebundenen
Teleskopen in den chilenischen Anden. Es ist für Luhman nicht der erste Fund
dieser Art: Im vergangenen Jahr entdeckte er einen etwas massereicheren Braunen
Zwerg, der immerhin die 15-fache Masse des Jupiter hat und auch über eine so
genannte protoplanetare Scheibe verfügt.
Solche protoplanetaren Scheiben sind
flache Scheiben aus Gas und Staub, die sich um viele junge Sterne befinden. Auch
unsere Sonne verfügte einst über eine solche Scheibe. In ihr können sich dann
einzelne Staubpartikel zu immer größeren Gebilden verklumpen und schließlich
Planeten entstehen.
Da Braune Zwerge sehr massearm sind, herrscht in ihrem Inneren kein
ausreichend großer Druck um die nuklearen Fusionsprozesse zu starten. Sie sind
somit sehr leuchtschwache und kalte Objekte, die sich am besten im infraroten
Bereich des Spektrums beobachten lassen. Mit Hilfe des Infrarot-Teleskops
Spitzer wurden schon viele Braune Zwerge aufgespürt, die über solche
protoplanetare Scheiben verfügen (astronews.com berichtete).
In den vergangenen Jahren wurden aber nicht nur zahlreiche Braune Zwerge
entdeckt, sondern auch eine Vielzahl von massereichen Planeten. Die Frage, die
sich für die Astronomen nun stellt ist, wie man die Riesenplaneten von den
kleinen Braunen Zwergen trennt: "Es gibt zwei Lager", beschreibt Giovanni Fazio
vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, der an den Beobachtungen
beteiligt war, die Situation. "Einige gehen nach der Größe und andere schauen
sich an, wie das fragliche Objekt entstanden ist. Würde man nach der Größe
gehen, ist Cha 110913-773444 ein Planet, von seiner Entstehung her ist es ein
Brauner Zwerg." Während Planeten in Staubscheiben um Sterne entstehen, sollten
Braune Zwerge nämlich wie richtige Sterne durch den Kollaps einer Gaswolke
geboren werden.
Wenn man das neu entdeckte Objekt aber Planet nennt, so Fazio weiter, "hätte
Spitzer hier die erste Staubscheibe entdeckt, in der Monde entstehen."
Sicher sei allerdings, dass die Beobachtung wieder einmal deutlich macht, dass
im Universum Systeme entstehen können, die dramatisch anders aussehen als unser
Sonnensystem. Cha 110913-773444 ist 500 Lichtjahre von der Erde entfernt und
liegt im Sternbild Chamäleon. Der Braune Zwerg ist extrem jung: Die Astronomen
schätzen, dass er vor nur rund zwei Millionen Jahren entstanden ist.
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