Kleinstes
Objekt mit einem Jet
von Stefan Deiters astronews.com
24. Mai 2007
Der Braune Zwerg 2MASS1207-3932 entwickelt sich zu einem der
überraschendsten Objekte, die das Very Large Telescope
(VLT) der ESO bislang beobachtet hat: Er verfügt nicht nur über einen
umlaufenden Planeten, der als erster Exoplanet direkt beobachtet wurde, sondern
ist auch - wie junge Sterne - von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben. Jetzt
konnten Astronomen zudem nachweisen, dass der Braune Zwerg auch über einen Jet
verfügt.
So stellt sich ein Künstler den Braunen Zwerg
2MASS1207-3932 vor.
Bild: ESO |
Der Braune Zwerg 2MASS1207-3932 ist unter Astronomen kein
Unbekannter: Um das Objekt, das nicht über ausreichend Masse verfügt, um die
nuklearen Fusionsprozesse im Inneren dauerhaft zu zünden, spürten die
Wissenschaftler im Jahr 2004 einen Planeten mit der fünffachen Masse des Jupiter
auf, von dem sie auch eine direkte Aufnahme machen konnten.
Es war die erste
Aufnahme eines extrasolaren Planeten überhaupt (astronews.com berichtete).
Später entdeckte man, dass der Braune Zwerg - so der Fachbegriff für diese
massearmen Objekten, die keine richtigen Sonnen, aber auch keine Planeten sind -
über eine Scheibe aus Gas und Staub verfügt, die das Objekt umgibt.
Solche Akkretionsscheiben findet man in der Regel bei jungen Sternen. Nun
spürten die Wissenschaftler bei dem Braunen Zwerg ein weiteres Merkmal auf, das
auch von jungen Sonnen bekannt ist: 2MASS1207-3932 verfügt über Materiejets,
also eng gebündelte Partikelstrahlen, die senkrecht zur Akkretionsscheibe ins
All schießen. Da der Braune Zwerg nur eine Masse von etwa der 24-fachen Masse
des Jupiter hat, handelt es sich bei 2MASS1207-3932 somit um das kleinste
Objekt, bei dem solche Jets nachgewiesen werden konnten.
"Das führt uns zu der
faszinierenden Schlussfolgerung, dass eventuell auch jungen Riesenplaneten über
solche Jets verfügen könnten", macht Emma Whelan die Bedeutung der Beobachtung
deutlich. Whelan vom Dubliner Institute for Advanced Studies ist Hauptautorin
eines Artikels im Astrophysical Journal, in dem über die Ergebnisse
berichtet wird.
Die Jets wurden durch ein Spektro-Astrometrie genanntes Verfahrens mit Hilfe
hochaufgelöster Spektren entdeckt, die mit dem Spektrographen UVES am Very
Large Telescope der ESO in Chile gewonnen wurden. Normalerweise sind Jets
von jungen Sternen große und helle Objekte, die man direkt beobachten kann. Bei
einem Braunen Zwerg ist dies aber anders: Der Jet hat, so ermittelten die
Astronomen, nur eine Ausdehnung am Himmel von 0,1 Bogensekunden - das entspricht
der Größe einer Zwei-Euro-Münze aus einer Entfernung von 40 Kilometern
betrachtet.
Die entdeckten Jets, so konnten die Wissenschaftler ermitteln, erstrecken sich
über eine Milliarde Kilometer von dem Brauner Zwerg aus ins All und das Material in
den Jets bewegt sich mit Geschwindigkeiten von einigen Kilometern pro Sekunde.
"Für Entdeckungen wie diese braucht man einfach ausgezeichnete Teleskope und
Instrumente, wie etwa das VLT", meint Whelan. "Unsere Ergebnisse machen
deutlich, was für eine beindruckende Beobachtungsqualität den heutigen
Astronomen zur Verfügung steht. Die ersten Teleskope, die von Galileo gebaut
wurden, benutzte man um die Monde des Jupiter zu beobachten. Heute schaut man
sich Jupiter-große Objekte in 200 Lichtjahren Entfernung an und stellt fest,
dass sie über Jets verfügen."
Das gleiche Team hatte zuvor bereits Jets bei einem anderen Braunen Zwerg
nachgewiesen. 2MASS1207-3932 ist aber das bislang kleinste Objekt, bei dem dies
gelungen ist. Der Braune Zwerg ist rund acht Millionen Jahre alt. Das mag sich
relativ jung anhören, für ein Objekt aber, das über Jets verfügt, ist es
außerordentlich alt. Der Braune Zwerg wird damit sogar zum ältesten Objekt in
unserer Galaxie, bei dem man solche Jets nachweisen konnte.
Gebündelte Teilchenstrahlen, also Jets, sind ein recht verbreitetes Phänomen
im Universum: Man findet sie in aktiven Galaxienkernen, wo gewaltige
Partikelströme aus der Nähe des zentralen Schwarzen Lochs ins All schießen und
auch bei jungen Sternen. Die Beobachtungen zeigen, dass sie sogar bei Objekten
mit einer Masse auftreten können, die unterhalb der eines richtigen Sternes
liegt. Der Mechanismus, der die Jets antreibt, muss also auf einem sehr breiten
Spektrum von Massen - von einigen Zehnmillionen Sonnenmassen für aktive Galaxienkerne bis zu einigen zehn
Jupitermassen für Braune Zwerge - funktionieren.
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ESO, Europäische Südsternwarte |
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