Beunruhigende Nachrichten von ISON
von
Stefan Deiters astronews.com
26. November 2013
In zwei Tagen hat der Komet C/2012 S1 (ISON) den
sonnennächsten Punkt seiner Bahn erreicht und viele Astronomen verfolgen
gebannt, ob der Besucher aus den äußersten Regionen des Sonnensystems sein
Rendezvous mit der Sonne überstehen wird. Aktuelle Beobachtungen lassen
allerdings Schlimmstes befürchten. Derweil sorgt eine Polizeimeldung für
amüsiertes Kopfschütteln unter Kometenfans.

Der Komet C/2012 S1 (ISON) in einer Aufnahme der Sonde STEREO
am 21. November 2013.
Bild: Karl Battams / NASA / STEREO [Großansicht] |
Der Komet C/2012 S1 (ISON)
nähert sich noch immer der Sonne: Wegen seiner Nähe zu unserem Zentralgestirn
ist er gegenwärtig nicht mit bloßem Auge zu sehen. Trotzdem wird der Komet
natürlich sorgfältig von professionellen Astronomen und Amateurastronomen auf
der ganzen Welt verfolgt. Inzwischen ist der Komet der Sonne auch schon so nahe,
dass er auf Bildern einer STEREO-Sonnensonde zu sehen ist.
Am 28.
November wird ISON den sonnennächsten Punkt seiner Bahn erreicht haben und sein Abstand von der Sonne dann nur noch 1,1 Millionen
Kilometer betragen. Auf der Oberfläche des Kometen dürften dann Temperaturen von bis zu
2.700 Grad Celsius herrschen. Diese Hitze könnte dazu führen, dass der gesamte
Kometenkern auseinanderbricht und verdampft.
Seit gestern gibt es nun erste Hinweise darauf, dass dies gerade passieren
könnte. Unter Beobachtern gibt es zumindest gegenwärtig eine intensive
Diskussion darüber, wie bestimmte Beobachtungen zu deuten sind. Auf einer von
der NASA eingerichteten Webseite zur ISON-Beobachtung wird von einem dramatisch
Einbruch bei der Gasproduktion berichtet, was auf ein komplettes Zerbrechen des
Kometenkerns hindeuten könnte.
Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass es sich bei ISON um einen
Kometen handelt, der vermutlich das erste Mal aus der Oortschen Wolke ins innere
Sonnensystem kommt. So einen Kometen hätte man zuvor noch nie beobachtet.
Insbesondere gäbe es bislang keine so detaillierten Beobachtungen von Kometen,
die sich in so geringem Abstand zur Sonne befinden. Man müsse sich daher immer
auf Überraschungen gefasst machen und weiter beobachten. Bis der Komet den
sonnennächsten Punkt seiner Bahn erreicht hat, kann man also noch weiter hoffen.
Dann dürfte aber bald Klarheit herrschen.
Während die Beobachtungsberichte also gegenwärtig durchaus Anlass zur Sorge
geben und es zumindest aktuell etwas unwahrscheinlicher erscheint, dass ISON zu
einem prächtigen Kometen am Dezemberhimmel wird, sorgt ISON auf andere Weise für
Schlagzeilen - und zu ungläubigem Schmunzeln unter Kometenfans. Grund ist eine
Pressemitteilung der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg: Darin wird
berichtet, dass sich eine Bewohnerin Nienburgs am Montag an die Polizei gewandt
hätte, da sie am Himmel ein unbekanntes Objekt gesehen hatte, das wohl
abzustürzen drohe und eine Rauchwolke hinter sich herzieht.
Eine Polizeistreife vor Ort lieferte offenbar keine weiteren Erkenntnisse und
als auch eine Nachfrage bei der Flugsicherung in Hannover keine Hinweise auf
einen Absturz ergab, machten sich die Beamten an die von der Bewohnerin mit
einem Handy erstellten Aufnahmen des ungewöhnlichen Objektes und identifizierten
dieses als Kometen.
In der Pressemitteilung heißt es wörtlich: "Der Komet Ison rast derzeit auf
die Sonne zu, erstrahlt sehr hell und ist mit dem bloßen Auge zu sehen. Bereits
im Anflug auf die Sonne dürften sich nach Expertenschätzungen kleinere Teile vom
mehrere Kilometer großen Kometenkern abgespalten haben. Darauf deuten
Beobachtungen nach zwei Helligkeitsausbrüchen hin, die seit dem 7. November bei
Ison registriert wurden. Die Nienburger Bürgerin wurde offensichtlich Zeugin
eines weiteren Helligkeitsausbruches des Kometen Ison, der auch Adventskomet
oder Weihnachtsstern genannt wird."
Sogar ein Foto des "Kometen" hatte die Polizeiinspektion ihrer
Pressemitteilung beigefügt. So konnte man auf verschiedenen Webseiten und auch
bei Twitter schnell nachlesen, um was es sich bei dem "Kometen" über Nienburg
tatsächlich handelte: Sehr wahrscheinlich um einen von der untergehenden Sonne
angestrahlten Kondensstreifen, mit Sicherheit jedoch nicht um den Kometen ISON.
Sollte ISON die Umrundung der Sonne doch überstehen, darf man
jedoch im Dezember auf ein faszinierendes Himmelsschauspiel hoffen: Der Komet sollte
dann nämlich für einige Wochen am Nachthimmel auch mit bloßem Auge zu sehen
sein und könnte so tatsächlich zu einem "Jahrhundertkometen" werden. Den erdnächsten Punkt erreicht der Komet am zweiten Weihnachtstag. Sein
Abstand zur Erde beträgt dann aber noch immer über 60 Millionen Kilometer.
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