Ein Jahrhundertkomet Ende 2013?
von
Stefan Deiters astronews.com
27. September 2012
Astronomen haben einen Kometen aufgespürt, der Ende des
kommenden Jahres für ein eindrucksvolles Schauspiel am Himmel sorgen könnte.
Nach ersten Berechnungen erscheint es möglich, dass C/2012 S1 (ISON) eine so
große Helligkeit erreicht, dass er kurzzeitig sogar tagsüber mit bloßem Auge zu
sehen ist. Nicht immer allerdings halten sich Kometen bei der
Helligkeitsentwicklung an die Vorhersagen.
Der Komet Hale-Bopp bot 1997 ein spektakuläres Schauspiel am
Himmel. Wird C/2012 S1 dies im nächsten Jahr übertreffen?
Foto: ESO/E. Slawik |
Der Komet C/2012 S1 (ISON) wurde am 21. September 2012 vom International
Scientific Optical Network (ISON) entdeckt, einem internationalen Verbund
von Teleskopen, die gemeinsam den erdnahen Weltraum überwachen. Zwei russische
Astronomen entdeckten den neuen Kometen auf CCD-Bildern, die mit einem
0,4-Meter-Spiegelteleskop gemacht wurden.
Der Orbit des neuen Kometen deutet darauf hin, dass er direkt aus der
Oortschen Wolke stammt und damit erstmals auf dem Weg ins innere Sonnensystem
ist. Die Oortsche Wolke ist ein vermuteter Bereich am äußersten Rand des
Sonnensystems, in dem unzählige Kometenkerne um die Sonne kreisen. Werden diese
abgelenkt, können sie ins innere Sonnensystem geraten und bei Annäherung an die
Sonne zu einem Kometen werden.
C/2012 S1 ist derzeit noch kein Objekt, das "normalen" Amateurastronomen
Freude machen dürfte: Mit einer Helligkeit von 18 Magnituden benötigt man schon
eine bessere Ausrüstung mit CCD-Kamera, um den Kometen beobachten zu können. Das
sollte sich allerdings ändern, wenn er sich in den kommenden Monaten weiter der
Sonne nähert. Nach den Vorhersagen dürfte er im Spätsommer 2013 schon mit einem
Fernglas zu beobachten sein.
Doch es könnte noch besser kommen: Am 28. November 2013 erreicht C/2012 S1
den sonnennächsten Punkt seiner Bahn und ist dann weniger als zwei Millionen
Kilometer von der Sonne entfernt. Ab Anfang November könnte er mit bloßem Auge
zu sehen sein - für kurze Zeit eventuell sogar tagsüber. Die britische
Zeitschrift Astronomy Now spekuliert sogar, dass C/2012 S1 zu einem der
größten Kometen in der Menschheitsgeschichte werden könnte und beispielsweise
den Kometen Hale-Bopp aus dem Jahr 1997 noch deutlich übertrifft. Der Komet
würde dann bis etwa Mitte Januar 2014 ohne Hilfsmittel am Himmel beobachtbar
bleiben.
Natürlich ist bei solchen Vorhersagen immer Vorsicht geboten. So dürften bei
einigen Kometenfreunden böse Erinnerungen an den Kometen Kohoutek wach werden,
den man nach seiner Entdeckung im Jahr 1973 auch für ein Objekt hielt, das
gerade "frisch" aus der Oortschen Wolke gekommen ist. Man sagte damals ein
spektakuläres Schauspiel am Himmel voraus und kündigte Kohoutek als "Kometen des
Jahrhunderts" an. Diese Erwartungen erfüllte er allerdings nicht. Ein Grund
dafür war, dass er vermutlich bei der Annäherung an die Sonne teilweise
zerbrochen ist.
Doch obwohl Kohoutek damals bei weitem nicht die Helligkeit erreichte, die im
Vorfeld vorhergesagt wurde, war der Komet am Nachthimmel dennoch mit bloßem Auge
zu sehen und bot somit ein Himmelsschauspiel, was man nicht in jeder Nacht zu
sehen bekommt. Es dürfte sich daher lohnen, auch C/2012 S1 weiter im Auge zu
behalten.
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