Erster Blick auf Komet ISON
von Stefan Deiters astronews.com
6. Februar 2013
Die NASA-Sonde Deep Impact, die bereits drei
Kometen untersuchte, hat Mitte Januar einen ersten Blick auf den Kometen C/2012
S1 (ISON) geworfen. Der eisige Brocken vom Rand des Sonnensystems scheint
bereits aktiv zu sein und könnte Beobachtern auf der Erde gegen Ende des Jahres
ein faszinierendes Schauspiel bieten.

Der Komet C/2012
S1 (ISON) ist als kleiner Lichtpunkt genau in der
Bildmitte zu sehen.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UMD |
"Dies ist der vierte Komet, bei dem wir wissenschaftliche Untersuchungen gemacht
haben und die Sonde befindet sich am erdfernsten Punkt, von dem wir je versucht
haben, Daten über einen Kometen zu übertragen", erklärt Tim Larson, der
Projektmanager für Deep Impact am Jet Propulsion Laboratory
der NASA. "Die Entfernung schränkt die Bandbreite der Datenübertragung ein. Es
ist ein wenig so, als würde man wieder ein Modem benutzen, nachdem man DSL
gewohnt war. Wir werden aber die wissenschaftlichen Beobachtungen und die
Datenübertragung so koordinieren, das wir eine maximale Ausbeute bei diesem
spektakulären Kometen erwarten können."
Die Sonde Deep Impact ist ein Veteran bei der Kometenbeobachtung: Nach
Vorüberflügen am Kometen Tempel 1, auf den sie auch ein kleines
Projektil abgefeuert hatte, und am Kometen Hartley 2 machte Deep
Impact im Januar 2012 auch Beobachtungen des Kometen C/2009 P1 (Garrad) und
hat nun C/2012 S1 (ISON) ins Visier genommen. Von der Beobachtung des Kometen
ISON erhoffen sich die Wissenschaftler unter anderem Hinweise auf das
Rotationsverhalten des Kometenkerns.
Eine erste Auswertung der Beobachtungen, die der Medium-Resolution Imager
von Deep Impact am 17. und 18. Januar 2013 über einen Zeitraum von 36
Stunden und aus einer Entfernung von 793 Millionen Kilometern durchführte,
ergab, dass der Komet offenbar bereits aktiv ist. ISON war zum Zeitpunkt der
Beobachtung zwar noch mehr als 763 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt
und befand sich damit noch im äußeren Sonnensysten, zeigte aber einen schon mehr
als 64.400 Kilometer langen Schweif.
ISON zählt zu den langperiodischen Kometen und dürfte damit aus der Oortschen
Wolke stammen, einem vermuteten Reservoir von eisigen Brocken, das unser
Sonnensystem in großer Entfernung umgibt. Hin und wieder werden diese
Kometenkerne gestört und können so ins Innere des Sonnensystems abgelenkt
werden, wo sie dann - bei Annäherung an die Sonne - zu einem "richtigen" Kometen
werden.
ISON wurde im September 2012 von zwei russischen Astronomen entdeckt. Erste
Orbitberechnungen hatten dann bald gezeigt, dass der Komet auf seiner Bahn sehr
wahrscheinlich das erste Mal das innere Sonnensystem passieren wird. Das
bedeutet, dass ISON wohl noch eine reine Oberfläche besitzt, die mit höherer
Wahrscheinlichkeit flüchtige Stoffe enthält, die bei Annäherung an die Sonne
verdampfen können. Daher halten es Experten für durchaus möglich, dass sich ISON
gegen Ende dieses Jahres zu einem eindrucksvollen Kometen entwickelt (astronews.com
berichtete).
Eine Gefahr für die Erde wird ISON übrigens nicht werden: Am erdnächsten Punkt
seiner Bahn, die der Komet am 26. Dezember 2013 erreicht, ist der Komet noch
immer über 60 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Ob ISON wirklich zu
einem "Jahrhundertkometen" wird, wie einige Astronomen schon vermuten, hängt
auch von seiner weiteren Entwicklung ab: Es ist nicht auszuschließen, dass der
Komet bereits vor Erreichen des sonnennächsten Punktes seiner Bahn wieder
schwächer wird oder sogar zerbricht.
Aus den ersten Beobachtungen von Deep Impact haben die Wissenschaftler
einen kurzen Film erstellt, den man sich auf der Webseite des Jet Propulsion
Laboratory ansehen kann.
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