Neuer Blick auf den Kometen ISON
von Stefan Deiters astronews.com
4. Juli 2013
Das Space Telescope Science Institute hat ein neues
Bild des Kometen ISON veröffentlicht, der Ende des Jahres mit bloßem Auge am
nächtlichen Himmel zu sehen sein könnte. Aus den Hubble-Beobachtungen
über einen Zeitraum von 43 Minuten stellten die Astronomen einen kurzen Film
zusammen, der die Bewegung des Kometen vor dem Hintergrund der entfernten Sterne
zeigt.
Hubbles Blick auf den Kometen ISON am 8. Mai
2013. Bild:
NASA, ESA und das Hubble Heritage Team (STScI/AURA) [Großansicht] |
Das Space Telescope Science Institute (STScI) hat kürzlich eine neue
Aufnahme des Kometen C/2012 S1 (ISON) veröffentlicht - oder besser: eine ganze
Reihe von Aufnahmen. Aus Daten, die am 8. Mai 2013 über einen Zeitraum vom 43
Minuten gewonnen wurden, erstellten die Astronomen nämlich einen kurzen, nur
fünf Sekunden dauernden Zeitrafferfilm [Video
bei YouTube], der die Bewegung des Kometen vor dem Hintergrund weiter
entfernter Sterne zeigt.
Die Beobachtungen wurden im sichtbaren Bereich des Lichts gemacht, wodurch
ursprünglich allerdings nur ein Schwarz-Weiß-Bild entstand. Die verschiedenen
Helligkeiten wurden für die jetzt veröffentlichte Aufnahme und das Video dann in
unterschiedliche Blautöne umgesetzt.
ISON war zum Zeitpunkt der Beobachtungen etwas mehr als 640 Millionen
Kilometer von der Erde entfernt und bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von
rund 77.000 Kilometern pro Stunde. Während Hubble den Kometen mit
seiner Wide Field Camera 3 anvisierte, legte der Komet somit eine
Strecke von über 50.000 Kilometern zurück. ISON ist für Astronomen von
besonderem Interesse, weil viele davon ausgehen, dass der Komet zum Jahresende
für ein spektakuläres Schauspiel am Himmel sorgen und sogar zu einem
"Jahrhundertkometen" werden könnte.
Kometen werden in der Regel nach ihrem Entdecker benannt. Tatsächlich steht
ISON für das International Scientific Optical Network. Mit einem
der Teleskope des Netzwerks wurde der Komet im September 2012 von zwei
russischen Astronomen entdeckt. Erste Berechnungen der Bahn von ISON hatten bald
gezeigt, dass der Komet sehr wahrscheinlich das erste Mal ins Innere des
Sonnensystems kommt.
Dies macht den Kometen besonders interessant: So wird ISON vermutlich noch
eine reine Oberfläche besitzen, die mit höherer Wahrscheinlichkeit flüchtige
Stoffe enthält, die bei einer Annäherung an die Sonne verdampfen können. ISON
dürfte aus der Oortschen Wolke stammen, einem vermuteten Reservoir von eisigen
Brocken, das unser Sonnensystem in großer Entfernung umgibt. Durch Störungen
oder Kollisionen in diesem Bereich können Brocken immer wieder ins innere
Sonnensystem abgelenkt werden, wo sie dann als langperiodische Kometen
erscheinen.
Den sonnennächsten Punkt seiner Bahn wird ISON am 28. November 2013
durchlaufen. Er ist dann lediglich 1,1 Millionen Kilometer von der Sonne
entfernt. Den erdnächsten Punkt erreicht der Komet am zweiten Weihnachtstag.
Sein Abstand zur Erde beträgt dann aber noch immer über 60 Millionen Kilometer.
Anzunehmen ist, dass ISON in den kommenden Monaten - mit weiterer Annäherung
an die Sonne - heller wird und auch sein Schweif immer länger. Ob ISON aber
tatsächlich zu einem "Jahrhundertkometen" wird, bleibt abzuwarten. Die
Helligkeit von Kometen lässt sich schwer voraussagen - insbesondere, wenn es
sich um neue, bislang unbekannte Kometen handelt. So könnte ISON auch vor
Erreichen des sonnennächsten Punktes wieder schwächer werden oder sogar
zerbrechen.
|