Planetenjäger beendet Hauptmission
von Stefan Deiters astronews.com
15. November 2012
Das NASA-Weltraumteleskop Kepler hat seine
dreieinhalbjährige Hauptmission zur Suche nach Planeten um andere Sonnen
abgeschlossen. In den Daten, die Kepler seit 2009 gesammelt hat, wurden
bislang über 2.300 Planetenkandidaten aufgespürt, mehr als 100 Funde gelten als
gesichert. In der erweiterten Missionsphase hoffen die Astronomen nun auf den
Nachweis einer wirklichen zweiten Erde.
Das
Weltraumteleskop Kepler der NASA.
Bild: NASA / Kepler Mission / Wendy
Stenzel |
Die Mission des im März 2009 gestarteten Weltraumteleskops Kepler gilt unter
Planetenjägern schon jetzt als großer Erfolg: Sie kann inzwischen über 2.300
aufgespürte Planetenkandidaten aufweisen sowie mehr als 100 gesicherte
Planetenfunde. Jetzt hat Kepler seine dreieinhalbjährige Hauptmission
beendet und beginnt mit der erweiterten Missionsphase. Die NASA hatte die
Kepler-Mission im April bis 2016 verlängert.
Kepler sucht
mit Hilfe der Transitmethode nach Planeten und visiert dazu ständig über 150.000
Sterne an, deren Helligkeit die Detektoren des Teleskops vermessen. Wandert -
aus Keplers Perspektive - ein Planet direkt vor seiner Sonne entlang,
verdunkelt er seinen Zentralstern ein wenig - ein Helligkeitsabfall, den
Kepler registrieren kann. Die Stärke des Helligkeitsabfalls erlaubt zudem
Rückschlüsse auf die Größe des Planeten relativ zu seiner Sonne.
Im Gegensatz zur Radialgeschwindigkeitsmethode, bei der nach einem durch
einen umlaufenden Planeten verursachten Wackeln eines Sterns gesucht wird, lassen
sich mit dem Transitverfahren auch Planeten aufspüren, die eine relativ
geringe Masse haben und damit auch Welten, die in Bezug auf Masse und Umlaufbahn
unserer Erde ähnlich sind.
Bislang hat Kepler
Hunderte von potentiellen Planeten entdeckt, die in etwa so groß wie unsere
Heimatwelt sind. Einige dieser Planetenkandidaten befinden sich zudem in der
sogenannten habitablen Zone um ihre Sonne und damit in einem Bereich, in dem
Temperaturen herrschen, die die Existenz von Wasser in flüssiger Form möglich
machen würden. Allerdings wurde bislang noch kein Planet aufgespürt, der exakt
der Erde gleicht, der also eine erdähnliche Masse hat und auch in einem Erdjahr
um seine Sonne kreist. Darauf hofft man allerdings während der erweiterten
Missionsphase.
Die Chancen, dass dies in den kommenden Jahren
tatsächlich gelingt, stehen nicht schlecht und ein entsprechender Fund wäre viel
früher auch kaum zu erwarten gewesen: Ein Planet wie die Erde würde ja nur ein
Mal pro Jahr aus Keplers Perspektive vor seiner Sonne vorüberziehen, so dass
eine mehrjährige Beobachtung des Sterns nötig ist, um sicher sein zu können,
dass man es tatsächlich mit einer periodisch wiederkehrenden Verdunklung zu tun
hat, die durch einen umlaufenden Planeten erklärt werden kann.
"Die anfänglichen Entdeckungen der Kepler-Mission deuten darauf hin,
dass mindestens jeder dritte Stern auch über Planeten verfügt", schätzt William
Borucki, der verantwortliche Wissenschaftler der Kepler-Mission am
Ames Research Center der NASA. "Die Anzahl der Planeten in unserer Galaxie
geht also in die Milliarden. Am meisten interessieren uns andere Erden und diese
könnten sich bereits in den Daten verbergen, die noch auf ihre Analyse warten.
Die faszinierendsten Resultate von Kepler stehen uns noch bevor."
Kepler hatte mit der Datensammlung im Mai 2009 begonnen und
innerhalb weniger Monate bereits die ersten fünf extrasolaren Planeten
aufgespürt. Dabei handelte es sich allerdings um Gasriesen, die in nur sehr
geringem Abstand um ihre Sonne kreisen, sogenannte heiße Jupiter. In der
Folgezeit spürten die Astronomen in den Kepler-Daten zahlreiche
faszinierende Systeme auf (astronews.com berichtete
wiederholt), beispielsweise eine Sonne, bei der sich der Transit
von mehr als einem Planeten beobachten lässt oder eine ferne Welt mit nur der
1,4-fachen Masse unserer Erde.
Vor knapp einem Jahr dann präsentierten Astronomen den ersten Kepler-Planeten,
der in der habitablen Zone um seine Sonne kreist. Diese Welt, Kepler-22b, hat
etwas mehr als den doppelten Durchmesser der Erde. Die Entdeckung war für das
Team eine wichtige Bestätigung dafür, dass sie auf gutem Weg sind, tatsächlich
einen erdähnlichen Planeten um einen anderen Stern aufzuspüren.
"Die Vielzahl von Planetenentdeckungen durch Kepler, von denen sich
viele deutlich von früheren Funden unterscheiden, wird uns auch in Zukunft zum
Staunen bringen", ist sich Planetenwissenschaftler Jack Lissauer vom Ames
Research Center sicher. "Für mich waren die schönsten Entdeckungen nicht
individuelle Planeten, sondern die Systeme mit zwei, drei oder sogar sechs
Welten, die um ihre Sonne kreisen und dies fast in der gleichen Ebene, wie auch
die Planeten in unserem Sonnensystem. Auch Planeten wechselwirken mit ihren
Nachbarn und können von ihnen merklich beeinflusst werden. Wie sieht also die
Nachbarschaft von erdgroßen extrasolaren Planeten aus? Dies ist die Frage, von
der ich am stärksten hoffe, dass sie uns Kepler in den kommenden Jahren
beantworten kann."
"Die Erde ist nicht einzigartig oder gar das Zentrum des Universums", meint
Prof. Geoff Marcy, ein bekannter Planetenjäger von der University of
California in Berkeley. "Die Vielfalt unter den fernen Welten ist deutlich
größer als in Science-Fiction-Filmen und Romanen dargestellt. Aristoteles wäre
stolz auf uns, dass wir gerade einige der bedeutendsten philosophischen Fragen
über unseren Platz im Universum beantworten."
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