Erste Flugtests mit privater Raumfähre
von Stefan Deiters astronews.com
7. Juni 2012
Die NASA setzt bei der Versorgung der Internationalen
Raumstation ISS auf Angebote privater Firmen und unterstützt daher die
Entwicklung kommerzieller Raumfahrtsysteme. Ende Mai konnte nicht nur die Firma
SpaceX mit ihrer Dragon-Raumkapsel einen wichtigen Erfolg
verbuchen, sondern auch das Team, das mit dem Dream Chaser eine neue
kleine Raumfähre entwickeln will.

Das Modell des Dream Chaser während des Captive-Carry-Flugtests am
Hubschrauber.
Foto: Sierra Nevada Corporation (SNC)
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Anfang 2010 entschied die Obama-Administration, dass die amerikanische
Raumfahrtbehörde NASA auf die Entwicklung eines Nachfolgers für die Space Shuttle verzichten und
stattdessen die Entwicklung
kommerzieller Raumfahrtsysteme unterstützen soll. Mit diesen, so die Planungen,
werden dann zukünftig Astronauten und Versorgungsgüter zur Internationalen
Raumstation ISS gebracht.
Diese neue Strategie trug im Mai erste Früchte, als der kommerzielle Raumfrachter
Dragon an die Internationale Raumstation andockte (astronews.com
berichtetet wiederholt). Nach den Plänen der Firma SpaceX, die die Raumkapsel
entwickelt hat, sollen mit Dragon auch einmal Astronauten zur ISS gebracht
werden.
Doch an dem Wettbewerb um die lukrativen Aufträge der NASA beteiligen sich auch
weitere Firmen mit teils ganz anderen Konzepten. Dazu gehört die Sierra Nevada
Corporation (SNC) und deren 100-prozentiges Tochterunternehmen SpaceDev. Die
Firma entwickelt im Rahmen des Commercial Crew Program der NASA ein als
Dream
Chaser bezeichnetes Transportsystem, das ein wenig an die alten Shuttle der
NASA erinnert.
Der Dream Chaser basiert auf dem HL-20 Personnel Launch System, einem Konzept,
das Anfang der 1990er Jahr am Langley Research Center der NASA
konzipiert,
aber nie realisiert wurde. Mit dem HL-20 sollten einmal Passagiere zur damals geplanten
US-Weltraumstation Freedom gebracht werden. Freedom wurde später zugunsten einer
internationalen Raumstation aufgegeben. Mit dem neuen Dream Chaser
werden einmal, so zumindest die Planungen, bis zu
sieben Astronauten zur ISS reisen können.
Dream Chaser sieht wie eine aerodynamischere und kleinere
Version des Space Shuttle aus. Es ist auch das einzige derzeit im Rahmen des
Commercial Crew Program entwickelte Raumfahrzeug, das über Flügel verfügt und einmal wie ein
Flugzeug auf einer konventionellen Landebahn landen soll. Starten wird der Dream
Chaser einmal mit Hilfe einer Trägerrakete vom Typ Atlas V.
Ende Mai gelang der Sierra Nevada Corporation nun ein wichtiger Meilenstein bei
der Entwicklung des Dream Chaser. Ein Modell der Raumfähre in Originalgröße
wurde mit Hilfe eines Hubschraubers durch die Luft bewegt, um damit erste Tests
der Flugeigenschaften unter realen Bedingungen durchzuführen und beispielsweise
die Funktionsweise der Flügel zu testen. Später ist geplant, die Raumfähre auch
vom Hubschrauber zu lösen und so die Landephase einer Mission zu simulieren. Ed
Mango, Programmmanager für das Commercial Crew Program der NASA, wertete den
Test am 29. Mai 2012 als "sehr positiven Erfolg" für das Dream Chaser-Team.
"Der erfolgreiche Captive-Carry-Flugtest des originalgroßen Dream Chaser-Flugmodells
markiert den Beginn des Flugtestprogramms der Sierra Nevada Corporation", so der
frühere NASA-Astronaut Steve Lindsey, der nun für den Flugbetrieb des Dream
Chaser bei SNC verantwortlich ist. "Am Ende dieses Programms könnten schließlich
bemannte Missionen zur Internationalen Raumstation für die NASA stehen." Weitere
Testflüge mit dem Dream Chaser-Modell sind nach NASA-Angaben noch für dieses
Jahr geplant.
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