Erster privater Raumfrachter im Orbit
von Stefan Deiters astronews.com
22. Mai 2012
Es war ein Bilderbuchstart: An Bord einer Trägerrakete vom
Typ Falcon 9 hob um 9.44 Uhr MESZ die Raumkapsel Dragon von
Cape Canaveral aus ins All ab. Wenige Minuten später waren der Erdorbit erreicht
und die Solarzellenpaneele ausgefahren. Verläuft während der Mission alles nach
Plan, könnte Dragon zum ersten privaten Versorgungsraumschiff der
Internationalen Raumstation ISS werden.

Der Dragon-Raumfrachter ist heute um 9.44 Uhr
MESZ von Florida aus gestartet.
Bild: NASA TV |
Eigentlich hätte es schon am vergangenen Sonnabend soweit sein sollen, doch der
für den 19. Mai 2012 vorgesehene Start wurde unmittelbar vor dem Abheben der
privaten Trägerrakete vom Typ Falcon 9 abgebrochen. Ein Sensor hatte
einen zu hohen Druck in einer der Brennkammern gemeldet und der Computer
daraufhin den Startvorgang gestoppt. So dramatisch die Bilder auch ausgesehen
haben mögen, ein "Scheitern des Dragon-Starts", wie einige Medien später
berichteten, war es nicht. Auch NASA und ESA haben für einen Start schon oft
mehrere Anläufe benötigt.
Trotz des Startabbruchs in letzter Minute waren die Falcon-9-Rakete und
die Dragon-Kapsel nämlich unversehrt, so dass nur rund 72 Stunden
später - und nach dem Austausch eines Ventils, das als Schuldiger für den
Abbruch identifiziert worden war - ein weiterer Versuch unternommen werden
konnte. Und heute Morgen verlief alles nach Plan: Die Falcon 9 erhob
sich um 9.44 Uhr MESZ in den Nachthimmel Floridas. Wenig später waren der
vorgesehene Orbit erreicht und die Solarzellenpaneele ausgefahren.
Die Erleichterung bei SpaceX, der Firma, die den Raumfrachter
Dragon und auch die Trägerrakete entwickelt hat, muss gewaltig sein. "Falcon
ist perfekt geflogen. Dragon im Orbit, Kommunikation steht und
Solarzellenpanelle aktiv!! Es fühlt sich an, als ist gerade eine gewaltige Last
von meinem Rücken gefallen :)" schrieb Elon Musk nach dem Start auf dem
Kurznachrichtendienst Twitter. Der 40-jährige Geschäftsmann ist der
Kopf von SpaceX. Er hatte unter anderem durch den Aufbau des
Online-Bezahldienstes Paypal und dessen Verkauf an eBay ein
Vermögen verdient.
Für die Dragon-Kapsel stehen nun erst einmal einige Test im Erdorbit
an, mit denen sichergestellt werden soll, dass eine kontrollierte Annäherung an
die Internationale Raumstation ISS und ein Andocken ohne Gefährdung für die
Raumstation und ihre Besatzung möglich ist. Nur wenn die NASA schließlich ihr OK
gibt, wird die Dragon-Kapsel an die ISS andocken dürfen und dann
tatsächlich Weltraumgeschichte als erster privater Raumfrachter schreiben
können.
Vorausgesetzt, dass alles nach den Plänen von SpaceX und NASA läuft,
könnte sich die Dragon-Kapsel am Freitagmittag der ISS so weit
angenähert haben, dass das Raumschiff mit dem Greifarm der Station erfasst und
an eine Andockschleuse bugsiert werden kann. Nach erfolgreichem Andocken würde
das Raumschiff dann für etwa sechs Tage an der ISS angedockt bleiben. Am
Donnerstag der kommenden Woche würde es die ISS schließlich wieder verlassen und
noch am selben Tag im Pazifik landen.
|