Russische Marsmond-Mission vor dem Start
von Stefan Deiters astronews.com
8. November 2011
Einige Wochen vor der nächsten NASA-Mission zum Mars soll
heute vom Weltraumbahnhof Baikonur aus eine ambitionierte russische Mission zum
Roten Planeten starten. Ziel von Phobos-Grunt ist der größte Mond des
Mars. Auf diesem soll die Sonde landen, eine Bodenprobe nehmen und zur Erde
zurückschicken. Außerdem befindet sich die erste chinesische Mars-Sonde an Bord.

Ziel von Phobos-Grunt:
der Marsmond
Phobos.
Bild: NASA/JPL-Caltech/University of
Arizona |
Wenn Phobos-Grunt tatsächlich heute Abend von Baikonur
aus Richtung Mars abhebt, geht für die beteiligten Wissenschaftler eine
jahrelange Phase bangen Wartens zu Ende, in der nicht wirklich klar war, ob die
Mission tatsächlich einmal die Erde verlassen würde. Die Idee der Mission lässt
sich nämlich bereits in der früheren Sowjetunion bis in die 1970er Jahre
zurückverfolgen. Schließlich sollte die Phobos-Mission dann Ende 1998 oder
Anfang 1999 gestartet werden. Doch der Misserfolg der russischen Mars-96-Mission,
die durch ein Versagen einer Raketenstufe bereits in der Erdatmosphäre
verglühte, hätte fast das Ende des gesamten russischen interplanetaren
Raumfahrtprogramms bedeutet.
Die Phobos-Mission wurde aber auch in dieser Zeit nicht vergessen
und erhielt schließlich sogar eine Chance zur Realisierung. Für den Start wurden
zunächst Termine in den Jahren 2005 und 2007 ins Auge gefasst, verschiedene
Änderungen führten aber immer wieder zu Verzögerungen, so dass auch der zuletzt
geplante Starttermin im Jahr 2009 nicht eingehalten werden konnte. Jetzt aber
ist Phobos-Grunt startklar und wäre - bei einem Erfolg - die erste
russische Mission seit 1988, die den Orbit der Erde verlässt.
Ziel von Phobos-Grunt ist Phobos, der größte Mond des Mars. Auf
diesem soll die Sonde landen und eine Bodenprobe nehmen. Das erklärt auch den
Namen der Mission: "Grunt" ist das russische Wort für "Boden". Die Bodenprobe
soll dann mit einer Rückkehrkapsel zur Erde geschickt werden. Außerdem wird
Phobos-Grunt auch den Mars aus der Umlaufbahn untersuchen. Die Sonde hat
zudem die kleine chinesische Marssonde Yinghuo-1 an Bord und ermöglicht
damit die erste interplanetare Mission der Chinesen.
An Bord der Rückkehrkapsel reisen außerdem zahlreiche irdische Passagiere zum
Mars: Im Rahmen des Living Interplanetary Flight Experiments (LIFE)
will die amerikanische Planetary Society herausfinden, ob sich das
Leben durch Meteoriten im Sonnensystem verbreitet haben könnte. Dazu haben sie
ein Bio-Modul entwickelt, das einen Meteoriten simulieren soll. In diesem
befinden sich Organismen aus allen drei Domänen, in die die Wissenschaft
zelluläre Lebewesen einteilt: Archaeen, Bakterien und Eukaryoten. So reisen
beispielsweise zahlreiche Pflanzensamen oder auch Bärtierchen zum Mars.
Das Bio-Modul soll schließlich zusammen mit der Bodenprobe von Phobos zur
Erde zurückkehren. Dann können die Wissenschaftler untersuchen, welche
Lebensformen die harschen Bedingungen des Weltalls überstanden haben,
theoretisch also auch auf einem Meteoriten von einem Planeten zum anderen
gereist sein könnten. "Wir wissen, dass viele Lebensformen an Bord von
Phobos LIFE extrem robust sind", so David Warmflash, der verantwortliche
Wissenschaftler des Experimentes. "Wir können es kaum erwarten, sie
zurückzubekommen und in unserem Labor zu untersuchen, wie sie durch diese
besonderen Umweltbedingungen beeinflusst wurden."
Phobos-Grunt soll heute um 21.16 Uhr MEZ von Baikonur aus an Bord
einer Zenit-Trägerrakete mit einer Fregat-Oberstufe starten.
Die Sonde wird dabei zunächst auf einen elliptischen Orbit gebracht, bei der
Phobos-Grunt zwischen 207 und 347 Kilometern von der Erde entfernt ist. Von
dort wird sie auf einen stark elliptischen Orbit und schließlich auf eine
interplanetare Bahn zum Mars beschleunigt werden. Den Mars soll Phobos-Grunt
dann am 12. Oktober 2012 erreichen, die Landung auf Phobos ist für Februar 2013,
der Rückstart zur Erde für Februar oder März 2013 geplant. Die Landung der
Probenrückholkapsel auf der Erde ist schließlich im August 2014 vorgesehen.
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