Neues vom Marsmond Phobos
Redaktion /
DLR-Pressemitteilung astronews.com
16. Oktober 2008
In den vergangenen Monaten flog die europäische Sonde Mars Express
insgesamt neun Mal an dem kleinen Marsmond Phobos vorüber. Die Aufnahmen, die
die hochauflösende Stereokamera HRSC und die Kamera SRC dabei machten, lieferten
neue, äußerst detailreiche Bilder der Mondoberfläche. Auch die Masse des Mondes
konnte bei den Vorüberflügen neu bestimmt werden.

Das globale
Bildmosaik von Phobos wurde aus 24 Bildern der
Kamera SRC (Super Resolution Channel) und acht
Viking Orbiter-Bildern erstellt. Alle
Einzelbilder wurden vorher auf das Digitale
Geländemodell projiziert, um eine ideale
Abbildung zu erhalten. Das benutzte Geländemodell
wurde aus HRSC-Daten berechnet.
Bild: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum) [Großansicht] |
Zwischen dem 23. Juli und dem 10. Oktober 2008 passierte die
Raumsonde Mars Express den kleinen Marsmond Phobos neun Mal. Während
dieser Vorbeiflüge wurden zahlreiche Aufnahmen mit der hochauflösenden
Stereokamera HRSC und der Kamera SRC (Super Resolution Channel)
erstellt. Hierbei wurden Gebiete fotografiert, die in bisherigen Phoboskarten
nur unzureichend abgedeckt waren. Außerdem machte Mars Express
Aufnahmen in bisher von HRSC unerreichter Auflösung. Wissenschaftler vom
Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) werteten diese Daten nun aus.
Die HRSC ist eine so genannte Zeilenkamera, bei der Bilder Zeile für Zeile
aufgenommen werden, während die Kamera sich an dem beobachteten Objekt
vorbeibewegt. Die insgesamt neun Bildzeilen nehmen das abzubildende Objekt aus
unterschiedlichen Blickwinkeln auf und ermöglichen somit die stereoskopische
3D-Auswertung der Bilddaten bei einem einzigen Vorbeiflug. Die SRC dagegen ist
eine herkömmliche Matrixkamera, die mit ihrer Brennweite von fast 990
Millimetern im Vergleich zu den HRSC-Bildern eine Lupe mit etwa vierfacher
Vergrößerung darstellt.
Phobos ist der innere der beiden Marsmonde und hat einen Abstand von 9.400
Kilometern zum Zentrum des roten Planeten. Mars Express ist derzeit die
einzige aktive Marssonde, die sich wegen ihrer stark elliptischen Bahn Phobos
nähern und Vorbeiflüge in geringem Abstand durchführen kann. Der Vorbeiflug am
23. Juli 2008 erfolgte im Abstand von 93 Kilometern zur Oberfläche
(astronews.com berichtete). Aufgrund der Anziehungskraft von Phobos und der
Störwirkung auf die Bahn der Raumsonde konnte beim Vorbeiflug sogar die Masse
von Phobos neu bestimmt werden: Sie beträgt demnach etwa 10,7 Billionen Tonnen.
Wissenschaftler des DLR-Instituts für Planetenforschung in Berlin werteten
inzwischen die SRC-Bilddaten von Phobos aus. So konnten Parameter der Umlaufbahn
des Marsmondes verfeinert sowie Figurenmodelle und Oberflächenkarten
vervollständigt werden. Zusammen mit der neuen Massenabschätzung für Phobos und
dem aus dem Figurenmodell errechneten Volumen von 5.680 Kubikkilometern konnte
die spezifische Dichte des Marstrabanten mit 1,887 Gramm pro Kubikzentimeter
gegenüber früheren Messungen verfeinert werden.
Diese Ergebnisse liefern wichtige Hinweise auf die mögliche chemische
Zusammensetzung, den inneren Aufbau und die Herkunft von Phobos. Demnach ist das
Innere von Phobos relativ porös. Die spezifische Dichte des Marsmondes ist damit
deutlich niedriger als die mittlere Dichte des Marsgesteins. Vergleichbare
Dichten sind für einige Asteroiden bereits beobachtet worden.
Im Rahmen der DLR-Arbeiten wurde eine völlig neue, geometrisch präzise Karte
des Marsmondes erstellt. Im Jahr 2009 will die russische Raumfahrtbehörde die
Mission Phobos Grunt zu dem Mond schicken, um Bodenproben auf der dem
Planeten abgewandten Seite zu sammeln und zur Erde zu bringen. Phobos Grunt
wird dann bei der Auswahl der Landestelle sowie bei der Navigation der Raumsonde
im Anflug auf den unregelmäßig geformten Himmelskörper vom Kartenmaterial und
den Phobos-Modellen der HRSC profitieren. Der nächste Phobos-Vorbeiflug der
ESA-Raumsonde Mars Express ist für den 4. November 2008 geplant.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der
Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof.
Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische
Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das
Wissenschaftsteam besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Institutionen und zehn
Nationen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
unter der Leitung des PI entwickelt und in Kooperation mit industriellen
Partnern gebaut. Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in
Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am
DLR.
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