Riesige Trümmerscheibe um q1 Eridani
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Jena astronews.com
14. September 2010
Um den der Sonne nicht unähnlichen Stern q1 Eridani haben Astronomen mithilfe des Infrarot-Weltraumteleskops Herschel eine
Trümmerscheibe entdeckt, die etwa doppelt so groß und rund 1.000 Mal
massereicher ist als der Kuipergürtel in unserem Sonnensystem. Ihre
Entstehung ist den Wissenschaftlern bislang ein Rätsel.

Darstellung der Wärmestrahlung des Sterns q1
Eridani mit seiner Trümmerscheibe.
Bild: Torsten Löhne/FSU |
Die Erde ist ein idealer Ort für das Leben: Die Sonne sorgt für
angenehme Temperaturen, lebenswichtiges Wasser ist ebenso vorhanden wie
Sauerstoff. Die Bedingungen, unter denen die Planeten unseres
Sonnensystems - auch die Erde - einst entstanden, sind da weitaus
unwirtlicher: "Temperaturen von plus 1.000 bis minus 200 Grad Celsius
und sonst nichts als Gas und Staub", beschreibt Prof. Dr. Alexander
Krivov von der Friedrich-Schiller-Universität Jena die "Kinderstube" von
Planetensystemen. Diese befindet sich in sogenannten protoplanetaren
Scheiben, die viele junge Sterne umgeben.
Bisher blieben Astrophysikern wie Krivov tiefere Einblicke in diese
Regionen des Alls verwehrt: "Da sie selbst nur minimale Strahlung
abgeben, sind diese Scheiben nur sehr schwer zu beobachten." Doch das
ändert sich gerade: Mit dem Weltraumteleskop Herschel, das die
ESA im vergangenen Jahr ins All geschickt hat, lassen sich nun auch den
kalten, finsteren Staubscheiben ihre Geheimnisse entlocken. Seit zehn
Monaten funkt Herschel Bilder und Daten zur Erde. Erste
wissenschaftliche Ergebnisse haben internationale Forscherteams jetzt in
einem Sonderband des Fachmagazins Astronomy & Astrophysics
veröffentlicht. An insgesamt sechs der aktuellen Publikationen sind auch
Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena beteiligt.
"Herschel ist mit seinem Spiegel von dreieinhalb Metern
Durchmesser das größte Teleskop, das je ins All geschossen wurde", weiß
Krivov, einer von vier Jenaer Autoren der Sonderausgabe. Doch anders als
etwa das Weltraumteleskop Hubble misst Herschel
Infrarotstrahlung. Dies hat den Vorteil, dass das neue "Auge im All"
nicht heiße, leuchtende Objekte - wie Sterne - beobachtet, sondern
vielmehr kalte, wie kosmische Staubscheiben.
Die Jenaer Astrophysiker und ihre Kollegen haben anhand der ersten
Messdaten von Herschel unter anderem sogenannte Trümmerscheiben
untersucht. So werden die Überreste protoplanetarer Scheiben bezeichnet,
nachdem die Planetenentstehung abgeschlossen ist. "Trümmerscheiben
enthalten kein Gas mehr, sondern nur Materiebrocken", erklärt Dr.
Torsten Löhne aus Krivovs Arbeitsgruppe. Auf ihrer Umlaufbahn um den
zentralen Stern kommt es immer wieder zu Kollisionen, wodurch jede Menge
Staub entsteht. Auch unser Sonnensystem ist von einer solchen
Trümmerscheibe umgeben, dem Kuipergürtel.
Krivov und seine Jenaer Institutskollegen haben die Aufnahmen
untersucht, die Herschel von der Trümmerscheibe gemacht hat,
die den Stern q1 Eridani umkreist. Dabei handelt es sich um einen etwa
57 Lichtjahre entfernten Stern im Sternbild Fluss Eridanus am südlichen
Sternenhimmel. "Wir hatten dort eine Trümmerscheibe erwartet, die etwa
mit unserem Kuipergürtel vergleichbar ist", sagt Dr. Löhne, schließlich
sei q1Eridani unserer Sonne in Sachen Größe, Alter und Leuchtkraft sehr
ähnlich. "Doch q1 Eridani umgibt eine Trümmerscheibe von gigantischem
Ausmaß", nennt Krivov das überraschende Ergebnis. Im Vergleich zum
Kuipergürtel ist diese etwa doppelt so groß und rund 1.000 Mal
massereicher.
Wie q1Eridani zu einem solch gewaltigen Staubgürtel kommt, das wollen
die Astrophysiker der Uni Jena nun in weiteren Untersuchungen
herausfinden. Neben seiner Trümmerscheibe macht den Stern auch ein
großer jupiter-ähnlicher Gasplanet interessant, der 2003 bei q1 Eridani
entdeckt wurde. "Wir vermuten stark, dass sich dort auch noch weitere
Planeten entdecken lassen", so Krivov. Zwei von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschungsprojekte, eins davon
zusammen mit den "Planetenjägern" der Uni Jena um Prof. Dr. Ralph
Neuhäuser, sollen dazu bereits in Kürze starten.
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