Erfolgreiches erstes Jahr für deutsche Astronomen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
18. Mai 2010
Rund ein Jahr nach dem Start des ESA-Weltraumteleskops Herschel
ziehen auch deutsche Wissenschaftler eine positive Bilanz. Schon die erste
Beobachtungen mit dem Teleskop haben neue Erkenntnisse über die Entstehung
von Sternen, über Staub in fernen Galaxien und über Moleküle im fernen
Weltall geliefert. Deutsche Astronomen zeichnen für eines der drei
Instrumente an Bord verantwortlich und sind an zahlreichen
Beobachtungsprogrammen beteiligt.

Aufnahme der Sternentstehungsregion ISOSS
J22164+6003 im Infraroten: Zu sehen sind
massereiche Sterne in frühen Phasen ihrer
Entwicklung. Einige der Protosterne sind noch
tief in bis zu -255 Grad Celsius kaltes Gas und
Staub eingebettet und nur im fernen Infrarot
nachweisbar. Das Bild ist eine Kombination von
Herschel-Beobachtungen im fernen Infrarot
(rötliche und gelbliche Strukturen) mit einem
Bild im nahen Infrarot des Calar-Alto-Observatoriums.
Bild: ESA/MPIA/Dr. O. Krause [Großansicht] |
Es war ein Bilderbuchstart: Am 14. Mai 2009 trug, wie berichtet, eine Ariane-5-Rakete das ESA-Weltraumteleskop
Herschel (und das Satellitenobservatorium Planck) in den Himmel über Französisch-Guyana. In Deutschland wurde der
Herschel-Start mit besonders großer Spannung verfolgt: Deutsche Forscher zeichnen für eines der drei Beobachtungsinstrumente an Bord verantwortlich und sind an einem weiteren maßgeblich beteiligt. Neun der 42 großen
Herschel-Beobachtungsprogramme werden von Forschern deutscher Institute geleitet.
Einen Monat später lieferte Herschel erste Aufnahmen – und begeisterte die Forscher:
"Bereits das erste Bild einer Spiralgalaxie, das wir aufnehmen konnten, übertraf unser aller Erwartungen", sagt Dr. Albrecht Poglitsch vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik, der die Entwicklung und den Bau des
Herschel-Beobachtungsinstruments PACS leitete. Im Gegensatz zum
Hubble-Weltraumteleskop, das sichtbares Licht und benachbarte Wellenlängen nachweist, beobachtet
Herschel im Bereich der fernen Infrarotstrahlung. Damit sieht das Teleskop vor allem die Wärmestrahlung besonders kalter Materie, beispielsweise kalter Molekül- und Gaswolken.
Jetzt, rund ein Jahr nach dem Start, lässt sich eine Bilanz der ersten wissenschaftlichen Ergebnisse ziehen.
Herschels neue Einblicke ins kalte Weltall sind besonders für diejenigen Forscher interessant, die sich mit der Entstehung neuer Sterne beschäftigen. So konnte
Herschel die früheste bekannte Entwicklungsphase von Sternvorläufern beobachten: Materie in Gas- und Staubwolken, die unter dem eigenen Schwerkrafteinfluss zusammengefallen ist, sich dabei aber noch nicht nennenswert aufgeheizt hat.
"Mit Herschels leistungsfähigen Wärmekameras können wir tiefer in die verborgenen Geburtsstätten der Sterne hinein sehen als je zuvor",
erläutert Dr. Oliver Krause vom Max-Planck-Institut für Astronomie und Leiter
dieses Beobachtungsprogramms. Herschels Spektrometer HIFI wiederum lieferte neue Erkenntnisse zur Zusammensetzung der Molekülwolken, aus denen Sterne entstehen. So konnte das Instrument in solchen Wolken erstmals das Molekül Oxidaniumyl nachweisen,
"Diese Molekülsorte ist noch nie zuvor außerhalb unseres Sonnensystems beobachtet worden", erklärt Prof. Dr. Jürgen Stutzki von der Universität zu Köln,
"und sie spielt eine zentrale Rolle in der Sauerstoffchemie in interstellaren Wolken."
Auch außerhalb unserer Heimatgalaxie gibt es Neuigkeiten. So zeigten
Herschel-Beobachtungen, dass die schwache Infrarotstrahlung, die die Erde aus allen Himmelsrichtungen erreicht, zum größten Teil von einzelnen, rund 11 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxien stammt. Das erlaubt Einblicke in die Entwicklungsgeschichte dieser Galaxien.
Noch weiter hinaus geblickt hat Herschel bei Untersuchungen der
entferntesten bekannten Galaxien, so genannten Quasaren, deren Licht rund 13
Milliarden Jahre lang zur Erde unterwegs war. In diesen Objekten konnte erstmals
kalter Staub nachgewiesen werden. Das gibt den Auftakt zu systematischen
Studien, aus denen die Forscher sich Erkenntnisse über die Sternentstehung im
frühen Universum versprechen.
Prof. Dr. Thomas Henning vom Max-Planck-Institut für Astronomie resümiert:
"Bereits im ersten Jahr hat uns Herschel faszinierende Einblicke ins
kalte Weltall ermöglicht."
|