Dem Geheimnis eines Blazars auf der Spur
Redaktion
/ Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft astronews.com
19. März 2009
Gemeinsam sieht man besser: Das stellten jetzt auch Wissenschaftler fest,
die den aktiven Kern der Galaxie PKS 2155-304 mit dem Gammastrahlenteleskop
Fermi der NASA und dem High Energy Stereoscopic System (H.E.S.S.)
in Namibia anvisierten. Die dadurch entdeckten Eigenschaften dieses als Blazar
bezeichneten Objekts kann sich das Team bislang allerdings nicht richtig
erklären.
Künstlerische Darstellung eines supermassereichen
schwarzen Lochs im Zentrum einer aktiven Galaxie
wie PKS 2155-304. In der Mitte schießt ein Jet
aus hochenergetischen Partikeln heraus.
Bild: NASA |
Ein internationales Team von Astrophysikern hat an einem aktiven Galaxienkern
überraschende Veränderungen der emittierten Strahlung festgestellt. Das Bild,
das sich aus diesen Beobachtungen im Sichtbaren, im Röntgen- und Gammalicht
ergibt, ist erheblich komplexer als erwartet und stellt die bisherigen Theorien
zur Erzeugung von Strahlung in solchen Objekten in Frage. Für diese Messungen
nahmen erstmals gleichzeitig die H.E.S.S.-Teleskope in Namibia sowie
der Gammasatellit Fermi der NASA den aktiven Kern der Galaxie PKS
2155-304, ein als Blazar bezeichnetes Objekt, ins Visier. Die Forschergruppe
berichtet über die Resultate in einer kommenden Ausgabe der Fachzeitschrift
The Astrophysical Journal.
Blazare gehören zur Familie der aktiven Galaxien. Wie bei den meisten dieser
Systeme schießen aus einem Blazar entgegengesetzt gerichtete Teilchenströme
(sogenannte Jets) mit nahezu Lichtgeschwindigkeit heraus, wenn Materie in ein
zentrales supermassereiches schwarzes Loch fällt. Bei Blazaren ist einer dieser Jets
direkt zur Erde gerichtet - so auch bei PKS 2155-304. Das Objekt liegt 1,5
Milliarden Lichtjahre entfernt im südlichen Sternbild Piscus Austrinus und ist
normalerweise eine schwache Quelle von Gammastrahlung.
Wenn es aber, wie im Jahr 2006, zu einem gewaltigen Strahlungsausbruch kommt,
dann wird der Blazar zur hellsten Quelle am Himmel im hochenergetischen
Gammalicht - 50 Billionen Mal energiereicher als sichtbares Licht. Aber selbst
von den allerhellsten Quellen erreicht uns höchstens ein einziges energiereiches
Gammaphoton pro Quadratmeter und Monat. Gammastrahlung wird in der Erdatmosphäre
absorbiert und erzeugt sehr kurzlebige Teilchenschauer. Wenn diese
ultraschnellen Teilchen durch die Erdatmosphäre fliegen, erzeugen sie schwache
Blitze aus blauem Licht, genannt Tscherenkow-Strahlung.
Das High Energy Stereoscopic System (H.E.S.S.) in Namibia mit vier
großen Teleskopen hat diese Lichtblitze von PKS 2155-304 eingefangen.
Gammastrahlung mit niedrigerer Energie wurde zudem direkt von dem Large Area
Telescope (LAT) an Bord des NASA-Satelliten Fermi gemessen. "Das
Observatorium gibt uns zum ersten Mal die Möglichkeit, diese gewaltige Galaxie
über möglichst viele Wellenlängen zu vermessen", sagt Werner Hofmann, Sprecher
des H.E.S.S.-Teams und Direktor am Max-Planck-Institut für Kernphysik in
Heidelberg.
Ergänzend zu den Beobachtungen im gesamten Gammastrahlungs-Bereich wurde die
Galaxie zeitgleich im Röntgenlicht von den Satelliten Swift und dem
Rossi X-ray Timing Explorer (RXTE) aufgenommen. Das H.E.S.S. Automatic
Telescope for Optical Monitoring registrierte zudem das sichtbare Licht.
Vom 25. August bis zum 6. September 2008 beobachteten die Teleskope gemeinsam
PKS 2155-304 in einem ruhigen Zustand.
Die Ergebnisse der zwölftägigen Kampagne überraschten die beteiligten
Forscher: In aktiven Phasen dieses und anderer Blazare steigt und fällt die
Emission im Röntgen- und Gammabereich gemeinsam. Aber im ruhigen Zustand von PKS
2155-304 ist dies nicht der Fall - und niemand weiß warum. Noch überraschender
war die Entdeckung, dass die Emission sichtbaren Lichts zusammen mit der
hochenergetischen Gammastrahlung steigt und fällt. "Es ist, als ob man einen
Gebläsebrenner beobachten würde, in dessen Flamme die höchsten und die
niedrigsten Temperaturen zusammen variieren, aber nicht die mittleren
Temperaturen", sagt Berrie Giebels, Astrophysiker an der École Polytechnique
in Paris, der sowohl für das H.E.S.S.- als auch das Fermi LAT-Team arbeitet.
"Wir lernen daraus, dass die verschiedenen Bestandteile der Jets in Blazaren
auf komplizierte Weise zusammenwirken und so die Strahlung erzeugen, die wir
beobachten", sagt Jim Chiang vom Fermi-Team an der Stanford
University in Kalifornien. "Diese Beobachtungen können erste Hinweise
enthalten, die uns helfen, die Vorgänge tief im Inneren eines Blazars zu
entschlüsseln."
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