Himmel aus dem Homeoffice weiter im Visier
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
23. April 2020
Von ihren Heimarbeitsplätzen aus erreichten
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Russland und Deutschland mit dem
Weltraumobservatorium Spectrum RG Mitte April einen wichtigen Meilenstein: Die
Teleskope ART-XC und eROSITA hatten die Hälfte des Himmels im Röntgenbereich kartographiert. Die
erste Gesamtkarte des Röntgenhimmels soll im Sommer fertig sein.
Der halbe Himmel wurde bereits von SRG/eROSITA im
Röntgenlicht gescannt.
Bild: SRG/eROSITA [Großansicht] |
Die Gesamtfläche der Himmelskugel beträgt 41253 Quadratgrad. Bis Ende
März hat das SRG/eROSITA-Teleskop eine Fläche von mehr als 20637 Quadratgrad
gescannt. In dem Viertel des Himmels, für dessen Bearbeitung und Analyse das
russische Konsortium verantwortlich ist, wurden mehr als 125.000
Röntgenquellen entdeckt. Darunter sind Zehntausende von AGN und Quasaren, die
durch den Einfall von Materie auf supermassereiche Schwarze Löcher
angetrieben werden, und mehr als tausend Galaxienhaufen, die hauptsächlich
mit der geheimnisvollen Dunklen Materie gefüllt sind. Die überwiegende
Mehrheit dieser Objekte befindet sich in kosmologischen Entfernungen von
Milliarden von Lichtjahren.
Die Röntgenkarte zeigt auch viele Tausende Sterne mit aktiven Koronen, die im
Röntgenlicht viel heller sind als unsere Sonne, sowie Überreste von
Supernova-Explosionen, Pulsaren, akkretierenden Weißen Zwergen und viele
andere Arten galaktischer Röntgenquellen. Viele dieser Objekte werden zum
ersten Mal beobachtet. Ihre Positionen am Himmel werden mit guter Genauigkeit
gemessen, oft besser als 10 Bogensekunden, so dass Astrophysiker sie mit
Objekten vergleichen können, die bei optischen und infraroten Wellenlängen
bekannt sind.
Auf der Karte ist der Nordpolsporn zu erkennen, der im weichen Röntgenlicht
die hellste und größte Region unserer Heimatgalaxie ist. Woher diese
Strahlung kommt bleibt unklar, auch wenn mehrere Szenarien diskutiert werden.
Zudem gibt es einen deutlich sichtbaren dunklen Streifen, der sich entlang
und etwas oberhalb der Ebene der Milchstraße erstreckt; hier ist die
Oberflächenhelligkeit der Röntgenstrahlung geringer als in anderen Teilen der
Karte. Dieser dunklere Bereich erscheint aufgrund der Absorption der weichen
Röntgenstrahlung durch Gas und Staub in diesem Teil der Galaxie.
Das SRG-Observatorium tastet den Himmel entlang eines Großkreises der
Himmelskugel mit einer rotierenden Ebene ab, die ungefähr der Bewegung der
Erde um die Sonne folgt. Alle Scans schneiden sich an den Ekliptik-Polen über
der Ebene des Sonnensystems, wo die Röntgenkarte dadurch ihre höchste
Empfindlichkeit erreicht. Die Dichte der von SRG/eROSITA detektierten Objekte
in diesem Bereich erreicht 350 Quellen pro Quadratgrad.
Die SRG-Himmelsdurchmusterung wird fortgesetzt. Jeden Tag betreibt die
Lavochkin-Assoziation von Roskosmos den Satelliten und überwacht seinen
Zustand. Zwei große Antennen des russischen Weltraumnetzwerks (eine
70-Meter-Schüssel in Ussuriysk und eine 64-Meter-Schüssel in Bear Lakes bei
Moskau) empfangen wissenschaftliche Daten und senden Befehle an den
Satelliten und die wissenschaftlichen Instrumente, die sich derzeit in einer
Entfernung von anderthalb Millionen Kilometern von der Erde (viermal weiter
als der Mond) befinden.
Wissenschaftler der beiden SRG/eROSITA-Konsortien, die vom
Weltraumforschungsinstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften in
Moskau und vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching
geleitet werden, verarbeiten und analysieren die wissenschaftlichen Daten. Es
wird erwartet, dass die erste Röntgenkarte des gesamten Himmels von Spectrum
RG bis Ende Juni dieses Jahres fertiggestellt sein wird.
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