eRosita soll nach dunkler Energie fahnden
Redaktion / MPG
astronews.com
2. April 2007
Man sieht sie nicht, man spürt sie nicht - und doch ist sie
so stark, dass sie das Universum auseinandertreibt: die bisher weitgehend
unerforschte Dunkle Energie. Von 2011 an soll das Röntgenteleskop eRosita
nach diesem geheimnisvollen Stoff fahnden. Der Grundstein für das internationale
Projekt wurde vergangene Woche in Moskau gelegt.
eRosita soll der neue Star am Himmel werden - hier ein
Designentwurf des deutschen Röntgenteleskops. Bild: Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik |
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat mit der Zuwendung von
21 Millionen Euro den Weg für eRosita (extended Roentgen Survey with an Imaging
Telescope Array) freigemacht. Die Forscher am
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching bei München
können nun mit der Entwicklung des Röntgenteleskops beginnen. Bereits am 23.
März war in Moskau zwischen DLR und der russischen Agentur Roskosmos eine
Vereinbarung, ein sogenanntes Memorandum of Understanding, unterzeichnet
worden. Damit ist sichergestellt, dass das deutsche Röntgenteleskop auf einem
russischen Satelliten fliegen kann.
"Ein lange gehegter Traum wird Wirklichkeit!", sagt Prof. Günther Hasinger,
leitender Wissenschaftler des Projekts und Direktor am Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik. Der Galaxien-Späher soll die Tradition deutscher
Astronomen bei der Beobachtung des Röntgenhimmels fortsetzen, die im Jahr 1990
mit dem ebenfalls am MPE entwickelten Satelliten Rosat begonnen hatte. Am
Bau von eRosita wirken wissenschaftliche Institute ebenso mit wie die
Industrie.
"Mit diesem anspruchsvollen und ehrgeizigen Projekt bauen wir in Deutschland
unsere international starke Stellung in der Röntgenastronomie weiter aus",
erklärt DLR-Vorstandsmitglied Ludwig Baumgarten. "Die hohen Standards und die
enorme wissenschaftliche Erkenntnis, die wir bereits in der Vergangenheit mit
der Mission Rosat und den Beteiligungen an XMM Newton und
Chandra gesetzt und erworben haben, werden nun nochmals übertroffen", fügt
er hinzu.
Das Röntgenteleskop aus Deutschland wird auf dem russischen Satelliten
Spektrum-Röntgen-Gamma (SRG) installiert. Es besteht aus sieben einzelnen
Spiegelsystemen mit knapp 36 Zentimetern Öffnung und jeweils 54 ineinander
geschachtelten Spiegelschalen, die den gesamten Himmel parallel durchmustern
werden. Die Kombination aus Sammelfläche, Gesichtsfeld und Auflösungsvermögen
ist bisher unerreicht.
Im Brennpunkt jedes Röntgenspiegels sitzt eine CCD-Kamera (Charge Coupled
Device-Kamera). Die sieben elektronischen "Augen" müssen während des
Betriebs auf eine Temperatur von minus 80 Grad gekühlt werden. In den Kameras
steckt Know-how aus dem Halbleiterlabor, das die Max-Planck-Institute für Physik
und extraterrestrische Physik in München unterhalten und aus dem die weltweit
empfindlichsten Röntgendetektoren stammen - etwa für den europäischen Satelliten
XMM-Newton und die beiden US-amerikanischen Marsrover Spirit und
Opportunity.
Wie ist das Universum entstanden? Wie sieht seine Zukunft aus? Was lehren uns
Geburt und Entwicklung von Galaxien über die Dynamik des Weltalls? Diese Fragen
beschäftigen die Astrophysiker zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Und erst seit
Kurzem wissen sie, dass sie lediglich vier Prozent des Kosmos sehen. Etwa 73
Prozent der mittleren Energiedichte des Universums stecken in der Dunklen
Energie, weitere 23 Prozent bestehen aus nicht-baryonischer Dunkler Materie. Die
Eigenschaften der beiden "Stoffe" sind noch weitgehend unbekannt. Hier setzt die
Mission eRosita an: Der Satellit soll die unterschiedlichen Anteile der
kosmischen Energiedichte mit bisher unerreichter Genauigkeit bestimmen.
Dazu wird eRosita rund 100.000 Galaxienhaufen unter die Lupe nehmen,
also Ansammlungen von Tausenden einzelnen Milchstraßensystemen. Die fliegende
Sternwarte registriert die Röntgenstrahlung des heißen Gases, das sich jeweils
im Zentrum eines Galaxienhaufens ansammelt. Die Beobachtungen geben die
räumliche Verteilung der großräumigen Strukturen aber nicht nur zum
gegenwärtigen Zeitpunkt wieder; weil die Haufen sehr weit entfernt sind und das
Licht entsprechend lange braucht, um von diesen Objekten zu uns zu gelangen,
bedeutet ein Blick in die Ferne gleichzeitig eine Reise in die Vergangenheit.
Aus dem Vergleich mit der Gegenwart, also aus der Beobachtung nahe gelegener
Haufen, können die Astronomen auf die zeitliche Variation der Strukturen
schließen - und damit auf die Rolle der Dunklen Energie, die als treibende Kraft
hinter der Veränderung steckt. "Die Auswirkungen der Dunklen Energie sind extrem
schwach und werden erst auf sehr großen Skalen wirksam, so dass man praktisch
das ganze sichtbare Universum braucht, um sie zu studieren. Und genau das
leistet eRosita", sagt Günther Hasinger.
eRosita soll im Jahr 2011 von Baikonur aus an Bord des russischen
Satelliten Spektrum-Röntgen-Gamma (SRG) mit einer Sojus-Fregat-Rakete
auf eine 600 Kilometer hohe Erdumlaufbahn gebracht werden und mindestens fünf
Jahre im All arbeiten.
An dem Projekt sind zahlreiche Institutionen und Firmen beteiligt: Neben den
Max-Planck-Instituten für extraterrestrische Physik und für Astrophysik, beide
aus Garching bei München, wirken Spezialisten des Instituts für Astronomie und
Astrophysik der Universität Tübingen, des Astrophysikalischen Instituts Potsdam,
der Universitätssternwarte Hamburg, der Remeis-Sternwarte Bamberg, des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), von Roskosmos und vom Space Research
Institute aus Moskau sowie von der Kayser-Threde GmbH, der Carl Zeiss AG und
der italienischen Medialario mit.
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