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ROSETTA
Abrutschende Klippe auf 67P
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung
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22. März 2017

Durch Auswertung von Daten des Kamerasystems OSIRIS an Bord der ESA-Sonde Rosetta ist es Wissenschaftlern gelungen, die Freisetzung einer Staubwolke auf das Abbrechen einer überhängenden Klippe auf dem Kometen 67P zurückzuführen. Die Staubwolke des Abbruchs am 10. Juli 2015 reichte mehrere hundert Kilometer weit ins All.

67P

Abrutschen einer überhängenden Klippe am Aswan-Steilhang. Links: OSIRIS-Aufnahmen der Klippe vor dem Erdrutsch. Mitte: Staubwolke, die am 10. Juli 2015 ins All gewirbelt wurde. Rechts: Aswan-Klippe nach dem Erdrutsch. Bild: ESA / Rosetta / MPS für OSIRIS Team (MPS / UPD / LAM / IAA / SSO / INTA / UPM / DASP / IDA [Großansicht]

Kometen sind aktive Himmelskörper, die Fontänen und Wolken aus Staub und Gas ins All spucken. Die Rosetta-Mission der europäischen Weltraumagentur ESA, die den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko von August 2014 bis September 2016 auf seinem Weg um die Sonne begleitete, konnte zahlreiche solcher Ereignisse dokumentieren und einem Ausgangsort auf der Kometenoberfläche zuordnen.

Während die meisten der Staubemissionen mehrere Wochen lang zu sehen sind, gibt es andere kurze Eruptionen, die nur wenige Minuten dauern. Neue Analysen erlauben es dem Team des wissenschaftlichen Kamerasystems OSIRIS der Rosetta-Sonde nun erstmals, in einem konkreten Fall das Abrutschen einer überhängenden Klippe für eine solche Stauberuption verantwortlich zu machen.

Am 10. Juli 2015 fing die Navigationskamera von Rosetta ein Bild der riesigen Wolke ein: Hunderte Kilometer erstreckte sie sich ins All und enthielt mindestens 100 Tonnen Staub. Die Suche nach ihrem Ausgangsort führte zu einer Region am Rande eines ausgedehnten Beckens auf der Nordseite des größeren Teils des Kometen, der sogenannten Aswan-Klippe.

OSIRIS-Aufnahmen dieser Region, die aus der Zeit vor dem 10. Juli 2015 stammen, zeigen eine schroffe Landschaft: etwa 180 Meter ragt die Aswan-Klippe in die Höhe; die Fläche darunter gleicht einem Geröllfeld. In Aufnahmen, die vor der Staubemission entstanden, klafft am Rand der Klippe ein tiefer, 70 Meter langer Riss. Tage später zeigt sich ein dramatisches Bild: Ein beträchtlicher Teil der Klippe ist abgerutscht, die frische Bruchkante deutlich heller die umliegende Oberfläche. 99 Prozent des abgerutschten Materials finden sich als Trümmer und Brocken am Fuß der Klippe wieder. "Der Rest muss beim Lawinenabgang ins All gewirbelt worden sein", resümiert Holger Sierks vom Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung, Leiter des OSIRIS-Teams.

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Die Masse wurde aus der Staubmenge aus den Aufnahmen der Navigationskamera ermittelt. Computersimulationen der Forscher deuten darauf hin, dass starke Temperaturschwankungen in den Wochen und Tagen vor dem Erdrutsch eine entscheidende Rolle gespielt haben könnten. "Im Juli 2015 schien die Sonne phasenweise fast senkrecht auf den überhängenden Teil der Aswan-Steilwand", erklärt Sebastian Höfner vom Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung, der die thermischen Berechnungen durchführte. Im Laufe eines Kometentages stiegen die Temperaturen dort auf etwa 60 Grad Celsius an. Das Plateau oberhalb der Klippe hingegen erhielt in dieser Zeit nur wenig Sonnenlicht und blieb mit maximal -90 Grad Celsius eiskalt.

Zwar ereignete sich der eigentliche Erdrutsch zu einem Zeitpunkt, als über der Aswan-Klippe Nacht herrschte. Die Forscher gehen dennoch davon aus, dass die starken Temperaturschwankungen bereits vorhandene Risse vergrößerten, bis das Material schließlich nachgab. Ähnliche Prozesse lösen auch auf der Erde Erosionsvorgänge aus. Die frische Bruchkante erlaubte zudem einen Blick ins sonst verborgene Innere des Kometen.

"Die neue Fläche war mindestens sechsmal so hell wie der Rest der Kometenoberfläche", beschreibt Sierks die Veränderung. Untersuchungen mit den verschiedenen Farbfiltern der OSIRIS-Kamera zeigen, dass dort gefrorenes Wasser freigelegt wurde. In den Monaten nach dem Lawinenabgang normalisiere sich die Helligkeit wieder: Das Eis war sublimiert.

Eine weitere Studie jetzt vorgestellte Studie liefert einen umfassenden Überblick über die Oberflächenveränderungen, die sich seit der Ankunft der Rosetta-Sonde am Kometen im August 2014 ereignet haben. Besonders dynamisch fallen diese im August 2015 aus, als der Komet den sonnennächsten Punkt seiner Umlaufbahn passierte. In dieser Zeit war der Komet besonders aktiv.

Die Analysen belegen, dass die Aktivität auf der Oberfläche sehr unterschiedliche Spuren hinterlässt: Während in manchen Regionen – etwa am Hals des Kometen – Risse auftreten, werden an anderen Stellen riesige Brocken versetzt. Wiederum andere Veränderungen fallen gleichmäßiger aus: Die oberflächliche Staubschicht wird nach und nach abgetragen und legt darunter liegende Strukturen frei. "Insgesamt betrachtet sind all diese Veränderungen jedoch alles andere als dramatisch", so Sierks.

Form und charakteristische Landschaften des Kometen sind auch nach der Sonnenpassage dieselben geblieben. Da der Komet auf früheren Umläufen um die Sonne ähnlich aktiv war, schließen die Forscher, dass sich sein heutiges Erscheinungsbild schon vor langer Zeit gebildet haben muss: entweder auf seinen ersten Reisen entlang der heutigen Umlaufbahn seit 1959 oder noch früher, als er noch ferner der Sonne seine Bahnen zog. In letzterem Fall müsste die Sublimation leicht-flüchtiger Gase wie etwa Kohlenmonoxid und -dioxid die Aktivität getrieben haben.

Rosetta war die erste Mission in der Geschichte, die einen Kometen angeflogen, ihn auf seinem Weg um die Sonne begleitet und eine Landeeinheit auf seiner Oberfläche absetzt hat. Das wissenschaftliche Kamerasystem OSIRIS wurde von einem Konsortium unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Zusammenarbeit mit Partnern aus Europa gabaut.

Die Ergebnisse wurden gestern in zwei Fachartikeln in den Zeitschriften Nature Astronomy und Science veröffentlicht.

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Rosetta, die astronews.com-Berichterstattung über die Rosetta-Mission
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arxiv.org
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
Rosetta, Seite der ESA
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