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MARSMETEORITEN
Kohlenstoff als Hinweis auf Leben?
Redaktion / Pressemitteilung der Universität Bayreuth
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3. Dezember 2014

Bei der Untersuchung eines erst 2011 in Marokko niedergegangenen Meteoriten vom Mars glauben Wissenschaftler neue Hinweise auf früheres primitives Leben auf dem Roten Planeten entdeckt zu haben. Sie wiesen nämlich Kohlenstoff in einer Probe des Brockens nach, dessen Entstehung besser durch Lebensprozesse erklärt werden kann. Andere Möglichkeiten wollen sie aber nicht ausschließen.

Tissint

Foto eines Stücks des Marsmeteoriten Tissint, das 327 Gramm wiegt. Dunkle Flecken und Adern auf der gebrochenen Oberfläche sind durch Schmelzprozesse bei einem energiereichen Ereignis auf dem Mars entstanden. Bild: Hui Ren, Institut für Geologie und Geophysik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking [Großansicht]

Im Juli 2011 ging der Marsmeteorit Tissint in Marokko nieder. Ein internationales Forscherteam hat nun in Gesteinsproben des Meteoriten organischen Kohlenstoff gefunden und ihn in Zusammenhang mit den umgebenden Mineralien präzise untersucht. Gewichtige Gründe würden, so die Forscher, dafürsprechen, dass der Kohlenstoff auf dem Mars entstanden ist.

Sie sind zudem überzeugt, dass sich ihre Ergebnisse besser durch Lebensprozesse als durch abiotische Prozesse erklären lassen. Sie schließen aber die Möglichkeit nicht völlig aus, dass der Kohlenstoff aufgrund abiotischer Prozesse entstanden ist.

Es war der Forschung bereits bekannt, dass der Meteorit Tissint – ebenso wie zwölf andere Marsmeteoriten, die zuvor gefunden wurden – organischen Kohlenstoff enthält. Umstritten war allerdings immer die Frage, ob sich dieser Kohlenstoff möglicherweise erst nach dem Aufprall auf der Erde gebildet hat.

In der jetzt vorgestellten Studie verweisen die Wissenschaftler aber auf die kurze Zeit, die zwischen dem Aufprall und dem Fund des Tissint verging, und argumentieren dafür, dass jedenfalls der von ihnen entdeckte und auf seine Strukturen hin untersuchte organische Kohlenstoff nicht auf der Erde, sondern in einer viel früheren Phase des Mars entstanden ist, nämlich vor einigen hundert Millionen Jahren.

Hierfür führen sie insbesondere drei Gründe an: So befindet sich der organische Kohlenstoff in winzigen Gesteinsadern des Tissint, die sich bei einem schockartigen Schmelzprozess gebildet haben müssen. Es ist nicht plausibel anzunehmen, dass ein derartiger Prozess in dem marokkanischen Wüstengebiet, wo der Meteorit niederging, stattgefunden hat. Außerdem würden einige Kohlenstoffkörner in den Gesteinsadern des Tissint in Form von Diamant existieren und es seien keine Bedingungen bekannt, unter denen auf der Oberfläche dieses nordafrikanischen Gebiets Diamant entstanden sein könnte.

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Schließlich enthält der organische Kohlenstoff im Tissint einen sehr hohen Anteil an Deuterium; also eines schweren Wasserstoffisotops, dessen Atomkern ein Proton und ein Neutron enthält. "Eine derart enorme Anreicherung mit Deuterium ist der typische 'Fingerabdruck' von Marsgestein, den wir bereits von früheren Messungen kennen", erklärt Prof. Dr. Ahmed El Goresy, der seit 2005 als Gastprofessor am Bayerischen Geoinstitut (BGI), einem internationalen Forschungszentrum der Universität Bayreuth, tätig ist und an der Studie maßgeblich beteiligt war.

Ist der im Tissint enthaltene organische Kohlenstoff aber biotischen Ursprungs, hat es also in einer früheren Phase in der Geschichte des Mars Mikroorganismen gegeben, die zu seiner Entstehung beigetragen haben? Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen, dass diese Annahme mit ihren Forschungsergebnissen gut vereinbar ist. Zudem haben sie mit Nano-Sekundärionen-Massenspektroskopie einen auffallend geringen Anteil des Kohlenstoff-Isotops 13C festgestellt: ein Indiz, das die Annahme von Lebensprozessen unterstützt.

Die Isotopensignatur des organischen Kohlenstoffs im Tissint zeigt gewisse Ähnlichkeiten mit Isotopensignaturen, die bei biotischen Aktivitäten auf der Erde beobachtet wurden. "Wir können und wollen aber nicht völlig ausschließen, dass der organische Kohlenstoff im Tissint einen abiotischen Ursprung hat", so Prof. Dr. Yangting Lin vom Institut für Geologie und Geophysik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking. "Es könnte möglich sein, dass der organische Kohlenstoff durch kohlenstoffhaltige Chondriten - also kleine Meteoriten – entstanden ist, die auf der Marsoberfläche eingeschlagen sind. Allerdings ist es schwer vorstellbar, wie dies geschehen sein könnte."

Von einigen Wissenschaftlern wurde bisher die Auffassung vertreten, der Kohlenstoff im Tissint sei in heißem Magma synthetisiert worden, das in die Gesteinsadern eingedrungen sei. Diese Möglichkeit aber konnte von dem internationalen Forschungsteam widerlegt werden.

Das Studium von Marsmeteoriten stünde, so die Forscher, nicht in Konkurrenz zu den Untersuchungen des Marsrovers Curiosity auf dem Mars, sondern würde diese eher ergänzen: "Mars-Rover wie die Curiosity stellen einen phantastischen technologischen Fortschritt dar. Sie leisten eine sehr wertvolle Arbeit hinsichtlich der Frage, ob es auf dem Mars günstige Bedingungen für Leben gibt oder gab", meint El Goresy.

"In einem Punkt allerdings ist die Meteoriten-Forschung bislang überlegen. Die Mars-Rover sammeln, pulverisieren und analysieren große Probenmengen, so dass sie nur Durchschnittswerte bezüglich ihrer Zusammensetzung ermitteln können. Mikroskopische und in situ spektroskopische Untersuchungen ermöglichen hingegen Analysen von unzerstörten individuellen Kohlenstoffkörnern an genau dem Ort, wo sie vorkommen", so der Bayreuther Meteoritenforscher.

Über ihre Resultate berichtete das Team jetzt in der Zeitschrift Meteoritic and Planetary Science.

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siehe auch
Marsmeteoriten: Neue Hinweise auf Leben? - 28. Februar 2014
Curiosity: Marsmeteoriten stammen vom Mars - 21. Oktober 2013
Marsmeteoriten: Rätsel um Herkunft der Marsmeteoriten gelöst - 22. November 2002
Marsmeteoriten: Gab es doch Leben auf dem Mars? - 9. August 2002
Marsmeteoriten: Neue Hinweise auf primitives Leben - 14. Dezember 2000

Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten
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