Am 27. Dezember 1984 fand ein Team der National Science Foundation
in der Antarktis einen fast zwei Kilogramm schweren Meteoriten: ALH84001.
Ursprünglich wurde er als eine seltene Form eines Achondriten
klassifiziert. Erst neun Jahre später fand man heraus, dass
der Meteorit wegen der Isotopenverhältnisse des Sauerstoffs vom
Mars stammen muss. Weitere Untersuchungen zeigten, dass das Gestein des
Meteoriten etwa ein Alter von rund 4,5 Milliarden Jahren besitzt und somit
kurz nach der Entstehung des Planeten entstanden ist. Vor etwa 16
Millionen Jahren wurde er bei einer Kollision mit einem Planetoiden oder
Kometen in den interplanetaren Raum geschleudert. Schließlich geriet er
vor 13.000 Jahren in den Anziehungsbereich der Erde und ging in der
Antarktis nieder.
1996 schließlich sorgte das Ergebnis einer Forschergruppe für
weltweites Aufsehen: Die Wissenschaftler glaubten, in bestimmten Bereichen
des Marsmeteoriten Anzeichen früherer biologischer Aktivität gefunden zu
haben. Wenn sich dies bestätigen würde, wäre es ein Beweis für
urzeitliches primitives Leben auf dem Mars. Da ist es nur verständlich,
dass diese Befunde in der Fachwelt kontrovers diskutiert wurden. In einem
Artikel in der Zeitschrift Applied and Environmental Microbiology
legt eine Forschergruppe um die NASA-Astrobiologin Kathie L. Thomas-Keprta
nun neue Belege für eine ehemals biologische Aktivität auf dem Mars vor.
Danach wurde 25 Prozent des magnetischen Materials in dem Meteoriten durch
Bakterien auf dem Mars erzeugt. Für diesen Nachweis verwendeten die
Wissenschaftler sechs bestimmte physikalische Eigenschaften, die sie als
eine biologische Signatur ansehen, also ein physikalisches beziehungsweise
chemisches Lebenszeichen, das nicht durch zufällige Prozesse oder
menschliche Einwirkung entstehen konnte.
Kernpunkt der Untersuchung war das Mineral Magnetit, das auch auf der Erde
häufig vorkommt. Gewöhnlich entsteht es bei verschiedenen anorganischen
Prozessen. Allerdings fand man 1975 heraus, dass es auch eine Gruppe von
Bakterien gibt, die ebenfalls Magnetit mit ganz bestimmten Eigenschaften
erzeugen. Magnetit erzeugenden Bakterien kommen in wässrigen Umgebungen
vor. Eine bestimmte Gruppe von ihnen - MV-1 - bildet eine Kette von etwa
zwölf wohlgeordneten Magnetit-Kristallen in ihren Zellen, die wie Kompasse
wirken. Alle diese Bakterien stellen nur einen einzigen bestimmten Typ der
Kristalle her, die etwa 30 - 120 Nanometer (Milliardstel Meter) groß sind.
Außerdem sind sie chemisch rein und ohne Kristalldefekte.
"Keine nichtbiologische Magnetit-Population, die natürlich oder im Labor
entstand, hat je unsere Kriterien für eine biologische Signatur erfüllt,"
erklärt Thomas-Keprta. "Das bedeutet das ein viertel der Magnetitkristalle,
die in den Carbonaten des Marsmeteoriten ALH84001 enthalten sind, ein
biologischen Einfluss benötigen, um ihre Gegenwart zu erklären." In
früheren Untersuchungen fanden die Forscher schon heraus, dass etwa ein
viertel der winzigen Magnetitkristallen in ALH84001 bemerkenswerte
physikalische und chemische Ähnlichkeiten mit den von Bakterien gebildeten
Magnetitpartikeln haben. Nun aber wurden zum ersten Mal sechs
unterschiedliche Kriterien auf die Magnetitpartikel in dem Meteoriten
angewendet.
Die Tatsache, dass die Daten der Raumsonde Mars Global Surveyor
zeigen, dass auch der Mars früher ein Magnetfeld besaß, passt zu der
Annahme, dass es auf ihm Bakterien gab, die magnetische Materialien
erzeugen konnten. Gruppenmitglied Simon Clemett meint: "Unsere beste
Arbeitshypothese ist die, dass der frühe Mars die Entwicklung von
Bakterien ermöglichte, die mehrere Eigenschaften mit den Magnetit
bildenden Bakterien auf der Erde gemeinsam hatten, insbesondere mit der
MV-1-Gruppe."
Im Juni wurde Ergebnisse der Sonde Mars Odyssey veröffentlicht, die
zeigen, dass sich unter der Oberfläche des Mars Wassereis befinden könnte.
Diese Eigenschaft in Verbindung mit der an Kohlendioxid reichen Atmosphäre
könnte die notwendigen Voraussetzungen geschaffen haben, dass sich
Mikroben ähnlich den fossilen Überresten in ALH84001 entwickelten. "Wir
glauben, diese neue Untersuchung zeigt, dass die Magnetite in ALH84001 am
Besten als eine Mischung aus biologischen und anorganischen Prozessen
erklärt werden können, die auf dem frühen Mars aktiv waren", so
Thomas-Keprta.
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