Edoardo Amaldi erreicht ISS
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
29. März 2012
Der europäische
Raumfrachter
Edoardo Amaldi hat in der Nacht auf Donnerstag die Internationale
Raumstation ISS erreicht. Das ATV-3 dockte um 0.31 Uhr MESZ automatisch
an die ISS an. Der Raumfrachter wird voraussichtlich bis zum 27. August
an die ISS angedockt bleiben und soll anschließend in der Erdatmosphäre
verglühen.
Das ATV-3 dockte vollautomatisch an das Swesda-Modul
der ISS an.
Bild: ESA |
Ein Rendezvous bei 28.000 Kilometern pro Stunde in rund 380 Kilometern
Höhe ist auch für erfahrene Raumfahrtingenieure und Astronauten keine
Routine: Applaus brandete deshalb nicht nur im ATV-Kontrollzentrum der
Europäischen Weltraumagentur ESA in Toulouse auf, als der dritte
europäische Raumtransporter mit dem Namen "Edoardo Amaldi" am 29. März
2012 um 0.31 Uhr MESZ an der Internationalen Raumstation ISS angedockt
ist.
"Läuft alles planmäßig, wird ATV-3 am 27. August 2012 die Internationale
Raumstation wieder verlassen und auf seinem Rückflug beim Wiedereintritt
in die Erdatmosphäre verglühen", erklärt Volker Schmid, Leiter der
ISS-Fachgruppe beim Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft-
und Raumfahrt (DLR) und zuständig für die Koordination der deutschen
Beiträge des ATV-Programms der ESA.
Das dritte Exemplar der ATV (Automated Transfer Vehicle)-Reihe, benannt
nach dem italienischen Physiker und Weltraumpionier Edoardo Amaldi, war
vor sechs Tagen, am 23. März 2012, vom Europäischen Weltraumbahnhof in
Kourou zur Internationalen Raumstation ISS gestartet (astronews.com
berichtete). Das 20 Tonnen schwere ATV-3 kann selbständig navigieren und
ist automatisch an der Raumstation angedockt. ESA-Astronaut André
Kuipers hat den Vorgang mit seinen Kollegen von der ISS aus überwacht.
Das ATV ist das europäische Versorgungs- und Antriebsraumschiff für die
ISS. Im Vergleich zu seinen Vorgängern "Jules Verne" (2008) und
"Johannes Kepler" (2011) hat Edoardo Amaldi rund 600 Kilogramm
zusätzliche Trockenfracht an Bord. Insgesamt bringt ATV-3 knapp sieben
Tonnen Nutzlast zur ISS. "Neben Nahrung und Kleidung, Wasser und Luft,
Experimenten und medizinischer Ausstattung ist das vor allem Treibstoff
für das russische Swesda-Modul - hier dockt ATV-3 an - und für
die neun geplanten ISS-Bahnkorrekturen, die bis August vorgesehen sind",
sagt DLR-Experte Schmid. Diese Manöver sind in regelmäßigen Abständen
notwendig, um das Abbremsen der ISS durch den Widerstand der Atmosphäre
und den damit einhergehenden Höhenverlust auszugleichen.
Zur wertvollen Fracht gehört aus wissenschaftlicher Sicht auch ein so
genannter Re-entry Break-up Recorder (REBR). Dieses Gerät
zeichnet die Beschleunigungen von ATV-3 beim Wiedereintritt auf und
verglüht nicht. Volker Schmid: "Der Rekorder sendet in seiner letzten
Flugphase die Daten über einen Iridium-Kommunikationssatelliten zur
Bodenstation. Daraus lassen sich für uns Rückschlüsse über die Kräfte
ziehen, die beim Wiedereintritt auf das ATV wirken."
Zudem hat ATV-3 neun Experimente und Hardware zur ISS gebracht, darunter
z. B. zwei Experimentmodule für die amerikanische Weltraumbehörde NASA,
neue Proben für das ALTEA-Shield-Strahlendosimetrie-Experiment der ESA,
Material zur Aufnahme von Proben menschlicher Ausscheidungen für das
ENERGY-Experiment der ESA, Elektronikersatzteile für das BIOLAB-Labor im
europäischen Columbus-Modul der ISS und Messgeräte für das
NASA-Experiment VO2Max, das sich mit Veränderungen des Lungenvolumens in
Schwerelosigkeit befasst. Außerdem transportiert ATV-3 eine besondere
Pumpe zur Flüssigkeitsregulierung zur ISS; diese gehört zu einem System,
mit dem die Astronauten Urin in Trinkwasser umwandeln können.
Edoardo Amaldi besteht aus einem Antriebsmodul mit vier
Haupttriebwerken und 28 kleinen Triebwerken für die Lagekontrolle, einem
Avionikmodul mit der Elektronik, die für die Mission notwendig ist, und
dem integrierten Frachtraum. Dieser hat direkt am Swesda-Modul
der ISS angedockt und kann in den nächsten Monaten nach und nach von den
Astronauten an Bord der Raumstation entladen werden.
Das Andocken selbst dauerte etwa dreieinhalb Stunden und wurde auf den
letzten 250 Metern vor der Kopplung von vier optischen Sensoren
ausgeführt. Diese zielten mit Laserimpulsen auf Reflektoren am
Swesda-Modul, um Abstand, relative Lage und Geschwindigkeit der
Annäherung zu messen. ATV-3 stoppte zunächst rund 40 Kilometer hinter
der ISS und näherte sich dann langsam an die Raumstation an.
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