Fünftes ATV heißt Georges Lemaître
von Stefan Deiters astronews.com
17. Februar 2012
Das fünfte und letzte derzeit geplante Automated
Transfer Vehicle (ATV) der europäischen Weltraumagentur ESA wird den Namen
"Georges Lemaître" tragen. Der belgische Theologe und Astrophysiker gilt als der
Begründer der Urknalltheorie. Die ESA-Raumfrachter stellen einen wichtigen
Beitrag zur Versorgung der Internationalen Raumstation ISS dar.

Das fünfte ATV
der ESA wird nach Georges Lemaître benannt.
Foto: Katholieke Universiteit Leuven |
Die unbemannten europäischen Raumfrachter, Automated Transfer Vehicle, kurz ATV, genannt, stellen einen wichtigen
Beitrag der europäischen Weltraumagentur ESA zur Versorgung der Internationalen
Raumstation ISS dar. Nach dem Ende der Space-Shuttle-Flüge im vergangenen Jahr
spielen sie bei der Aufrechterhaltung des Betriebs der ISS eine noch wichtigere
Rolle. Ansonsten kann die ISS derzeit nur noch von russischen Raumschiffen und
von einem japanischen Raumfrachter angesteuert werden.
Das erste, 2008 gestartete ATV trug den Namen des französischen
Science-Fiction-Autors Jules Verne. Auch die folgenden Raumfrachter wurden dann
nach Europäern benannt, die mit ihren Visionen eine wichtige Rolle in
Wissenschaft und Technik gespielt haben. Das im vergangenen Jahr gestartete
ATV-2 trug den Namen des deutschen Astronomen Johannes Kepler, das ATV-3, das im
März gestartet werden soll, heißt "Edoardo Amaldi" und ist damit nach einem
italienischen Physiker und Weltraumpionier benannt. Das ATV-4, dessen Start im
kommenden Jahr geplant ist, trägt den Namen "Albert Einstein".
Der Name "Georges Lemaître" für das fünfte und letzte der zunächst geplanten
ATV wurde von der belgischen ESA-Delegation vorgeschlagen und auf einer Sitzung
in Paris in dieser Woche von den Delegierten gebilligt. "Belgien war beim
europäischen Weltraumabenteuer von Beginn an ein wichtiger Mitstreiter", meinte
ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain im Anschluss an den Beschluss. "Durch
die Benennung des ATV-5 nach Georges Lemaître ehren wir einen belgischen
Wissenschaftler von Weltklasse, dessen Arbeit entscheidend dazu beigetragen hat,
unser Wissen über den Ursprung des Universums zu erweitern."
Georges Lemaître wurde 1894 geboren, studierte Mathematik und Physik und
promovierte 1920. Drei Jahre später wurde er zum Priester ordiniert. Nach
Aufenthalten im englischen Cambridge, in Harvard und am Massachusetts
Institute of Technology (MIT) kehrte er nach Belgien zurück und wurde 1925
Professor an der Katholischen Universität Löwen. 1927 entdeckte er Lösungen der
Einsteinschen Feldgleichungen, die kein statisches, sondern ein expandierendes
Universum ergeben. Lemaître lieferte auch eine erste Abschätzung der
Hubblekonstante, die diese Expansion beschreibt. Die Idee eines expandierenden
Universums sollte später als Urknalltheorie weltberühmt werden.
Die Automated Transfer Vehicle bringen bei jedem Flug rund sechs
Tonnen an Versorgungsmaterial zur Internationalen Raumstation ISS. Sie bleiben
für bis zu sechs Monate an die Raumstation angedockt und werden dann - mit Müll
und nicht mehr benötigten Gegenständen beladen - gezielt zum Absturz gebracht,
so dass sie in der Erdatmosphäre verglühen.
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