Gewaltiger Sturm auf HD 209458b
von Stefan Deiters astronews.com
23. Juni 2010
Mit Hilfe des Very Large Telescope der europäischen
Südsternwarte ESO haben Astronomen einen gewaltigen Sturm auf dem extrasolaren
Gasriesen HD 209458b nachweisen können. Außerdem gelang es den Wissenschaftlern,
die Bahngeschwindigkeit des Planeten zu bestimmen, wodurch sich auch seine Masse
direkt ermitteln ließ.
So könnte der Planet HD 209458b aussehen, auf
dem Astronomen nun einen gewaltigen Sturm
nachweisen konnten.
Bild: ESO / L. Calçada |
"HD 209458b ist mit Sicherheit kein Ort für Angsthasen", warnt
Ignas Snellen von der Sternwarte im niederländischen Leiden, der das
Beobachterteam leitete. "Durch die genaue Untersuchung des giftigen
Kohlenmonoxidgases haben wir Hinweise auf unglaublich starke Winde gefunden, die
Geschwindigkeiten von 5.000 bis 10.000 Kilometern pro Stunde haben." Das Team um
Snellen berichtet in der in dieser Woche erscheinenden Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins Nature von ihren Resultaten.
HD 209458b ist für die Astronomen kein Unbekannter. Auch bei astronews.com
haben wir schon wiederholt über diesen Planeten berichtet, der sich in ungefähr
150 Lichtjahre Entfernung im Sternbild Pegasus befindet. Er hat etwa 60 Prozent
der Masse des Gasriesen Jupiter, umrundet seine Sonne allerdings in einem
Abstand, der nur etwa fünf Prozent der Entfernung der Erde von der Sonne
entspricht. Dadurch sollten auf dem Planeten Temperaturen von bis zu 1.000 Grad
Celsius auf der dem Stern zugewandten Seite herrschen.
Da der Planet seinem Stern aber immer die gleiche Seite zuwendet, ist eine
Seite der fernen Welt ständig sehr heiß, die andere jedoch deutlich kühler. "Auf
der Erde führen große Temperaturunterschiede zwangsläufig zu starken Winden und
dank unserer neuen Messungen wissen wir jetzt, dass dies auf HD 209458b genauso
ist", erklärt Teammitglied Simon Albrecht vom Massachusetts Institute f
Technology in den USA.
HD 209458b ist deswegen ein so beliebtes Studienobjekt, weil es sich bei dem
Planeten um einen sogenannten Transitplaneten handelt, der also von der Erde aus
gesehen regelmäßig vor seiner Sonne vorüberzieht. Er war sogar der erste
Transitplanet, der überhaupt entdeckt wurde. Bei einem Transit durchläuft ein
kleiner Teil des Lichts des Sterns auch die Atmosphäre des Planeten, so dass
sich im Spektrum Hinweise auf deren Zusammensetzung finden lassen. HD 209458b
benötigt für eine Umrundung seines Sterns 3,5 Tage.
Mithilfe des leistungsstarken Spektrographen CRIRES am Very Large
Telescope der ESO auf dem Gipfel des Paranal in Chile haben Astronomen den
Stern HD 209458 und seinen umlaufenden Planeten für insgesamt fünf Stunden
während eines Transits untersucht. "CRIRES ist das einzige Instrument auf der
Welt, das Spektren liefern kann, die so scharf sind, dass wir die Position der
Kohlenmonoxid-Linien darin mit hoher Präzision messen können", so Teammitglied
Remco de Kok von SRON im niederländischen Utrecht. "Deswegen ließ sich mit Hilfe
des Dopplereffektes erstmals die Geschwindigkeit des Kohlenmonoxidgases
bestimmen."
Doch das war noch nicht alles: Den Wissenschaftlern gelang es auch, die
Geschwindigkeit des extrasolaren Planeten auf seiner Bahn um seine Sonne zu
ermitteln. "Normalerweise bestimmt man die Masse eines Exoplaneten indem man das
Wackeln bestimmt, das er während eines Umlaufs bei seinem Stern verursacht",
erklärt Ernst de Mooij aus Leiden. "Dabei nimmt man eine theoretische Masse für
den Stern an. Hier konnten wir nun auch die Bewegung des Planeten messen und
damit die Masse von Stern und Planet bestimmen."
Zudem ermittelten das Team auch erstmals, wie hoch der Kohlenstoffgehalt in
der Atmosphäre dieses Planeten ist. "Es sieht so aus, als sei HD 209458b ähnlich
reich an Kohlenstoff wie Jupiter und Saturn, was darauf hindeuten könnte, dass
er ähnlich wie diese entstanden ist", so Snellen. "Vielleicht wird es in Zukunft
möglich sein, mit dieser Art von Beobachtungen auch die Atmosphären von
erdähnliche Planeten zu untersuchen und so festzustellen, ob es auch anderswo im
Universum Leben gibt."
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