Blick in die Atmosphäre einer fernen Welt
von Rainer Kayser
1. Februar 2007
Mithilfe des Hubble-Weltraumteleskops gelang
Astronomen ein Blick tief in die Atmosphäre eines extrasolaren Planeten. Bei HD 209458b entdeckten
die Forscher eine 1.000 Kilometer dicke und
5.300 Grad heiße Zone in einer Höhe von 8.500 Kilometern. Vermutlich beginnt hier das Abströmen heißen Wasserstoffs aus der Planetenatmosphäre
ins Weltall, was zur Ausbildung eines kometenartigen Schweifs bei dem
Planeten führt.

So stellt sich ein Künstler den Planeten HD 209458b vor. Bild:
NASA, ESA und G. Bacon (STScI) |
Einem Team amerikanischer Astronomen ist es erstmals gelungen, einen Einblick
in die Temperaturschichtung der Atmosphäre eines extrasolaren Planeten zu
gewinnen. In bereits im Jahr 2003 mit dem Weltraumteleskop Hubble
gewonnenen Daten, stießen die Forscher bei dem Planeten HD 209458b auf eine 1.000
Kilometer dicke, 5.300 Grad heiße Zone in einer Höhe von 8.500 Kilometern.
Vermutlich beginnt hier das Abströmen heißen Wasserstoffs aus der
Planetenatmosphäre ins Weltall, das zur Ausbildung eines kometenartigen Schweifs
bei dem Planeten führt. Das Team berichtet im Fachblatt Nature über die
Entdeckung.
"Bei der von uns untersuchten Atmosphärenschicht handelt es sich um eine
Übergangszone, in der die Temperatur von 1.300 auf über 15.000 Grad ansteigt -
das ist heißer, als die Oberfläche unserer Sonne!", erläutert Gilda Ballester
vom Lunar and Planetary Laboratory der University of Arizona in
Tucson. "Wir sehen hier erstmals genauer, wie ein Planet seine Atmosphäre
verliert." Ballester hatte den Exoplaneten HD 209458b gemeinsam mit ihren
Kollegen David Sing und Floyd Herbert untersucht.
Dieser Exoplanet ist ein so genannter "Heißer Jupiter": Ein Gasriese ähnlich
dem Jupiter in unserem Sonnensystem, der im Gegensatz zu diesem allerdings auf
einer extrem engen Bahn um seinen Stern kreist. Die Atmosphäre solcher
Planeten ist deshalb einer extremen Strahlung ausgesetzt. Der stetige
Energiezufluss von dem nahen Stern führt dazu, dass große Gasmengen aus der
Atmosphäre ins All abströmen. Untersuchungen in den vergangenen Jahren haben
gezeigt, dass HD 209458b durch die Aufheizung seiner Atmosphäre einen
ausgedehnten, kometenartigen Schweif besitzt. Rund zehn Millionen Kilogramm Gas
strömt dort in jeder Sekunde ins Weltall ab.
HD 209458b ist zudem der erste extrasolare Planet, bei dem "Transits"
nachgewiesen werden konnten. Dabei zieht der Planet auf seiner Bahn regelmäßig
vor seinem Zentralgestirn vorüber und schwächt dessen Licht geringfügig ab. Der
Planet besitzt etwa zwei Drittel der Jupitermasse und umkreist seinen
sonnenähnlichen Zentralstern alle 3,5 Tage in einem Abstand von 6,75 Millionen
Kilometern - das sind etwa 4,5 Prozent des Abstands Erde-Sonne.
Die Transits
bieten den Astronomen die Möglichkeit, aus der Stärke der Lichtabschwächung auch
den Radius des Planeten zu bestimmen. Bei HD 209458b erhält man einen Wert von
1,32 Jupiterradien. Aber mehr noch: Mit einem Vergleich der Spektren während und
außerhalb des Transits lassen sich stellare und planetare Komponenten des
Spektrums voneinander trennen und dadurch sogar Rückschlüsse auf die Atmosphäre
des Exoplaneten ziehen (astronews.com berichtete).
Ballester, Sing und Herbert vom Lunar and Planetary Laboratory der
University of Arizona in Tucson gelang es nun, im Spektrum während der
Transits eine weitere, breitbandige Absorption nachzuweisen. Die drei Forscher
sehen die Ionisation von Wasserstoff im ersten angeregten Zustand als Ursache
dieses Absorptionsfeatures. Mithilfe eines Atmosphärenmodels ergibt sich daraus
die Existenz einer 5.300 Grad heißen Zwischenschicht in der Atmosphäre. Die
Arbeit der drei Forscher zeigt eindrucksvoll, welches Potenzial in der
Transitmethode steckt.
Die Zahl der Transit-Planeten wird dank des Ende 2006
gestarteten Satelliten Corot in den kommenden Jahren rasant ansteigen -
mit rund einhundert neuen Exoplaneten in zwei Jahren rechnen die Forscher. Die
meisten dieser Planeten werden vermutlich "Heiße Jupiter" sein. Die Erforschung
der Atmosphären dieser Planeten dürfte also in den kommenden Jahren ein - im
sprichwörtlichen Sinne - heißes Forschungsfeld sein.
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